Unvorstellbar dünn sind fünf Mikrometer. Deutlich dünner noch als ein menschliches Haar und dazu sehr leicht. Der neuartige Solarlack wiegt nur 50 Gramm pro Quadratmeter – und steckt doch voller Energie. Autobauer Mercedes-Benz forscht an innovativen Solarmodulen für die Oberfläche auf der Karosserie. Die sprichwörtlichen Pferdestärken unter der Haube stecken also in der Außenhaut.
Wie eine hauchdünne Paste
Wie eine hauchdünne Paste lässt sich der Solarlack nahtlos auf die Karosserie streichen. Die solaraktive Fläche lässt sich laut Daimler auf jeden Untergrund auftragen. Die Solarzellen haben demnach einen Wirkungsgrad von 20 Prozent und sind damit ähnlich effizient wie herkömmliche Solarmodule.
Ein mittelgroßer Geländewagen hat eine Fläche von elf Quadratmetern. Bei idealen Einstrahlungsbedingungen wird auf dieser Fläche Energie für bis zu 12.000 Kilometer pro Jahr erzeugt. Die Solarenergie wird direkt zum Fahren verwendet oder in eine Hochvoltbatterie eingespeist. Das Photovoltaiksystem ist dabei immer aktiv und produziert so auch Solarstrom, wenn das Fahrzeug ausgeschaltet ist. Damit kann der Solarlack in Zukunft eine effektive Lösung für höhere Reichweiten und weniger Ladestopps bieten. Der Lack muss dabei gar nicht dunkel sein. Die Techniker versprechen, dass helle Farben ebenso möglich sind.
Pure Sonlarpower in Los Angeles
Der Ertrag hängt natürlich von Verschattung, Sonnenintensität und Standort ab. Zwei Rechenbeispiele bieten eine bessere Veranschaulichung: Statistisch gesehen legen Mercedes-Fahrer in Stuttgart im Schnitt 52 Kilometer pro Tag zurück. Rund 62 Prozent dieser Fahrleistung könnten demnach durch Sonnenenergie abgedeckt werden.
In Los Angeles ergibt sich sogar ein Überschuss an Strom durch die starke Sonneneinstrahlung. Der Kunde könnte also im Mittel seine Fahrstrecke komplett durch Solarenergie decken. Ein erzielter Überschuss könnte über bidirektionales Laden direkt ins Hausnetz eingespeist werden. Immerhin: Bis der Solarlack so weit ist, sind die regulatorischen Hürden für das bidirektionale Laden voraussichtlich längst genommen.
Daimler forscht intensiv
Aber der Solarlack hat nicht nur ein hohes Effizienzpotenzial. Er ist frei von sogenannten seltenen Erden, enthält kein Silizium und nur ungiftige sowie leicht verfügbare Rohstoffe. Der Lack könnte problemlos recycelt werden und ist in der Herstellung sogar günstiger als konventionelle Solarmodule, verspricht Daimler.
Derzeit arbeiten Forscher des Autobauers intensiv daran, den Einsatz des neuartigen Solarlacks auf allen Außenflächen des Fahrzeugs zu ermöglichen – unabhängig von Form und Neigungswinkel. In Pferdestärken wird in dieser nahen Zukunft keiner mehr denken.