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Der Tüftler vom Teufelsberg

Teufelsberg. Schon der Name lässt den Besucher schaudern. Eigentlich war hier vor gar nicht langer Zeit kein Berg, sondern eine grüne Wiese neben dem gleichnamigen Teufelssee vor den Toren der Großstadt. Die 120 Meter ausgeschüttetes Geröll stammen aus dem Zweiten Weltkrieg. Der Größenwahn prägte diesen Ort. Hitler persönlich legte Ende 1937 den Grundstein für seine „Wehrtechnische Fakultät“, fertig wurde sie bekanntlich nicht.

Später im Kalten Krieg bauten Amerikaner und Briten hier die größte Abhörstation Europas. Mehr als 1.000 Mitarbeiter haben in mehreren Schichten rund um die Uhr gehorcht – angeblich reichten ihre Ohren bis nach Moskau. Überprüfen lässt sich das nicht. Im Jahr 2008 wollte David Lynch eine eigene Fakultät errichten, auch er legte einen symbolischen Grundstein, zusammen mit einem Guru – dabei blieb es am Ende.

Eine faltbare Solaranlage

Am Bodensee aufgewachsen, kam Sebastian Müllauer das erste Mal vor 25 Jahren, also wenige Jahre nach der Wende, auf den Berliner Teufelsberg. „Einfach durch einen Zaun, wie es damals üblich war“, beschreibt er. Heute arbeitet der studierte Industriedesigner etwa sechs Monate im Jahr in einer Werkstatt im Erdgeschoss eines der Gebäude, die als Radome weltbekannt sind. Sie sind seit über einem Jahr für Besucher geschlossen, weil die Statik des Gebäudes angezweifelt wurde. Das wird derzeit von den Behörden überprüft.

In der kalten Jahreshälfte ist Müllauer meist im Ausland unterwegs. Schon vor zehn Jahren besuchte und studierte er verschiedene Ökogemeinschaften rund um den Globus. Nach einem Aufenthalt im Ökodorf Siebenlinden machte er sich daran, eine mobile Forschungsstation zu kreieren, die in zwei Koffer passt. Eine faltbare Photovoltaikanlage und ein Zelt passen in den einen, alles andere kommt in den zweiten Koffer. Er nennt die Station kurz Taku. Damit bezieht er sich auf die Utopie „bolo’bolo“ des Schweizer Autors P. M. Er sieht sich selbst „als reisenden Gestalter auf den Spuren regionaler Autarkie“, schreibt er in der Einleitung eines seiner Bücher. Die personalisierte Kiste ist demnach das eigene Heiligtum, der Rest der Erdkugel wird gemeinsam genutzt.

Im Tandem haben er und sein Taku 2010 die ganze Welt bereist. Vor allem war er in Indien und Nepal unterwegs. Seit einigen Jahren arbeitet er auch bei einer Firma in Indien, der Treehouse Community. Sie baut und vermietet Baumhäuser an Ökotouristen. Einige der Bauten haben vier Stockwerke.

Dünnschichtfolien von einem Boot

Mit Photovoltaik hat er seit rund zehn Jahren zu tun. Der Grund liegt auf der Hand: Solarenergie plus Speicher eignen sich sehr gut für autarke Inselsysteme, wie er auch eins auf dem Teufelsberg erschaffen hat. Die Dünnschichtfolien von einem Boot hat er selbst auf ein seitliches Dach geschraubt, das aussieht wie eine Markise zum Innenhof. Touristen kommen hier nicht hin. 700 Watt leistet die Fassade. Den passenden Umrichter hat er im Internet gesucht und gefunden, als Speicher hat er günstige Bleibatterien in einen Schrank in der Werkhalle gebaut.

Mehrfach wurde schon eine Stromleitung bei der Stadt Berlin beantragt, bislang hat das nicht geklappt. Das Gelände ist ein Naturschutzgebiet und steht heute unter Denkmalschutz, was die Verlegung der Stromkabel verteuern würde. Auf dem Gelände gibt es nun bereits eine zweite Photovoltaikanlage des Betreibers Marvin Schütte. Sie besteht aus fünf Modulen und dürfte rund 1,2 Kilowatt Leistung haben.

Beide Solaranlagen sind nicht an das Stromnetz angeschlossen. Sie speisen also nicht ein, sondern sind auf den eigenen Verbrauch ausgerichtet. Auch Anschlüsse für Wasser und Heizung fehlen auf dem Teufelsberg. Das Wasser wird über einen Laster auf den Berg transportiert und in einen Behälter gefüllt.

Wie geht es weiter?

Die Betreiber und Investoren des Geländes versuchen über den Eintritt der Tagesgäste und durch Eventvermietungen an Firmen Geld zu verdienen, während der Zustand der denkmalgeschützten Radome immer schlechter wird. Bei den stark steigenden Immobilienpreisen wird das Gelände auf einen Wert zwischen 24 und 30 Millionen Euro geschätzt.

Das Land Berlin in Person des Bürgermeisters Michael Müller hatte zuletzt eine halbe Million Euro angeboten. Von einer Einigung ist man weit entfernt. So lange kann Sebastian weiter die Welt mit seinen Erfindungen in den Werkstatthallen bereichern.

https://teufelsberg-berlin.de

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