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Pandemie bei den Folien?

Ohne Hilfsmittel ist die Seuche kaum zu erkennen, doch eine Speziallampe bringt Gewissheit: Wie im Röntgenbild erkennt man die feinen Risse, an denen die Rückseitenfolien der Module ausdünnen, bis das Material tatsächlich nachgibt.

Das ist das finale Stadium: Die Folien reißen, die Zellen verlieren den Halt, hängen frei und ungeschützt in der Luft. Bei manchen Modulen sind die Zellstrings komplett nach hinten durchgefallen und in den Modulen klafft ein großes Loch.

Das Problem spricht sich herum

Matthias Diehl von Photovoltaikbuero in Rüsselsheim kennt das Problem: „Es deutet sich an, dass es sich um ein gewaltiges Problem handelt“, urteilt der erfahrene Gutachter. „Ich spreche vom Versagen von Rückseitenfolien und dem damit verbundenen Verlust der Isolationsfestigkeit der Solarmodule. Dabei treten immer häufiger Isolationsfehler auf, die irgendwann einmal auch die Wechselrichter dazu veranlassen, die Anlage aus Sicherheitsgründen nicht mehr einzuschalten.“

Probleme mit Solarmodulen waren bislang meist auf einen Hersteller begrenzt, beispielsweise bei den korrodierten Lötstellen der Module von S-Energy aus Südkorea. Größeres Ausmaß hatte der Austausch der schwächelnden Dünnschichtmodule von First Solar oder die brennenden Anschlussdosen der Module von BP-Solar. Dieser Fehler führte dazu, dass sich der Ölkonzern aus der Solarbranche komplett verabschiedete.

Oder PID vor zehn Jahren. „Ich erinnere mich gut an das PID-Problem. Auch damals wurden zunächst einige unscheinbare Einzelfälle bekannt“, erzählt Matthias Diehl. „Schnell entstand daraus ein massives Problem. PID konnte man aber wenigstens meistens durch die Boxen heilen. Die Probleme mit den Rückseitenfolien sind so schwerwiegend, dass man die betroffenen Module wahrscheinlich nur verschrotten kann.“

Vom Umweltstress entlasten

Dem Vernehmen nach versuchen einige Hersteller, die Schadmodule mit Reparaturpaste zu kitten. Sie wird auf die Rückseite gestrichen, um das Folienmaterial vom Umweltstress zu entlasten. „Aber selbst das wissen wir nicht genau“, meint Diehl. „Es wäre an der Zeit, dass die Hersteller uns darüber informieren, ob es gegebenenfalls Reparaturmöglichkeiten gibt.“

Solarparks fallen auseinander

Die Sache zieht Kreise: In Südeuropa gibt es ganze Solarparks, die förmlich auseinanderfallen. Dort herrschen höhere Temperaturen als bei uns. „Doch auch ich hatte in diesem Jahr schon zwei Fälle mit verschlissenen Backsheets“, bestätigt Matthias Diehl. „Bei Treffen mit Sachverständigenkollegen wird das Thema immer wichtiger. Auch die Versicherer sind damit zunehmend konfrontiert.“

Es geht ja nicht nur um Folien. Wenn die Backsheets reißen, drohen erhebliche Gefahren für die Anlage und das Wartungspersonal. „Der Fehler macht sich nur langsam und schleichend bemerkbar“, sagt Dennis Menzel.

Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Photovoltaik und Photovoltaische Anlagentechnik bei der IHK Arnsberg, Hellweg-Sauerland in Nordrhein-Westfalen. „Zuerst meldet der Wechselrichter im Anfangsstadium morgens einen kurzen Isofehler, er springt später aber dann an. Auch geht er abends früher vom Netz und meldet anfangs wieder kurz einen Isolationsfehler.“

Über Jahre unbemerkt

Dieser Fehler wächst sich jedoch aus, beinahe über Jahre vom Betreiber unbemerkt: „Erst wenn die Wechselrichter länger ausfallen oder sich gar nicht mehr einschalten, werden die Anlagenbetreiber aktiv“, weiß Menzel aus seiner Erfahrung. „Dann wird der Gutachter gebeten und man merkt schnell, dass im Modulstring schon seit Längerem etwas nicht stimmt.“

Nicht selten werden Tierbisse von Nagern oder andere Ursachen an den Steckverbindungen angenommen, die viele Servicefirmen auf die falsche Fährte schicken. „Nur als Fachmann erkennt man unter Umständen die feinen Haarrisse innerhalb der Module an den Innenseiten der Rückseitenfolien“, erläutert Dennis Menzel. „Dazu braucht man eine spezielle Lampe, um die Module zu durchleuchten.“ Erst spät, quasi im finalen Stadium, weiten sich die Haarrisse zu deutlich sichtbaren Rissen aus.

Wo liegt der Ball?

Menzel und Diehl sind unparteiisch, sie vertreten Anlagenbetreiber, Hersteller oder Versicherungen vor Gericht. Auch werden sie direkt von den Gerichten beauftragt, solche Fragen in gerichtlichen Prozessen technisch zu würdigen.

Die ersten Fälle liegen bereits bei Rechtsanwälten und werden durch Gerichte verhandelt, denn einige Hersteller der Folien sind bereits insolvent. Also liegen der Ball und die Verantwortung bei den Herstellern der Module. Sie müssten schnell agieren. Ist der Hersteller bereits nicht mehr am Markt vertreten oder lässt sich verleugnen, muss der Installateur ran.

