Die Solardachpflicht kommt – für gewerbliche Gebäude und für Wohngebäude. Die ersten Bundesländer führen sie schon in diesem Jahr ein. Jedes neue Gebäude – in manchen Bundesländern gilt dies auch für Parkplätze – muss mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach gebaut werden, um die Emissionen zu senken.
Bisherige Systeme unzureichend
Aber warum eigentlich nur auf dem Dach? Die Fassaden der Gebäude bieten viel größere Flächen und eignen sich, sofern nach Süden ausgerichtet, ebenso gut zur Stromgewinnung. Daran könnten laut Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg allein in Deutschland 1.400 Gigawatt Solarleistung installiert werden. Derzeit sind es insgesamt nur 54 Gigawatt.
Die Photovoltaik ließe sich in Bauelemente integrieren, die neben der Stromgewinnung klassische Funktionen wie Wärmedämmung, Wind- und Wetterschutz übernehmen. Wenn die Solarmodule nur nicht so unästhetisch wären! Module mit Aluminiumrahmen stören das Fassadenbild, schicke Module aus Glas oder organischen Materialien sind teuer. Die hängende Installation ist obendrein aufwendig und kostenintensiv.
Neuer Stecker erleichtert die Montage
Neue Wege wurden gesucht. Sechs Partner unter Leitung des Fraunhofer ISE – unterstützt durch Bundesmittel – setzten sich zwischen 2017 und 2020 das Ziel, eine vorgefertigte Standard-BIPV-Fassade für ausgewählte Bauwerkskategorien zu entwickeln. Dabei ging es vor allem um die Sanierung des Gebäudebestands. In einem Arbeitspaket befasste sich die Stuttgarter Firma Lapp mit der Steckverbindung an den Solarmodulen.
Bisher wurden die Module, wenn sie an die Fassade gehängt wurden, von Hand verkabelt – im Prinzip wie bei einer Dachanlage oder im Solarpark. Das BIPV-Projekt ging neue Wege. Ziel war, dass sich die fest in den Modulen verbauten Steckverbinder automatisch und dauerhaft mit ihrem Gegenstück an der Trägerkonstruktion verbinden, wenn der Installateur das Modul in die Aufhängung drückt. Die nachträgliche Verkabelung entfällt. Das spart Zeit und vermeidet Fehler. Gemeinsam mit den Partnern definierte Lapp die Anforderungen an den Steckverbinder:
- Bemessungsspannung 1.500 Volt (DC),
- Bemessungsstrom 30 Ampere,
- IP-Schutzklasse IP 68,
- Temperaturbereich von minus 40 bis plus 85 Grad Celsius,
- Polzahl: vier,
- Steckzyklen: 50.
Außerdem wurde festgelegt, dass die Hälfte des Steckverbinders am Solarmodul und das Gegenstück am Rahmen an der Fassade vormontiert wird. Bei Steckverbindern betragen die zulässigen Toleranzen üblicherweise wenige Zehntelmillimeter.
Solche geringen Toleranzen lassen sich bei der Montage einer großen Fassadenkonstruktion niemals gewährleisten, schon die Ausdehnung bei Wärme würde diese Werte überschreiten. Das Team von Lapp entschied daher, dass die Steckerhälfte am Fassadenrahmen schwimmend, also in gewissen Grenzen beweglich sein sollte, um Toleranzen auszugleichen.
Schwimmende Hälfte am Rahmen
Ergebnis ist ein Steckverbinder mit einer Buchse, die über eine Kernverbundplatte an das Solarpaneel laminiert wird. Das Gegenstück an der Fassade ist ein Winkelstecker, der am Aluminiumrahmen befestigt wird. Die komplette Steckverbindung wurde im Labor einer Prüfung unterzogen.
Sie bestand alle Anforderungen. Doch der erste Steckverbinder, den das Team entworfen hatte, wurde bald wieder verworfen. Denn er passte nicht mehr an das Solarmodul, dessen Rahmen im Lauf des Projekts umkonstruiert worden war. Für den ersten wie auch für den weiterentwickelten zweiten Stecker besitzt Lapp ein Patent.
Gleichwohl: Auch der zweite Stecker wird noch nicht in die Seriefertigung gehen. Der Grund ist, dass dieser Stecker nur an diesen Rahmen passt, der für ein Serienprodukt wohl erneut verändert werden muss. In einem weiteren Forschungsprojekt wird diese Lücke alsbald geschlossen. Dann können Bestandsgebäude mit vorgehängten Solarelementen erschlossen werden.
Die Autorin
Irmgard Nille
unterstützt die Pressearbeit der Firma U.I. Lapp GmbH in Stuttgart. Ihre Agentur hat ihren Sitz in Hamburg.