„Solare Architektur gewinnt an Bedeutung“
Schwarzburger: Die Veranstaltungen zur bauwerkintegrierten Photovoltaik (BIPV) häufen sich, auch kommen immer mehr solare Bauprodukte auf den Markt. Einige Architektenkammern bieten bereits Weiterbildungen an.
Ullrich: Das stimmt. Das Schweizer BIPV-Symposium hat unlängst einmal mehr gezeigt, dass dieses schwierige, aber lohnenswerte Marktsegment in Bewegung kommt. Auch beim Restart der EM Power in München spielte BIPV eine sichtbare Rolle.
Schwarzburger: Markttreiber sind einerseits die steigenden Baukosten. Sie zwingen dazu, bei den Betriebskosten der Gebäude zu sparen. Das geht nur mit Sonnenstrom für den Eigenbedarf. Zudem führen immer mehr Bundesländer wie Baden-Württemberg und Berlin eine solare Baupflicht ein.
Ullrich: Das bringt Bewegung in die Baubranche. Dann kommen die Bauherren und Architekten um die Photovoltaik nicht mehr herum. Neben dem Einsatz von Baustoffen, die mit wenig CO2-Ausstoß hergestellt werden, ist es einer der wenigen Wege, die Klimaschutzziele im Gebäudesektor zu erreichen – sowohl im Neubau als auch im Bestand.
Schwarzburger: Ein weiterer Treiber der BIPV ist die E-Mobilität. Ich denke an Miethäuser, deren Bewohner jetzt das Recht auf eine Ladesäule haben. Auch Unternehmen können vom Umstieg auf E-Flotten profitieren.
Ullrich: Gerade in den Städten hat nicht jeder ein Einfamilienhaus mit solarem Carport, wo er sein Auto laden kann. Der Strom kommt dann praktischerweise aus der Fassade. Das Gebäude wird nicht nur zum Sonnengenerator, sondern integriert auch die Funktionalität der früheren Tankstelle.
Schwarzburger: Das erhöht die wirtschaftlichen Anreize, um entsprechend große Solarflächen zu installieren. Die passenden Bauprodukte sind vorhanden. Es gibt bereits die ersten Beispiele, dass die Haustechnik mit Photovoltaik und Stromspeichern viel einfacher wird. Stichwort solarelektrische Vollversorgung: weniger Technik statt mehr Geräte, Pumpen und
Regler.
Ullrich: Schließlich fallen beim vollelektrischen Gebäude alle Probleme weg, die sich der Bauherr mit wassergeführten Systemen ins Haus holt. Das reicht von der aufwendigen Verrohrung über Wärmeverluste, Legionellen und andere Keime bis zu den hohen Kosten für Einbau und Wartung klassischer Heizsysteme.
Schwarzburger: Langsam spricht es sich herum, dass solarelektrische Gebäude kostengünstiger zu bauen sind. Elektrischer Strom ist viel effizienter, um Räume zu heizen oder zu kühlen, um das E-Auto am Haus zu laden, statt zur Tankstelle zu fahren. Bedingung ist, dass der Strom sauber und preiswert zur Verfügung steht.
Ullrich: Das geht nur, wenn er auch vor Ort produziert wird. Genau an dieser Stelle ist die Photovoltaik im Dach und in der Fassade die beste Lösung. In diesem Themenheft zeigen wir, wie das funktioniert.
Schwarzburger: Dass es funktioniert, steht mittlerweile außer Frage. Die Frage ist, wie lange es dauert, bis diese Erkenntnis in die Köpfe der Architektinnen und Architekten, der Baufrauen und Bauherren, der Gebäudeplanerinnen und Gebäudeplaner vordringt. Das braucht bekanntlich Zeit. Aber so wird es kommen. Die solare Energiewende hält auch in der Architektur Einzug, so viel ist sicher.