Als begeisterter Bergsteiger oder Skifahrer weiß man, dass beim Überschreiten der Marke von 2.000 Metern besondere physikalische Bedingungen herrschen. Die dünnere Luftschicht absorbiert die direkte Sonneneinstrahlung weniger und sorgt für niedrigere Temperaturen. Zusätzlich herrschen in höheren Lagen mehr extreme Wetterlagen, wie deutlich mehr Schneefall und stärkere Winde.
Was bedeutet diese Witterung, die offensichtlich weit von den Vorgaben der Standardtests für Solarmodule abweicht? Die Höhe kann sich sehr unterschiedlich auf das Photovoltaiksystem und dessen Energieausbeute auswirken.
Zum einen steigern niedrigere Temperaturen, höhere Einstrahlungswerte und Reflexion durch Schnee die Erträge. Auf der anderen Seite wächst das Risiko von Beschädigungen und Ausfällen aufgrund der extremen äußeren Bedingungen. Mehrere Faktoren führen zu unterschiedlichen Einstrahlungswerten. Dabei spielt die Höhe eine wesentliche Rolle.
Das Potenzial von Solarkraft in sehr hohen Lagen lässt sich anhand von Simulationen nachvollziehen. Einen ersten Vergleich kann der Leser selbst machen, mithilfe des Online-Simulationssystems PV Watts des US-Forschungsinstituts NREL, das als Freeware zugänglich ist. Daytona Beach (Florida) und Lhasa (Tibet) liegen auf demselben Breitengrad (29 Grad nördlicher Breite), jedoch auf deutlich unterschiedlichen Höhen: neun Meter und 3.650 Meter über dem Meeresspiegel.
Vergleich von Florida und Tibet
Das Ergebnis bei einem sehr einfachen Referenzsystem ist in der unten stehenden Tabelle dargestellt: Der jährliche Ertrag in Lhasa ist 11,4 Prozent höher als in Daytona Beach, wobei im Herbst und Winter die Differenz sehr hoch ist.
Im Frühling und im Sommer ist der Ertrag fast identisch. Da die meteorologischen Daten (Typical Meteorological Year: TMY), die dieser Berechnung zugrunde liegen, keine genauere Information beispielsweise über Bewölkung und Luftverschmutzung beinhalten, kann man den Unterschied im Ertrag auf die höheren Werte für Strahlung und Temperatur zurückführen, doch nicht voll erklären. TMY-Daten werden aus echten Messungen abgeleitet und sind daher repräsentativ.
Für eine genauere Feststellung des Potenzials des Höhenfaktors wurden anschließend Simulationen mit dem Programmtool PV Syst durchgeführt. Zu diesem Vergleich wurden Standorte in der Schweiz, China, Pakistan/China (Himalaja), Chile und Hawaii ausgewählt. An jedem Standort wurden zwei Photovoltaikanlagen etwa am gleichen Breitengrad, mit großem Höhenunterschied und so nahe wie möglich beieinander gelegen, angesichts der verfügbaren Datensätze simuliert.
Mithilfe von PV Syst wurde eine Photovoltaikanlage anhand der Wetterdaten eines typischen meteorologischen Jahres aus einer repräsentativen Wetterstation und der Herstellerangaben der einzelnen Komponenten simuliert. Die Aussage über das dynamische Verhalten und den Energieertrag sind in der Regel zuverlässig.
Für die unterschiedlichen Simulationen wurde eine Anlage mit folgenden Merkmalen herangezogen:
- Leistung unter STC: 16,6 Kilowatt,
- 68 Module Sunpower SPR-E20-245 à 245 Watt,
- ein Wechselrichter Sunny Tripower 20000 TLEE-JP (20 Kilowatt von SMA).
Dimensionierung des Umrichters
Der Wechselrichter wird so überdimensioniert (Derating), dass bei der dünneren Luft bis zu einer Höhe von 5.000 Metern immer noch entsprechende Leistung – ohne Risiko für Kurzschlüsse und Stromschläge – gewährleistet wird.
