Eicke Weber, Chef des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg, weist Ängste zurück, wonach die Kürzung der Solarförderung zu einer Pleitewelle der Unternehmen in Deutschland führen wird. "Klar, der Wettbewerb wird härter, chinesische Konkurrenz wird im Billigsegment stärker. Aber Druck ist wichtig, um die Branche weiterzuentwickeln", sagte Weber der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagausgabe). Er vertritt der Ansicht, dass der bevorstehende Wandel in der Energieversorgung weltweit "noch immer gravierend unterschätzt" werde. Der Weltmarkt für erneuerbare Energien werde sich in den kommenden zehn Jahren auf 300 Milliarden Dollar mehr als verzehnfachen. Der Solarmarkt werde bis 2020 sogar um das 50-fache wachsen, sagte Weber weiter.
Künftig würden Photovoltaik-Anlagen auch in der Lage sein, mehr zu leisten als bisher. "Photovoltaik ist die Energiequelle mit der steilsten Lernkurve", so der ISE-Chef. Spätestens 2030 werde Solarstrom den Preis für alle anderen Stromarten unterbieten – auch ohne Förderung. Photovoltaik werde auch die Windkraft überholen und ab 2050 die wichtigste Energiequelle weltweit sein. "Wir werden in Deutschland aber neue Wege gehen müssen – und stärker auf bislang ungenutzten Dächern, Schulen oder Industriegebäuden und über Parkplätzen bauen", fordert Weber. Er begrüßt ausdrücklich auch die Desertec-Initiative. Zur Gewährleistung der Energiesicherheit sei es wichtig, sowohl Anlagen in Deutschland als auch stabile Großkraftwerke in Südeuropa oder Afrika zu bauen.
Politik muss sich entscheiden
Der ISE-Chef bekräftigt den Gegensatz zwischen dem Ausbau erneuerbarer Energien und Atom- und Kohlekraftwerken: „Die Politik muss sich entscheiden – mehr Atomkraft oder mehr erneuerbare Energien. Alt und Neu passen in der Energiewelt nicht zusammen.“ Bei einer Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke um bis zu 14 Jahren, wie sie derzeit in der Diskussion sind, drohte sich der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich zu verzögern. Weber plädiert daher für die Nutzung von Gaskraftwerken und BHKW als "gute Brückentechnologie". (Sandra Enkhardt)