Das Atomunglück im japanischen Fukushima und die lauter werdenden Rufe in der Bevölkerung nach einem schnellen Ausstieg aus der Kernenergie hat die baden-württembergische Landesregierung offenbar nicht beeindruckt. Am Dienstag verabschiedete das Kabinett unverdrossen das Klimaschutzkonzept 2020 PLUS. Dieses sieht zwar im Jahr 2020 für die Strombereitstellung 14,4 Terawattstunden Energie aus Erneuerbaren vor und damit 50 Prozent mehr als im Jahr 2007. Geplant sind jedoch ebenfalls – und hier gibt es keine Änderung zu 2007 – 35,4 Terawattstunden Strom aus Kernenergie. Damit würde der Atomstromanteil in Baden-Württemberg selbst im Jahr 2020 noch bei gut 42 Prozent liegen. Der geplante Ausbau der erneuerbaren Energien dient dem Konzept zufolge lediglich dazu, die fossile Stromerzeugung und damit den Kohlendioxidausstoß zu verringern.
Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) versicherte zwar anlässlich des Kabinettsbeschlusses, das Konzept müsse nach dem Atomunglück in Japan „nachjustiert“ werden, jedoch nur, „wenn es zu einer früheren Abschaltung von Kernkraftwerken kommt“. Das vorliegende Konzept sei noch von einer Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ausgegangen. Klar sei aber, so Gönner weiter, dass die bisherigen Ziele, in der Stromerzeugung den Anteil der erneuerbaren Energien von aktuell gut 15 auf mindestens 20 Prozent und bei der Wärmebereitstellung von rund zehn auf 16 Prozent zu steigern, nicht mehr ausreichend seien. Ein Schlüssel liege neben einer erhöhten Energieeffizienz im beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, die allerdings in zentralen Bereichen wie Wasserkraft oder Energiepflanzen bereits heute an erste Grenzen stießen. In einem breit angelegten gesellschaftlichen Diskurs solle, so die Vorstellungen der Umweltministerin, den Ausbau der erneuerbaren Energien nun schneller voranzutreiben.
Der Stuttgarter Energiewissenschaftler Joachim Nitsch, der auch Mitglied im Lenkungskreis der Kampagne „Erneuerbare statt Atom“ ist, nannte das Klimaschutzkonzept 2020 PLUS „eine peinliche Mogelpackung, die nach der Katastrophe in Japan noch deplatzierter wirkt als vorher“. Leider gebe es bei Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) und seiner Umweltministerin in diesen Tagen „viel zur Schau gestellte Nachdenklichkeit, aber wenig konkrete Handlungsvorschläge. Ein Umdenken ohne Umlenken ist nicht glaubwürdig“, sagte Nitsch. (Petra Hannen)