Der Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie ließ bei vielen Firmen die Umsätze einbrechen. Wie ist das Jahr bisher für PMT gelaufen?
Peter Grass: Einen Umsatzeinbruch haben wir keineswegs gesehen. Trotz der Krise hatten wir die besten fünf Monate unserer Firmengeschichte. Wir sind um 80 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen.
Gab es durch die Viruskrise Engpässe bei Ihren Lieferanten?
Peter Grass: Eher nicht. Aber wir mussten ab Januar viele Projekte etliche Male umplanen, weil immer andere Module angekündigt und geliefert wurden. Da haben wir die Ausfälle der Modullieferanten in China stark gespürt. Es gab sogar Lieferungen mit der Eisenbahn durch Sibirien, die falsch etikettiert waren. Das war schon abenteuerlich, was da passiert ist. Diese Probleme haben sich aber sehr schnell aufgelöst, mittlerweile liefern die Modulfabriken wieder zuverlässig die Bestellungen aus.
Und die Zulieferer für Ihre Untergestelle, beispielsweise aus Europa?
Peter Grass: Wir produzieren unsere Systeme in Deutschland, Italien und den Niederlanden. Es gab keine Einschränkungen. Sogar in Italien, wo der Lockdown viel strenger war als in Deutschland, sind die Presswerke durchgelaufen. Es gab dort lediglich leichte Verzögerungen von zwei bis drei Wochen, aber das war keineswegs tragisch oder ein Problem.
Kommen wir zur Zukunft: Welche Märkte sehen Sie perspektivisch als Zugpferde für Ihre internationalen Geschäfte?
Peter Grass: Die Niederlande stehen exemplarisch für neue, interessante Märkte. Wir sind dort bereits seit drei Jahren aktiv, mit deutschen EPCs als Partnern. Nun bauen wir ein eigenes Team auf, langfristig mit eigenem Schulungszentrum und Lager.
Thomas Kercher: Wir sind in den Niederlanden schon einige Zeit mit treuen Kunden zusammen unterwegs. Allerdings ist der niederländische Markt von starkem Preiskampf gekennzeichnet. Oft werden wir auf den Preis reduziert, das wird unseren Produkten aber nicht gerecht.
Wie gehen Sie damit um?
Thomas Kercher: Wir legen sehr viel Wert auf Qualität und führen unterschiedliche Tests durch, um so das sicherste und beste Produkt bereitzustellen. Mithilfe von flächendeckenden Testverfahren, wie etwa Verbund- und Langzeittests sowie experimentellen Bauteiluntersuchungen, werden unsere Produkte stetig verbessert. Kunden, die einmal mit uns gebaut haben, schätzen diese Qualität sehr und bleiben uns in der Regel verbunden.
Wie weit sind Sie schon mit dem Team?
Peter Grass: Wir haben die ersten Vertriebskollegen eingestellt, sie werden derzeit geschult.
Thomas Kercher: Der Lockdown im Frühjahr hat hinter unsere Pläne einige Fragezeichen gesetzt. Wir sind davon ausgegangen, das Geschäft würde ruhiger werden und wir könnten das Team für die Niederlande in Ruhe aufbauen. Das Gegenteil war der Fall: Auch in den Niederlanden wurde kräftig weitergebaut, vor allem die größeren Industrieprojekte. Immerhin haben wir jetzt schon eigene technische Berater, die Muttersprachler sind. Das Büro werden wir zum Jahresende oder im ersten Quartal 2021 eröffnen. Da fehlen uns leider drei Monate aufgrund der Coronakrise.
Wie sieht es im französischen Markt aus?
Thomas Kercher: Im Unterschied zu den Niederlanden waren wir in Frankreich bisher noch nicht so stark im Markt vertreten. Der Lockdown hat viele Aktivitäten verhindert. Aber wir haben diese Phase durchaus genutzt, um unseren Markteintritt vorzubereiten.
Peter Grass: In Frankreich lag der Solarmarkt tatsächlich weitestgehend brach, der Lockdown brachte die gesamte Wirtschaft faktisch zum Stillstand. Immerhin haben wir per Videokonferenz und digitalen Formaten unsere erste Vertriebskollegin geschult. Jetzt geht es auch in Frankreich wieder los und wir bauen unseren Vertrieb aus. Während des Lockdowns waren persönliche Kontakte unmöglich, das klappt nun wieder besser.
Thomas Kercher: Das waren sehr interessante und wertvolle Erfahrungen. Denn wir müssen auch künftig mit solchen Krisen rechnen. Einen weiteren Lockdown kann niemand ausschließen.
Wie bewerten Sie die Geschäftsaussichten in den Ländern Osteuropas?
Thomas Kercher: In Polen und Tschechien wurden auch während der Einschränkungen viele Projekte realisiert, ebenso in Österreich. Das gehört zwar nicht zu Osteuropa, aber wir haben dort starke Partnerunternehmen, welche mit uns gemeinsam beispielsweise neue Märkte in Ungarn oder Bulgarien betreten. Und dies mit starken Wachstumsraten.
Peter Grass: Die Märkte im Osten oder Südosten Europas wachsen teilweise um 50 Prozent im Jahr. In Polen haben wir die ersten größeren Projekte gebaut, darunter eine Dachanlage mit 6,7 Megawatt. Dort wachsen wir gemeinsam mit einem polnischen Partner. Generell streben wir an, solche neuen Märkte gemeinsam mit Partnern zu erschließen. Dann können wir uns auf deren Expertise, Präsenz und Erfahrung im regionalen Umfeld stützen. Erst wenn die Märkte größer werden, lohnen sich eigene Strukturen.
Und in Tschechien?
Peter Grass: In Tschechien ist der Zubau verhältnismäßig überschaubar, er liegt aktuell bei 25 bis 60 Megawatt im Aufdachsegment. Aber die Wachstumsraten sind sehr hoch. Auch dort wachsen wir mit Partnern und bauen zunehmend größere Projekte.
Welche weiteren Märkte in Europa bewerten Sie als aussichtsreich?
Thomas Kercher: Skandinavien ist interessant, obwohl man es wegen der geringeren Sonneneinstrahlung eigentlich nicht zu den klassischen Solarmärkten zählt. Es werden mehr Projekte angefragt und realisiert, aber aufgrund der höheren technischen Anforderungen muss man die Kunden intensiver beraten. Auch sind mehr Zusatzmaßnahmen auf den Dächern erforderlich, die man in Deutschland oder den Niederlanden aufgrund der geringeren Schneelasten nicht braucht.
Und Südeuropa?
Peter Grass: In Italien bauen wir unser Geschäft mit einem Partner aus Österreich aus, der neben dem Handelsgeschäft auch als EPC tätig wird. Dort sind große Industrieanlagen bisher nicht so entwickelt wie das kleinteilige Geschäft der privaten Solarkunden. Um uns für neue Anwender zu öffnen, entwickeln wir beispielsweise ein neues Montagesystem für Trapezblechdächer.