Diesbezüglich bieten viele Wechselrichterhersteller Höhentabellen mit entsprechenden Spannungen und Strömen an. In diesem Fall wurde bei einer Nennleistung der Module von 16,6 Kilowatt ein 20-Kilowatt-Wechselrichter gewählt.
Mit und ohne Nachführung
Für die Simulationen wurde die Neigung beziehungsweise die Aufstellung der Solarmodule so gewählt, dass die Energieausbeute so groß wie möglich ist.
Der Ertrag der gleichen Anlage wurde dann zwischen dem tief liegenden und dem hoch liegenden Simulationsort verglichen. Zusätzlich wurden verschiedene Nachführtechnologien simuliert:
- mit fixiertem Neigungswinkel,
- einachsige Nachführung,
- zweiachsige Nachführung.
Aus den Simulationen ergibt sich, dass jede höher liegende Anlage einen Mehrertrag an Energie aufweist. Aus der Tabelle wird der reine Mehrertrag an Energie ersichtlich, verteilt auf die Technologie des Untergestells sowie die Region.
Rund 48 Prozent Gewinn
Bei Höhenunterschieden zwischen niedriger und höher gelegenen Anlagen zwischen 2.784 Metern und 4.371 Metern liegt die Steigerung der Energieausbeute durchschnittlich bei 48 Prozent. Im Vergleich dazu weisen die höher liegenden Anlagen im Durchschnitt höhere Werte in der globalen Einstrahlung von 30,7 Prozent sowie niedrigere Temperaturen im Durchschnitt von 21,9 Grad Celsius auf.
Auffallend ist, dass die nachführenden Systeme von der Höhe profitieren, besonders stechen zweiachsig nachgeführte Systeme heraus. Sie erreichen Energiegewinne von über 1.000 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr gegenüber der tief liegenden Anlage – mit steigender Höhe steigt der Anteil an direkter Sonnenstrahlung. Ohne Zweifel begünstigen hohe Lagen eine gute Sonnenausbeute.
Das Potenzial steht somit fest. Aus der Praxis sind jedoch Herausforderungen für den Bau und Betrieb von Anlagen in höheren Lagen bekannt. Extreme klimatische Bedingungen können ein Solarsystem stören, beschädigen oder die Anlage ganz zum Erliegen bringen. Die größten Gefahren auf großen Höhen sind:
- erhöhte Windlast,
- erhöhte Schneelast,
- erhöhte UV-Strahlung,
- sehr weite Temperaturdifferenzen (Tag/Nacht, Winter/Sommer).
Faustregeln für alpine Systeme
Aus den Herstellerangaben und vor allem aus der Praxis kann man einige Faustregeln für höher stehende Installationen aufstellen:
- Die Materialresistenz der Komponenten muss im jeweiligen Arbeitsbereich der minimalen und maximalen Umgebungstemperaturen liegen.
- Die Geräte müssen härtere Witterungsbedingungen wie höhere Schneelast und stärkere UV-Strahlen aushalten.
- Wenn im Winter mit erhöhter Schneelast zu rechnen ist, dann sollte der Neigungswinkel mehr als 35 Grad betragen, damit der anfallende Schnee abrutschen kann. Dadurch bietet sich dem Wind eine größere Angriffsfläche. Die Module sind statisch zu sichern.
- Wechselrichter müssen überdimensioniert werden, da aufgrund der dünneren Luft die Isolierung der Luft- und Kriechstrecken ansonsten nicht gewährleistet werden kann.
Hinsichtlich der härteren Klimabedingungen in höheren Lagen sollte die Betriebs- und Wartungsstrategie (O&M) entsprechend angepasst werden.
