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Zellfabrik ante portas

Künftig wird alles batteriebetrieben sein“, ruft Sven Bauer und hält eine kleine Rundzelle in die Luft. Sie heißt in Fachkreisen 21.700, was die Bauform und Maße in Millimetern der Batterie beschreibt. Sie wird das Rennen machen, da ist sich der Chef und Gründer der Firma BMZ sicher.

Hinter der Zahl 21.700 stecken genau jene Rundzellen, die Elon Musk in seinen elektrischen Sportwagen einbauen lässt. „Tesla hat damals eine gute Wahl für seine Batteriezelle getroffen“, bestätigt Bauer.

Weltweit mehr als 2.000 Kunden

Bauer selbst ist seit 25 Jahren in der Branche. Damals fing er mit einer Hand voll Mitarbeitern an, eine eigene Batteriemontage in Karlstein am Main aufzubauen. Heute hat sein Unternehmen rund 3.000 Mitarbeiter und beliefert weltweit mehr als 2.000 Kunden mit Lithium-Ionen-Batterien. In Deutschland, Polen und den USA will das Unternehmen im nächsten Jahr die Kapazität verdoppeln, in China sogar verdreifachen. Die gesamte BMZ-Unternehmensgruppe erzielte im Jahr 2018 ein Umsatzplus von rund 30 Prozent. Das trifft auch auf die Speichersparte zu, die mehr als zehn Prozent am Gesamtumsatz ausmachte.

Nun steht er auf der Bühne im Frankfurter Kongresszentrum. Es ist Mitte April 2019. Zum ersten Mal tagt hier das Battery Experts Forum, das BMZ zusammen mit seinem Testlabor BU veranstaltet. Die Nachfrage wurde zu groß für die Kapazitäten der Stadthalle in Aschaffenburg, wo die Veranstaltung bis 2018 tagte. Statt 1.300 sind es in diesem Jahr rund 2.500 Teilnehmer, statt 60 Referenten tragen weit mehr als 100 Vortragende zu Themen rund um Lithiumakkus vor. E-Mobility ist die Zukunft, ist sich Bauer sicher: „Die Zeit des Verbrenners ist abgelaufen“, ruft er in den voll gefüllten Tagungssaal hinein.

Die eigene Speicherlösung von BMZ deckt in Deutschland momentan zwischen zehn und 120 Kilowattstunden ab. In Polen fertigt die Firma auch Speicher mit einer größeren Kapazität von einer und mehr Megawattstunden.

Der Heimspeichermarkt wird aber immer wichtiger für die Firma. Meist ist er über einen dreistufigen Vertrieb organisiert. Der Installateur ist also darauf angewiesen, dass er gut beraten wird. Das weiß auch Bauer.

Terra E: Know-how aus Forschung und Wirtschaft

Mit dem im Sommer 2018 gegründeten Solarteursclub will BMZ für einen Know-how-Transfer sorgen. Den Handwerkern fehlt verständlicherweise das Wissen für dieses neue und komplexe Segment. „Wo soll das Wissen auch herkommen“, fragt Bauer rhetorisch. „Da müssen wir als Hersteller ran.“ BMZ profitiert dabei von der Lernkurve, die das Unternehmen mit E-Bikes gemacht hat. Vor rund sieben Jahren hat Bauer einen Club für Fahrradhändler gegründet. 3.000 Händler machen bis heute mit. Dazu gehört eine Servicehotline, die 24 Stunden am Tag erreichbar ist.

Die Firma BMZ führt auch das Konsortium Terra E an. Es steht für ein politisch flankiertes Projekt für eine eigene Batteriefertigung in Deutschland. Das zu erreichen ist ein Prestigeprojekt für Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier (CDU). Denn die Regierung hat ein strategisches Interesse daran, mit der Batteriezellenfertigung einen großen Teil der Wertschöpfung im eigenen Land zu behalten. Akkus machen je nach Produkt, ob es sich um einen Heimspeicher, ein E-Bike oder ein Elektroauto handelt, bis zu 60 Prozent der Produktkosten aus. Sie sind ein großer Kostenblock, meist der größte. Altmaier lockt nun mit der Zusage, eine Milliarde Euro aus der Staatskasse für eine heimische Zellproduktion zu geben.

