Solarworld schmiedet den ersten Gigawattkonzern in Europa. Nachdem die Restrukturierung glückte, wurde Bosch Solar geschluckt. Zugleich startet der Hersteller eine Offensive mit neuen Modulen.
Der Modulhersteller Solarworld übernimmt die Werke von Bosch Solar Energy in Thüringen und hält an den Fabriken im sächsischen Freiberg fest. Gestern noch ein Wackelkandidat, der eine harte Restrukturierung durchlaufen hat, hat der Konzern nun rund ein Gigawatt Fertigungskapazität für kristalline Zellen und Module in Europa errichtet. In Hillsboro im US-Bundesstaat Oregon befindet sich zudem die Zentrale für das Amerikageschäft, das mit dem US-Markt wächst.
Man kann davon ausgehen, dass Solarworld-Chef Frank Asbeck bei der Übernahme von Bosch Solar gut verhandelt hat. Der Deal brachte Bosch kein Geld ein, im Gegenteil. Doch um die Schuldenfalle zu schließen, war der Weltkonzern nicht zimperlich. Und Solarworld, soeben mit frischem Kapital gestärkt, holt nun zu den großen asiatischen Konkurrenten auf – ohne weitere Investitionen tätigen zu müssen.
Was nicht ganz stimmt, denn Fabriken allein genügen nicht, um im harten Photovoltaikgeschäft zu bestehen. Entscheidend ist, wie schnell ein Hersteller mit innovativen Zellkonzepten und neuen Solarmodulen auf den Markt kommt. Gestützt auf die beiden Werke in Freiberg (Sachsen) und Arnstadt (Thüringen) kann Solarworld nun seine Produktpalette breiter ausrollen und beispielsweise die neuen Perc-Zellen schneller einführen. Schon schwebt im Raum, dass demnächst leistungsstarke 72-Zellen-Module für große Industriedächer aus dem Werk in Arnstadt zu erwarten sind. Bisher bietet Solarworld nur 60-Zellen-Module an.
Ab Q2: Module mit 280 Watt
Holger Neuhaus, Geschäftsführer der Solarworld Innovations GmbH in Freiberg, bestätigt: „In diesem Jahr wollen wir zunächst die Perc-Zellen in die Glas-Folie-Module bringen, um 280 Watt aus 60 Zellen zu holen.“ Schon im zweiten Quartal sollen die ersten Module mit 275 bis 280 Watt ausrollen. Bisher bietet Solarworld die 60-Zellen-Module mit 265 bis 275 Watt an.
Die Fertigungskapazität für Perc-Module hat Solarworld kurzfristig auf 300 bis 400 Megawatt erhöht. Denn die Nachfrage steigt rasch. Im Februar lief die Fabrik in Freiberg mit sehr guter Auslastung. Es ist anzunehmen, dass die neuen Zellen künftig auch in den früheren Bosch-Werken in Arnstadt verbaut werden. Allerdings ist dort der Automatisierungsgrad längst nicht so hoch wie in Freiberg. Auch war Bosch an der Entwicklung der Perc-Zellen kaum beteiligt. Dafür hatte Q-Cells in Thalheim bei den Forschungen mitgespielt. Zur Intersolar im vergangenen Jahr hatten die Thalheimer ein 300-Watt-Modul vorgestellt. Mittlerweile gehört das Unternehmen zum südkoreanischen Hanwha-Konzern.
Ob Solarworld-Chef Frank Asbeck die koreanische Konkurrenz ähnlich gering schätzt wie die Chinesen, ist nicht verbürgt. Immerhin hat er einen Trumpf im Ärmel: Q-Cells braucht in der Zellfertigung dreimal mehr Mitarbeiter als Solarworld in der vollautomatischen Fabrik in Freiberg. Ob Hanwha die Fertigung in Thalheim überhaupt aufrechterhält, ist bislang offen. Bisher war nur die Rede davon, Forschung und Entwicklung in Deutschland zu belassen. Ob Frank Asbeck wiederum die personell sehr gut ausgestattete Fertigung von Bosch in diesem Maße aufrechterhält, bleibt ebenso abzuwarten. In Arnstadt hat er immerhin 900 Leute übernommen. (Heiko Schwarzburger)
Den vollständigen Innovationsreport lesen Sie im Märzheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 6. März 2014 erscheint.