Anlagenbetreibern, die ihren Solarstrom an Dritte direkt vermarkten, droht der Verlust der Einspeisevergütung. Denn sie zahlen auf ihre Stromlieferung keine Stromsteuer, müssen dies aber neuerdings tun – und zwar rückwirkend. Bisher gibt es noch keine Lösung für das Dilemma.
Für die Anlagenbetreiber, die ihren Solarstrom in unmittelbarer räumlicher Nähe direkt an einen Endkunden vermarkten, droht die Wirtschaftlichkeit zu kippen. Schuld daran ist eine Regelung im Strommarktgesetz, nach der direkt vermarkteter Solarstrom nicht mehr von der Stromsteuer befreit ist – und zwar rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres. Kommt die Regelung zur Anwendung, droht den Anlagenbetreibern in der sonstigen Direktvermarktung der Verlust der EEG-Einspeisevergütung für den seit Jahresbeginn ins Netz eingespeiste und auf diese Weise direkt vermarktete Strommenge. Darauf macht die Leipziger Rechtsanwaltskanzlei Maslaton aufmerksam, die sich auf die rechtlichen Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien spezialisiert hat.
Regelung gilt auch für Bestandsanlagen
Konkret hat der Gesetzgeber in das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes mit dem Artikel 9 unter Nummer 5 den Paragraphen 19 des EEG 2014 geändert. So wird in diesen Paragraphen ein Absatz 1a eingefügt, der besagt, dass ein Anlagenbetreiber keine Stromsteuervergünstigung nach Paragraph 9 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 3 in Anspruch nehmen darf, wenn er den Strom direkt vermarktet und dafür eine Einspeisevergütung oder Marktprämie bekommt. Das gilt auch für die sogenannte kaufmännisch-bilanzielle Weiterleitung des Solarstroms. Die rückwirkende Gültigkeit dieser Regelung legt der Gesetzgeber in einem neu in das EEG 2014 aufgenommenen Paragraphen 104 fest.
Damit bricht die Bundesregierung mit einem bisher nicht angetasteten Tabu einer rückwirkenden Regeländerung. Wie sich das auf das Vertrauen von Investoren auswirkt, wird sich noch zeigen. Doch problematisch wird es für Betreiber von Anlagen in der sonstigen Direktvermarktung, die ihren Generator seit dem 1. Januar 2014 in Betrieb genommen haben. Denn die Regelung gilt nicht nur für neu gebaute Systeme, sondern auch für Bestandsanlagen.
Gesetzlich aufgezwungene Steuerbefreiung
Die Leipziger Anwälte machen aber deutlich, dass die Stromsteuerbefreiung nicht aufgrund des Zutuns des Anlagenbetreibers zustande kommt, sondern automatisch bei einer Direktbelieferung Dritter mit dem Solarstrom greift. Der Anlagenbetreiber kann sich gar nicht gegen diese Steuerbefreiung und für die Einspeisevergütung entscheiden. „Hinzu kommt, dass gerade in den Fällen der kaufmännisch-bilanziellen Durchleitung der Anlagenbetreiber gar nicht der Steuerschuldner ist und damit keinerlei Einfluss auf die Entrichtung der Stromsteuer durch seinen Stromlieferanten nehmen konnte“, betonen die Leipziger Anwälte.
Beim Hauptzollamt melden
Bisher fehlt komplett jegliche Lösung für dieses Dilemma, in dem die Anlagenbetreiber sitzen. Es gibt weder eine rechtssichere Handlungsempfehlung noch ein standardisiertes Abwicklungsverfahren, um der gesetzlich aufgezwungenen Steuerbefreiung zu entkommen und die EEG-Förderung zu behalten. „Wir empfehlen den Betroffenen jedoch dringend, möglichst zügig zu handeln und ihr zuständiges Hauptzollamt sowie ihren Stromlieferanten zu kontaktieren, um das weitere Vorgehen zu klären“, betonen die Anwälte der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft. (Sven Ullrich)