CATL: Liefervertrag mit BMW ermöglicht Fabrik in Erfurt

Der BMZ-Chef Sven Bauer rückte dabei schnell in den Fokus. Er weiß, dass die chinesische Regierung die Förderung weit massiver vorantreibt. Rund 70 Prozent der Investitionen in eine Zellfertigung zahlt der Staat an die Unternehmen zurück. Bei der Bundesregierung stand dort bisher nur eine schwarze Null. Zum Vergleich: Der chinesische Konzern CATL wurde erst vor sieben Jahren gegründet. Gepuscht von der eigenen Regierung ist er nun unter den großen drei am Markt und baut eine Batteriefabrik in Erfurt, nachdem der Autobauer BMW bereit war, einen langfristigen Liefervertrag abzuschließen.

Bei einer Zellfertigung wird es nicht bleiben. „Noch ist es nicht zu spät“, beteuert Bauer, „aber wir dürfen keine weitere Zeit verlieren.“ Es sei besonders wichtig, eine gut funktionierende Prozesskette mit einer hohen Qualität und wenig Ausschuss zu errichten. Lithiumbatteriezellen müssen besonders gleichmäßig produziert werden, damit ihre Charakteristika möglichst identisch sind. Das Coating ist dabei ein besonders anspruchsvoller Prozess. Eine Allianz aller Fraunhofer-Institute, die sich mit Batterien beschäftigen, soll nun federführend die Batteriefertigung für Terra E errichten. Die Ministerien für Forschung und Wirtschaft geben dafür erstmals gemeinsam ein Budget von 150 Millionen Euro.

Streetscooter geht bei der Post in Serie

Professor Günther Schuh von der RWTH Aachen ist sich sicher, dass es besser sei, sogar zwei oder drei Fertigungen in Deutschland zu bauen. Er selbst hat den Streetscooter konzipiert, einen elektrischen Kleintransporter, der seit dem 2. April von der Post in Serie gebaut wird.

Die Lithiumtechnologie ist komplex: „Lithium-Ionen-Batterien sind ein Gesamtkunstwerk“, urteilt Schuh. „Wir haben heute vielleicht fünf bis zehn Prozent des Potenzials ausgeschöpft.“ Es gibt noch viel zu lernen und zu verbessern.

„Die Fehlerquote bei einer Zellproduktion liegt laut Branchenerkenntnissen bei gut 50 Prozent“, sagt Sven Bauer. Es gibt also reichlich Potenzial, die Kosten mit einer qualitativ hochwertigeren Fertigung zu reduzieren. „Der Aufbau muss behutsam in mehreren Schritten von zwei Gigawattstunden erfolgen“, beschreibt Bauer.

Lithium-Eisenphosphat bald Geschichte

Die Roadmap: Ab 2021 soll die Produktion anlaufen und langsam bis 2025 auf die geplante Kapazität gesteigert werden. Zwei Gigawattstunden, das sind 100 Millionen Zellen mit je fünf Amperestunden Kapazität. Bauer will dafür eine funktionierende Fertigung aus Südkorea oder Japan importieren und von dieser lernen. Eine Zellproduktion zu errichten sei wie laufen zu lernen, vergleicht Bauer.

Die derzeit meist verbauten Lithiumzellen bestehen aus der Zelltechnologie NMC und Lithium-Eisenphosphat. Das wird sich bald ändern, ist sich Bauer sicher. Die Chinesen und Südkoreaner lassen die Fertigung bereits auslaufen. NCA und auch NMC werden die neuen Lösungen sein. Das steht für Nickel-Kobalt-Aluminium-Oxid und Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid. Sie werden schon ab 2022 gut 80 Prozent Marktanteil abdecken. Die Energiedichte des Materials ist deutlich höher und der Kobaltanteil deutlich geringer im Vergleich zu heutigen Lithiumbatteriezellen. Lithium-Eisenphosphat-Batterien werden demnach schon mittelfristig keine Rolle mehr spielen.

