Welches Ziel verfolgt die Photovoltaikforschung am Fraunhofer ISE?
Ralf Preu: Es geht vor allem darum, die Stromgestehungskosten zu reduzieren. Wir suchen also nach Wegen, den Wirkungsgrad der Zellen und Module zu steigern, aber auch für ihre Herstellung solche Verfahren und Technologien zu entwickeln, die die Produktion preiswerter machen.
Wer sind die Partner?
Das sind Produzenten von Bauelementen, das können Wafer, Zellen oder Module sein. Dann gibt es aber auch die Zulieferindustrie, insbesondere die Maschinenbauer und Materialhersteller. Sehr enge Kooperationen gibt es mit dem Maschinen- und Anlagenbau. In diesem Entwicklungsfeld haben wir in den letzten 20 Jahren sehr große Kostenreduktionen für die Photovoltaik erreichen können.
Wie wird aus Forschungsförderung Wertschöpfung?
Da gibt es verschiedene Wege. Ein Großteil unserer Projekte läuft im Verbund. Das heißt mit Partnern. Das können andere Institute sein, aber auch Industriepartner. Sie stellen Forschungsleistung, Maschinen oder beteiligen sich an den Kosten. Die Forschungsgelder, die wir vom Staat für ein konkretes Projekt erhalten, fließen dann ebenfalls in den Verbund. Wenn es ein verwertbares Forschungsergebnis gibt, können das die Verbundpartner nutzen. Die Konditionen dafür werden verhandelt.
Entwickeln Sie auch ganz eigene Ideen?
Es gibt auch Ansätze, die wir vollständig allein entwickeln. Das betrifft vor allem die Vorlaufforschung. Deren Ergebnisse eröffnen für viele spätere Nutzer Anwendungsmöglichkeiten, haben aber oft noch keine Industriereife. Ungefähr 20 Prozent unserer Forschungsgelder fließen in solche Projekte. In diesem Fall haben wir alle Rechte an der Entwicklung und können das entwickelte Produkt oder Verfahren lizenzieren. Das heißt, die Fraunhofer-Gesellschaft verkauft an Dritte das Recht, das Verfahren anzuwenden oder weiterzuentwickeln. Ein Teil der Nettoeinnahmen geht dann auch an den einzelnen Erfinder.
Wie werden die Ergebnisse verwertet?
Wenn uns ein Industrieunternehmen beauftragt und das macht einen wichtigen Teil der Forschung aus, kann natürlich der Auftraggeber das Ergebnis nach seinem Gusto verwerten oder es auch in der Schublade liegen lassen. Bei Verbundforschung haben wir eine Verwertungspflicht. Wir müssen dokumentieren, welche Ergebnisse aus dem Projekt kommen. Da kann es beispielsweise so sein, dass wir drei Einzelergebnisse transferieren oder in anderen Projekten weiterverwenden. Aber vielleicht auch für einzelne Punkte resümieren, dass wir dort kein verwertbares Ergebnis erzielt haben. Dabei ist die Grundidee, dass offengelegt wird, was wir gemacht haben.
Wie sieht ein gelungenes Beispiel aus?
Im Bereich der Perc-Entwicklung haben wir auf einer Anlage der Firma Meyer Burger erstmalig demonstriert, dass die für die Rückseiten benötigten dielektrischen Schichten auf einer industrienahen Anlage tatsächlich mit einem hohen Durchsatz hergestellt werden können. Die in diesem Projekt entwickelte Technologie wurde zum einen an Q-Cells gegen Zahlung übertragen. Zusätzlich wurde das Know-how an Meyer Burger selbst transferiert. Der Maschinenbauer konnte daraufhin solche Anlagen weltweit verkaufen. Das ist ein erfolgreiches Beispiel.
