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Kurzschluss gegen Brände

Mit Inkrafttreten der neuen DIN VDE V 0642-100 wurde eine fünf Jahre währende Debatte in Fachgremien beendet. Damit sind neuerdings auch in Deutschland sogenannte Kurzschlusssysteme zulässig, um den Solargenerator auf dem Dach im Brandfall spannungsfrei zu schalten. In Österreich ist diese Technik schon längst erlaubt.

Denn solche Kurzschlussschalter sind in der klassischen Elektrotechnik und bei den Berufsgenossenschaften bereits sehr lange anerkannt. Kurzschlussstrecken baut man überall dort ein, wo Menschen und Technik gegen hohe Überspannungen geschützt werden sollen. „Es geht um die Sicherheit des Personals, beispielsweise Wartungsingenieure oder Rettungskräfte“, erläutert Harald Leitl vom VWL Umweltcentrum für Haustechnik in Gablenz. „Nur mit Kurzschlussstrecken kann man ein spannungsführendes System wirklich spannungsfrei schalten.“

Mit viel persönlichem Einsatz hat sich der Elektroniker darum bemüht, dass diese Technik den bekannten Feuerwehrschaltern gleichgestellt wird. „Dass im Mai 2013 die Anwendungsregel VDE-AR-E 2100-712 zur Brandfreischaltung von den Gremien beschlossen wurde, ist an uns komplett vorbeigegangen“, erinnert sich Harald Leitl. „Wir hatten damals schon unser Kurzschlusssystem FWS-112 auf dem Markt, das mit der neuen Regel nicht mehr zulässig war.“

Dabei ist die Kurzschlusstechnik in der Elektrotechnik gang und gäbe. „Also haben wir sofort den Kontakt zu den Gremien gesucht“, erläutert Leitl. „Dort stießen wir auf erhebliche Skepsis, damit hatten wir sehr zu kämpfen, das war hartes Brot. Ich kann nicht zählen, wie oft wir nach Frankfurt am Main zum Normungsgremium gefahren sind.“

Der Aufwand hat sich gelohnt: Nun ist eine gänzlich neue Norm entstanden, an der Leitl und der Cheftechniker des Umweltcentrums Karl John maßgeblich mitgearbeitet haben. Ihre Sicherheitsbox FWS-112 galt als Vorbild – und ist wieder voll zugelassen. Auch die Feuerwehren dürfen aufatmen. Denn nun können die Löschkräfte davon ausgehen, dass die Solarmodule tatsächlich ohne Spannung sind – auch auf dem Dach.

Module unter Spannung

Das Problem: Herkömmliche Feuerwehrschalter sind Trennschalter, die die Anlage zwar im String trennen. Dabei bleiben die Module bis zur Trennstelle jedoch unter Spannung. „Entgegen allen Verlautbarungen haben die Feuerwehrleute bis heute vor dieser Spannung sehr viel Respekt“, sagt Harald Leitl. „Nur mit höchster Konzentration führen sie die Löschungen durch. Manchmal sind sie gezwungen, ein Objekt kontrolliert abbrennen zu lassen.“

Bis zu 800 Volt bleiben

Denn an den Modulen können bis zu 800 Volt Spannung anliegen, ab 120 Volt besteht Lebensgefahr. „Anders bei der Kurzschlusstechnik“, erklärt der erfahrende Elektroingenieur Karl John. „Unsere Sicherheitsbox FWS-112 schaltet den Strang kurz. Es fließt ein Kurzschlussstrom von acht bis zehn Ampere, bei nahezu null Volt. Also beträgt die Kurzschlussleistung faktisch null Watt.“ Nun wurden solche Systeme auch in die Anwendungsregel VDE-AR-E 2100-712 (ergänzte Fassung vom Dezember 2018) aufgenommen.

Doch der Weg war nicht einfach: fünf Jahre und jede Menge Einwände. „Der Haupteinwand lautete: Wenn der Strang im Störfall unterbrochen wird und kein Kurzschlussstrom mehr fließt, was dann?“, erzählt Karl John. „Deshalb haben wir eigene Brandtests mit Solarmodulen angestellt. Trotz der Brände floss immer ein Kurzschlussstrom. Freilich schmolz die Isolation der Kabel ab, aber die Kupferseele hielt und leitete den Strom zuverlässig ab.“ Ein zweiter Einwand lautete, dass die Kurzschlussstrecke eine Gefahrenquelle für zusätzliche Lichtbögen darstellt. „Wenn die Solaranlage im Sommer bei voller Sonne Strom abgibt, läuft sie ohnehin nahe am Limit des Kurzschlussstroms“, sagt Karl John. „Dann geben die Module sieben Ampere ab, der Kurzschlussstrom beträgt acht Ampere. Die Gefahr ist kaum höher.“

Um auf Nummer sicher zu gehen, ist bei der Sicherheitsbox FWS-112 die Lichtbogenerkennung integriert. „Dieses Problem schleicht sich mit der Zeit ein“, sagt Karl John. „Über die Jahre werden Stecker und Anschlüsse marode, dringt Feuchtigkeit ein.“

Erkennung von Lichtbögen

An der Sicherheitsbox befindet sich eine LED, die bei einem Lichtbogen blinkt. Dann kann der Installateur den Fehler bei seinem Wartungsgang finden. Die technische Lösung basiert auf einer Hochfrequenz-Erkennung (HF), die Karl John speziell für die Box entwickelt hat.

Weil die Box im DC-Strang sitzt, unmittelbar neben dem Eingang des Wechselrichters, wirkt FWS-112 bei Überspannung wie ein Schutzschirm für die Leistungselektronik. Wenn zu hohe Spannungen auftreten, etwa durch Direkteinschlag eines Blitzes auf dem Dach, „haut es zuerst unsere Box raus“, wie Harald Leitl sagt. „Dadurch wird der teure Wechselrichter geschont.“

Da die Absicherung der Anlagen für den Brandfall eine Pflicht der Installateure ist, sollten sie unbedingt die Bestandsanlagen überprüfen. Dass allein der Betreiber in der Pflicht sei, wird sich vor Gericht kaum durchsetzen lassen. Denn ein privater Solarkunde muss zumindest von seinem Installateur dahingehend beraten werden, welche Risiken mit Bränden, Lichtbögen oder Überspannungen verbunden sind.

Versicherer müssen nachbessern

Diese Beratung ist genau zu dokumentieren. Denn gerät ein Gebäude in Brand – unabhängig von der Photovoltaikanlage auf dem Dach – geht es schnell um sehr hohe Schadenssummen. Nicht selten wollen die Betreiber dann rückwirkend ihre Installateure in Regress nehmen, die sie nicht oder falsch beraten haben.

Das gilt für das ganze Thema Blitzschutz und Brandschutz. Denn die Versicherer lehnen in ihrem Leitfaden für Photovoltaikanlagen VdS 3145 alle nicht den technischen Regeln entsprechenden Argumente ab.

Sie haben aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre gelernt und wollen das finanzielle Risiko – bei Gebäudebränden besonders hoch – verständlicherweise minimieren. Nach VdS 3145 ist bislang nur die Trenntechnik vorgesehen. Mit der neuen Norm müssen die Versicherer nun auch die Kurzschlusstechnik als zuverlässige und normgerechte Lösung akzeptieren.

www.umweltcentrum.de

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