Bei der Preisentwicklung sieht Bauer eine große Gefahr für einen sogenannten Schweinezyklus: Wenn die Zellen knapp sind, wie im letzten Jahr, treibt das den Preis nach oben und Unternehmen bauen vermehrt Fabriken auf, weil es finanziell lukrativ ist. Bei einer Überproduktion sinkt der Preis dann und die Firmen gehen wieder vom Markt, wie man es in den vergangenen Monaten auch auf dem Modulmarkt erlebt hat. Im Prinzip sei eine Preissenkung von fünf Prozent pro Jahr möglich, wenn nicht wie im Jahr 2018 etwas dazwischenkommt.

Autoindustrie treibt den Preis

Schon im nächsten Jahr rechnet Bauer mit einer verstärkten Konkurrenz durch die Automobilhersteller, die verstärkt elektrische Modelle auf den Markt bringen. Gerade erst hob LG die Preise um zehn Prozent an, weil GM einen Großauftrag eingereicht hat.

Die Automobilbranche mit ihrer enormen Nachfrage treibt den Preis für Zellen in die Höhe.Produktionsexperte Professor Schuh von der RWTH Aachen geht eher von einer Preisreduktion bei den Zellen von ein bis zwei Prozent pro Jahr aus. Schuh arbeitet eng mit Bauer und BMZ zusammen. Beide können voneinander lernen. Und das trägt bereits erste Früchte: Zwei Patente seien schon aus der Kooperation entstanden.

Was kostet derzeit eine Batteriezelle? „Hierzu muss erst mal klar definiert werden, über welches Segment und welchen Preis man redet“, erklärt Sven Bauer. Für Energiespeicher müssen drei Ebenen unterschieden werden: die Zellebene, Batteriemodule oder ein komplettes System.

Bei letzterem kommt auch die Größe des Systems entscheidend hinzu. Für die Zelle liegen die Kosten derzeit bei 130 Euro pro Kilowattstunde, bei einem System seien es 250 Euro pro Kilowattstunde.

Kaum gebrauchte Batterien auf dem Markt

Ein Stück weit folge der Markt dem Photovoltaikmarkt, der fast ausschließlich preisgetrieben sei, erklärt Bauer. Es gehe zu wenig um Qualität im Markt. „Das ist schon etwas verrückt.“

Dass große Konzerne wie Shell, EnBW und Siemens in den Markt für Heimspeicher einsteigen, begrüßt Bauer ausdrücklich. Das erhöht die Mittel für Investitionen, die ein Start-up allein nicht leisten kann. „Der Produktentwicklung werde es guttun, wenn mehr Geld vorhanden ist“, meint der BMZ-Gründer. Dieses Geld habe vorher gefehlt.

Eine weitere Möglichkeit, die Kosten für ein Batteriesystem zu senken, ist der Einsatz von gebrauchten Batterien. Vattenfall und BMW machen das beispielsweise seit einigen Jahren in verschiedenen Pilotprojekten, wie auch BMZ. Allerdings gibt es bisher nur wenige gebrauchte Batterie Akkus. „Wir geben jedes Jahr so viele Batteriemodule in den Markt, aber es kommen einfach keine wieder zu uns zurück“, beschreibt Bauer die derzeitige Situation. „Wir bieten sogar an, die Zellen abzuholen, aber es scheint einfach noch keine zu geben.“

Diese Batterien für die Zweitverwertung kommen erst in den nächsten Jahren, wenn die Elektromobilität richtig in Schwung kommt. Batterien, die unter 80 Prozent ihrer Kapazität sinken, werden dann zu 20 oder 30 Prozent des Preises weiterverkauft.

BMZ kooperiert mit der Deutschen Post, die immerhin schon einige Tausend Streetscooter auf der Straße hat. Es sei nicht schwierig, ein Elektroauto zu bauen, erklärt Professor Schuh. Eine Herausforderung sei es, einen kostengünstigsten Stromer in den Markt zu bringen. Mit dem Streetscooter hat er zumindest gezeigt, dass es machbar ist – auch wenn man kein großer Autobauer ist.