Konzept für Betrieb und Wartung
Bei abgelegenen Anlagen sollte gewährleistet sein, dass genug Ersatzteile vor Ort vorhanden sind. Ein gutes Monitoringsystem sollte die Anlage aus der Ferne überwachen und steuern. Bei nachgeführten Systemen ist besonders ein gutes Wartungskonzept zu gestalten, da es sonst zu großen Einbußen in der Stromproduktion kommen kann. Insbesondere sollte das O&M-Konzept folgende Punkte beachten:
- Sicherungen und Vorkehrungen zur Isolation,
- Spannungen und Ströme im DC-Generator,
- Beschädigungen an Modulen,
- Kabel und Anschlüsse.
Wenn im Winter oder auch ganzjährig mit Schneefall zu rechnen ist, muss die Schneelast berücksichtigt werden. Dies muss besonders beim Neigungswinkel der Module berücksichtigt werden: Je größer der Winkel, desto weniger Schnee sammelt sich auf den Modulen. Der Schnee muss meistens manuell entfernt werden, was sehr mühsam ist.
Anforderungen ans Monitoring
In besonders hohen Regionen, wie beispielsweise in den Anden oder auf Hochplateaus im Himalaja, liegt die Schneegrenze viel höher als in den Alpen. Das Modulreinigungskonzept muss entsprechend an verstärktes Aufkommen von Sand und Staub angepasst werden.
Auch dem Monitoringsystem können die äußeren Bedingungen Schwierigkeiten bereiten. Ein zuverlässiges Überwachungssystem muss den harten Bedingungen entsprechen – von den niedrigen Temperaturen bis zur erhöhten Sonnenstrahlung.
Hinweise zur Installation
Entsprechende Fernmelde- und Fernwirktechnik sollte eingebaut werden, da die Anlagen in der Regel schwer zugänglich sind. Dies bringt Energiekosten und Kommunikationsgebühren mit sich. Technisch betrachtet, können Eis und Schnee die Antenne bedecken und die Kommunikation über längere Zeit unterbrechen.
Die Konstruktion der Photovoltaikanlage in gebirgigem Gelände kann besonders herausfordernd sein. Neben dem extremen Wetter verlangt es das besondere Terrain, die Baumaßnahmen anzupassen. Freiflächenanlagen sollten am besten auf einer Ebene erbaut werden, dafür sind Hochplateaus ideal. Der Standort muss gut für Material und Maschinen erreichbar sein.
Wenn keine ausreichende Infrastruktur für den Transport vorhanden ist, kann das notwendige Material unter Umständen eingeflogen werden – was den wirtschaftlichen Gesamtertrag jedoch kaum verbessern wird. Bei zu steilen Hängen könnte die Baufläche präpariert beziehungsweise stabilisiert werden.
Bei besonderem Terrain müssen auch bestimmte Sicherungsmaßnahmen der Konstruktion beispielsweise gegen Steinschlag eingehalten werden. Da das Gelände in Gebirgen häufig sehr massiv und steinig ist, ist die richtige Verankerung des Montagegestells zu wählen. In den Bergen sind Blitze eine der größten Gefahren für den Menschen, dies ist gleichfalls bei der Installation zu beachten. Ein wichtiger Faktor ist zudem, dass in solch speziellem, alpinem Terrain mit langen baurechtlichen Genehmigungen zu rechnen ist.
Die Autoren
Daniel Budisky
hat 2007 nach dem Fachabitur in Wirtschaftsinformatik an der Hochschule in Darmstadt ein Bachelorstudium in Energiewirtschaft aufgenommen. Nach dem Abschluss im Jahr 2011 arbeitete er bei verschiedenen Unternehmen der Energiebranche. Im Herbst 2014 begann er in Wels an der Fachhochschule Oberösterreich mit einem Masterstudium zur Ingenieurtechnik für nachhaltige Energiesysteme. Dieses Studium schloss er im Januar 2017 ab. Der präsentierte Praxisreport ist eine Kurzfassung seiner Masterarbeit über alpine Photovoltaiksysteme.
Gianguido Piani
ist freier Berater und Gastprofessor an der Polytechnischen Universität „Peter der Große“ in Sankt Petersburg.