Die Perc-Idee hatte auch eine Vorgeschichte …
Ja, die Zellstruktur von Perc wurde bereits 1989, also vor 30 Jahren, von einem Forscherteam in Australien entwickelt. Damals war die Herstellung extrem aufwendig, sodass eine industrielle Produktion nicht verfolgt wurde. Mitte der 90er-Jahre wurde am Fraunhofer ISE eine einfachere Variante entwickelt. In den 2000er-Jahren wurden Technologien entwickelt, um die photolithografische Strukturierung durch Laserstrukturierung zu ersetzen. Nach zehn Jahren und in Verbindung mit anderen Verfahren war es dann ökonomisch sinnvoll und möglich, Perc-Zellen industriell herzustellen.
Wie ging es weiter?
2011 brachten Q-Cells und Solarworld Pilotproduktionen an den Start. 2012 startete die Massenproduktion. In diesem Fall hat der Patentschutz nicht ausgereicht, um andere Hersteller von dieser Technologie auszuschließen, auch da viel Know-how bei den Anlagenherstellern lag. So begann der weltweite Einsatz dieser Technologie. Spätestens für 2019 kann man sagen, dass die Perc-Technologie die weltweit am meisten verbreitete Solarzellenstruktur ist. Der Prozess von der eigentlichen Erfindung über die Erforschung des Potenzials und der Entwicklung günstiger Produktionstechnologie bis hin zum Massenprodukt dauerte somit über 30 Jahre
Immer öfter hört man von der Topcon-Zelle als Zelle der Zukunft …
Topcon ist ein Begriff, den das Fraunhofer ISE von Anfang an geprägt hat. Ähnliche Ansätze gab es bereits in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Aber der spezielle Ansatz, den wir gewählt haben, begann vor rund zwölf Jahren. 2013 konnten wir eine erste Rekordeffizienz vermelden. Die ersten Schritte waren Vorlaufforschung. Jetzt sind wir in der Phase, wo wir mit Partnern die Anlagentechnik vorantreiben. Tatsächlich sind Topcon-Zellen schon auf dem Markt. Jollywood aus China produziert solche Zellen schon, hat das Grundprinzip übernommen, aber im Detail einen anderen Weg verfolgt. Die Topcon-Zelle aus unserer Entwicklung wird in sehr ähnlicher Form von Trina in den Markt eingeführt und bereits in größeren Mengen mit sehr hohem Wirkungsgrad produziert, aber im Multi-Gigawatt-Bereich sind sie noch nicht.
Haben die deutschen Maschinenbauer die Nase vorn im internationalen Vergleich?
Der Innovationsdruck bei den Maschinenbauern ist groß. Wiederholung von Konzepten wird von den chinesischen Maschinenbauern abgedeckt, die damit meist einen Kostenvorteil verbinden können. Das bedeutet für die Maschinenbauer hierzulande, dass die neuen Maschinen wirklich innovativ sein müssen, also beispielsweise die Herstellung von innovativen Zellstrukturen erlauben.
Worin sehen Sie den Beitrag Ihrer Forschung?
Die Produktionstechnologie hat die industrielle Herstellung effizienter Solarzellenstrukturen ermöglicht. Ein noch größerer Teil der eindrucksvollen Kostenreduktion photovoltaischer Module von mehr als 90 Prozent in den letzten zehn Jahren kommt aber aus der gestiegenen Produktivität der Maschinen und der Einsparung von Material, das darf man nicht vergessen. Heute bringen manche Maschinen den zehnfachen Output wie noch vor zehn Jahren, und das mit viel weniger Mitarbeitern. Diese Entwicklung hat der Maschinenbau getragen.
Das Gespräch führte Petra Franke.
Michael Entrup/Hoppecke Batterien
„Alte Denkweisen hinter uns lassen“
Der Ausstieg aus Kernkraft und Kohleverstromung ist beschlossen. Um die dadurch wegfallende Kraftwerksleistung zu kompensieren, müssen wir die Photovoltaikleistung signifikant steigern. Gleichzeitig brauchen wir deutlich mehr Solarstromspeicher: privat, im Gewerbe und in den Stromnetzen. Nur so können wir Versorgungsengpässe vermeiden und Klimaschutz betreiben.