Der Markt bewegt und entwickelt sich schnell. Zu schnell, um es in einem Buch aktuell zu erfassen. Sechs Jahre hat Sven Bauer an seinem Werk über Batterieakkus gearbeitet. Als es das erste Mal fertig zu sein schien, musste er es gleich wieder überarbeiten. Ein Buch kann die Grundlagen, aber nicht alle neuen Entwicklungen erfassen.

Altmaiers Hoffnungsträger

Das hat er nun aufgegeben. Papier ist bekanntlich geduldig. Der Aufbau einer realen Zellfabrik hierzulande kann nicht warten: „Wir haben schon zu viel Zeit verloren“, mahnt Bauer.

Im Berliner Wirtschaftsministerium ist die Botschaft angekommen. Die Hoffnungen Peter Altmaiers liegen zu großem Teil auf einem Entrepreneur aus Aschaffenburg, der seit 25 Jahren Batterien zusammenbaut.

https://bmz-group.com

Munich Re

Batterieleistung der Hersteller absichern

Rückversicherer Munich Re hat als erster Versicherer eine Versicherungslösung für Batterieleistung entwickelt, verkündet der Konzern. Mit der neuen Deckung können Hersteller von Batterien ihr Garantieversprechen gegenüber den Kunden absichern. Übersteigen etwa Reparatur- oder Austauschkosten von defekten oder leistungsschwachen Batteriemodulen eine vorab festgelegte Summe, übernimmt die Versicherung die weiteren Kosten. Der Hersteller entlastet somit seine Bilanz.

Projekte werden zudem leichter finanzierbar, meint Munich Re, da die maximalen Kosten für die Garantien durch den Versicherungsschutz begrenzt werden. Dies sei für Investoren ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal. Erster Käufer der neuen Versicherung ist der Batteriehersteller ESS aus den USA, der Redox-Flow-Batterien anbietet.

Die Deckung kann zudem optional erweitert werden, sodass ausgewählte Projekte und Anwender direkt geschützt sind, wenn der Hersteller im Garantiezeitraum insolvent gehen sollte. Der Versicherungsschutz richtet sich zunächst an Großprojekte, wie sie zur Netzstabilisierung oder zur Kappung von Lastspitzen genutzt werden. In einem nächsten Schritt wird auch die Versicherung von Batterien in Elektroautos angeboten.

www.munichre.com

Senec

Italien: Solarplay wird neuer Vertriebspartner

Solarplay ist einer der größten italienischen Photovoltaikhändler. Künftig wird das Unternehmen als strategischer Partner der Leipziger Firma ausschließlich Senec-Stromspeicher und -Energielösungen vertreiben. Italien ist einer der am schnellsten wachsenden Märkte für Stromspeicher.

Solarplay aus der Nähe von Vicenza verkauft gegenwärtig nach Angaben von Senec mehr als 1.000 Stromspeicher pro Jahr. Das entspricht rund zehn Prozent des für das laufende Jahr erwarteten Marktvolumens in Italien. Neben den vergleichsweise hohen Strompreisen und den bereits laufenden oder erwarteten regionalen Förderprogrammen sind es vor allem neue Geschäftsmodelle, die das weitere Marktwachstum stützen werden.

Nach Angaben des europäischen Branchenverbands EASE vom März 2019 wuchs der italienische Heimspeichermarkt im Jahr 2018 um mehr als 20 Prozent. Der Anteil an neuen Photovoltaikanlagen, die mit Stromspeicher installiert wurden, erreichte mit 25 Prozent einen neuen Höchststand. Auch für die kommenden Jahre erwarten die Experten ein stabiles Marktwachstum von etwa 20 Prozent jährlich.

Die Partner Senec und Solarplay setzen auf Komplettangebote für die unabhängige Eigenversorgung der Haushalte mit eigenem Solarstrom. Da auf dem italienischen Markt Stromspeicher fast immer gemeinsam im Paket zur vollständigen Eigenversorgung verkauft werden, waren demnach die von Senec entwickelten Angebote wie die Cloud und die Cloud To Go für Elektromobilität ein wichtiger Grund für Solarplay, die Partnerschaft einzugehen.

www.senec.com

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