Dieses Ziel erreichen wir nur, wenn wir die Denkweisen der alten Energiewelt hinter uns lassen und die Hürden endlich abgebaut werden. Elektromobilität darf nur gefördert werden, wenn ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommt. Speicher müssen als eigenständige, gleichwertige Elemente der Energieversorgung gesetzlich definiert werden. Kurzfristig müssen die im Klimaschutzplan angekündigten Schritte schnell in Gesetzen festgeschrieben werden.
Wir begrüßen die Pläne der Bundesregierung zur Verdoppelung der Photovoltaikleistung bis 2030. Sie sind ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir die Klimaziele ernst nehmen, müssen wir diese Photovoltaikleistung eigentlich schon Mitte der 2020er-Jahre erreichen. Uns motiviert gemeinsam mit zahlreichen anderen engagierten Unternehmen, den Weg ins Solarzeitalter für innovative und nachhaltige Geschäftsmodelle zu ebnen und Marktbarrieren aus dem Weg zu räumen.
Wir begrüßen die Pläne der Bundesregierung zur Verdoppelung der Photovoltaikleistung bis 2030. Sie sind ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir die Klimaziele ernst nehmen, müssen wir diese Photovoltaikleistung eigentlich schon Mitte der 2020er-Jahre erreichen. Uns motiviert gemeinsam mit zahlreichen anderen engagierten Unternehmen, den Weg ins Solarzeitalter für innovative und nachhaltige Geschäftsmodelle zu ebnen und Marktbarrieren aus dem Weg zu räumen.
Michael Entrup leitet den Geschäftsbereich Stationäre Energiespeicher bei der Firma Hoppecke und gehört zum Vorstand des BSW-Solar.
David Muggli/PrioCar AG
„E-Mobilität ist die große Chance der solaren Energiewende“
Das Thema Elektromobilität ist in aller Munde. Aber warum gehört E-Mobilität zum Solargeschäft? Autos kauft man doch im Autohaus …
Wir – die Solarteure – haben die Produkte und das Know-how, um unsere Kunden ganzheitlich zu bedienen. Von der Stromerzeugung durch die Photovoltaikanlage, die Speicherung in der Batterie über die Wärmeerzeugung in der Wärmepumpe bis hin zur Mobilität und der Ladeinfrastruktur können wir das gesamte Potenzial der Sektorkopplung anbieten.
In der Elektromobilität steckt eine ganz große Chance der solaren Energiewende. Aus der Vergangenheit kennen wir die Zyklen des Marktes und haben gezeigt, dass wir mit Wachstum umgehen können. Heute steht, durch die steigende Nachfrage nach E-Mobilität, eine weitere Wachstumsphase vor der Tür. Dieses Wachstum werden wir meistern.
Wir werden dem Kunden das passende Elektroauto anbieten und die Ladeinfrastruktur aufbauen. Nur so lässt sich die Elektromobilität im Sinne der Energiewende umsetzen. Große Chancen in der solaren Energiewende ergeben sich sowohl im privaten wie im gewerblichen Segment bei solaren Carports.
David Muggli ist Gründer und Vorstand der Firmen Priogo AG und Priocar AG in Zülpich. Links im Bild ist Dr. Philip Müller zu sehen, gleichfalls Vorstand der Priocar AG.
Katharina David/K2 Systems
„Jetzt werden die Karten neu gemischt“
In diesem Jahr feiern wir neben 40 Jahren Solarwirtschaft unser 15-jähriges Jubiläum von K2 Systems. Seit 2004 ist eine ganze Menge passiert: Wir wachsen auf allen fünf Kontinenten mit eigenen Gesellschaften, wir entwickeln unsere Produkte ständig weiter, und unsere Montagesysteme sind mittlerweile in über 120 Ländern auf der Welt im Einsatz. Und auch unsere digitalen Serviceleistungen sind nicht mehr aus dem Alltag unserer Kunden wegzudenken. Darauf sind wir sehr stolz!
Wir sind erfolgreich, weil wir auf einfach zu montierende Montagesysteme setzen, die verschiedene Anwendungsbereiche im Flach- und Schrägdach abdecken, und unsere Komponenten modular zueinander sind. Außerdem ist die Planung durch unsere Software K2 Base schnell und intuitiv. Sie erfüllt unkompliziert die digitalen Anforderungen der heutigen Arbeitswelt unserer Kunden.
Die Weiterentwicklung innovativer Befestigungssysteme und digitaler Services, gepaart mit einer starken Kundennähe und unserem kompetenten technischen Support, machen K2 Systems auch in Zukunft zum globalen Aufdachexperten. Und trotz der fehlenden politischen Entschlossenheit zum Ausbau der erneuerbaren Energien werden die Karten jetzt neu gemischt: Durch den Tatendrang der Fridays-for-Future-Bewegung, für die sich nicht nur unsere Youngster in der Firma starkmachen. Es bleiben spannende Zeiten!
Katharina David ist Geschäftsführerin der K2 Systems GmbH in Renningen.
Wolfgang Wiesner/TÜV Rheinland und TH Köln
„Steuern und Abgaben auf Eigenstrom sind ärgerlich“
Ich war von 1980 bis 2000 beim TÜV Rheinland tätig und habe die Zentralabteilung Energienutzung, zu der dann später auch das Testzentrum Photovoltaik gehörte, geleitet. Die ersten Aktivitäten in der Photovoltaik waren Ende der 80er-Jahre zum Beispiel das Solardorf Indonesien, für das wir das Projektmanagement hatten.
Besonders abenteuerliche Projekte
Besonders abenteuerlich war der Aufbau der ersten photovoltaischen Pumpsysteme auf den Inseln Sumba und Sulawesie, bei dem sich mein damaliger Mitarbeiter Wilhelm Vaaßen besonders engagierte. Heute leitet er das Geschäftsfeld Erneuerbare Energien beim TÜV Rheinland in Köln.
Die ersten Installationen im 1.000-Dächer-Programm wurden von uns begleitet und abgenommen. In den 90er-Jahren wurden die F&E-Aktivitäten des Landes Nordrhein-Westfalen in der Arbeitsgemeinschaft Solar zusammengefasst. In deren Schwerpunkt „Test und Qualifizierung“, dessen Sprecher ich war, waren insbesondere die Aktivitäten in der Photovoltaik angesiedelt.
Normung als Schwerpunkt
Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit war die Normung für die Photovoltaik, sowohl im Rahmen des DKE als auch der IEC. Die Erfahrungen bei dieser Arbeit veranlassten mich dafür zu sorgen, dass ein entsprechendes europäisches Normungsgremium TC82 im Cenelec gegründet wurde, das ich mehrere Jahre als Chairman leitete.
Von 2000 bis 2011 versuchte ich dann, als Professor für Regenerative Energien an der Technischen Hochschule in Köln meine Erfahrungen und mein Wissen an die Studenten weiterzugeben. Als Mitglied der Kommission des Projekts „100 Klimaschutzsiedlungen in Nordrhein-Westfalen“ unterstütze ich heute die Realisation von bezahlbarem energieeffizientem Wohnungsbau.
Zögerliche Politik
Ich bin sehr betroffen, dass die Politik die Energiewende so zögerlich umsetzt. Strom aus Photovoltaik ist heute schon in vielen Situationen preiswerter als der angebotene Strom der Versorgungsunternehmen, auch ohne Subvention. Warum wird diese Entwicklung staatlicherseits zum Beispiel durch Steuern und Abgaben auf Eigenstrom gebremst? Warum wird der Hauseigentümer behindert, seine Mieter mit solar erzeugtem Strom zu versorgen?
Die deutschen Unternehmen, vor allem im Mittelstand, könnten einen beachtlichen Teil ihres Strombedarfs mithilfe der Photovoltaik kostengünstig und klimaneutral decken. Was fehlt, ist eine nachhaltige und langfristige Strategie der Politik, um bei Investoren das Vertrauen aufzubauen, um in diese Technologien zu investieren. Wir haben schon zehn Jahre Zeit verloren. Unbedingt brauchen wir jetzt eine wirksame Steuer für Kohlendioxid, die transparent ist und für alle Energiesektoren gleichermaßen gilt.