In vielen Fällen reagieren die Verantwortlichen gar nicht, wenn die Betroffenen keinen Rechtsbeistand eingeschaltet haben oder kein Gutachten mit dem Nachweis für jedes einzelne Modul mit Seriennummer und Schadensbild liefern. Oder die Geschädigten müssen sich mit einem Gerichtsstand in Asien auseinandersetzen.

Module aus 2011 bis 2014

Die Hersteller stecken die Köpfe in den Sand und hoffen, dass der Sturm an ihnen vorüberzieht. „Es sind eine ganze Reihe von Herstellern mit unterschiedlichsten Folienproduzenten betroffen“, weiß Dennis Menzel. „Nach unseren gegenwärtigen Erkenntnissen geht es vor allem um Module, die im Kern zwischen 2011 und 2014 produziert und installiert wurden. Man muss davon ausgehen, dass mehrere Gigawatt an Modulen betroffen sein werden. Denn nun beginnen auch Anlagen aus 2016, andere Auffälligkeiten an den Rückseitenfolien zu zeigen, die zu Isolationsfehlern führen.“ Faktisch haben alle größeren Modulhersteller solche Folien verwendet, die jetzt allmählich große Probleme bereiten. Vor Gericht oder in den außergerichtlichen Verhandlungen geht es vor allem um Kompensationszahlungen oder Ersatzmodule.

Im fortgeschrittenen Stadium muss man aber von einem Totalschaden ausgehen, der nicht mehr wirtschaftlich reparabel sein wird. Die Folien reißen, die Zellen fallen aus dem Laminat. Sowohl kleine Dachanlagen als auch Solarparks mit mehreren Megawatt Leistung könnten davon betroffen sein. „Die Hersteller müssen reagieren, wenn sie weiterhin ihre Module in Europa verkaufen wollen”, fordert Matthias Diehl. „Es kursieren Zahlen, dass weltweit rund zehn Gigawatt davon betroffen sind. Da kann man nicht einfach stillhalten und hoffen, dass es von einigen Betroffenen nicht bemerkt wird.”

Das Material der Rückseitenfolien ist offenbar ermüdet. Hier drohen Risse.

Foto: Matthias Diehl

Das Material der Rückseitenfolien ist offenbar ermüdet. Hier drohen Risse.

Photovoltaikbuero

Ausführlicher Artikel mit Schadensbildern

Matthias Diehl vom PV-Buero in Rüsselsheim hat die bisherigen Erkenntnisse zur Folienseuche zusammengefasst. Er fordert, dass sich die Hersteller dem Problem stellen und nicht den Kopf in den Sand stecken. Seiner Schätzung nach könnten weltweit rund zehn Gigawatt der installierten Solarleistung betroffen sein.

Umfrage der Redaktion

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Kennen Sie solche Probleme mit Rückseitenfolien aus eigener Erfahrung? Haben Sie erlebt, wie die Modulhersteller damit umgehen? Welche Besonderheiten traten bei Ihrer Solaranlage auf? Wie sind Sie auf das Problem aufmerksam geworden? Melden Sie sich bitte bei der Redaktion der photovoltaik. Auf Wunsch werden Ihre Informationen vertraulich behandelt. Ihr Ansprechpartner in dieser Sache ist Chefredakteur Heiko Schwarzburger, E-Mail: schwarzburger@photovoltaik.eu.

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Longi Solar

Neues Werk für Module mit M6-Zellen hochgefahren

Die neue Fabrik in der chinesischen Provinz Jiangsu ist mittlerweile voll ausgelastet. Ihr jährlicher Ausstoß erreicht fünf Gigawatt. Nach Angaben des Herstellers wurde die Produktionslinie effizient und intelligent ausgebaut. Das Werk soll voll­automatisiert laufen. „Die Produktionslinie in unserer neuen Fünf-Gigawatt-Modulfabrik in Taizhou befindet sich derzeit auf dem höchsten Niveau in der Photovoltaikindustrie“, schwärmt He Jiangtao, Chef von Longi Solar Technology. „Schätzungen zufolge wird der Ausstoß um etwa 35 Prozent steigen.“

Zelle aus M6-Wafern

In Jiangsu stellt Longi neue Solarmodule mit Zellen aus M6-Wafern her (166 Millimeter Kantenlänge). Im vergangenen Jahr hatte der chinesische Anbieter das Solarmodul Hi-MO 4 auf den Markt gebracht. Gegenwärtig beträgt die Leistung des bifazialen Moduls aus der Massenfertigung bis 450 Watt bei einem Wirkungsgrad von 20,7 Prozent.

Die kumulierten Absichtserklärungen für Hi-MO-4-Module haben bereits zehn Gigawatt überschritten und wachsen weiter. Bisher wurden mehr als zwei Gigawatt an Kunden in aller Welt geliefert. Bis Ende 2020 wird Longi seine Produktionskapazitäten für M6-Module auf mehr als 20 Gigawatt ausbauen.

Kooperation mit Senergia

Zudem baut der chinesische Hersteller sein Engagement in Europa aus. Anfang April wurde die Zusammenarbeit mit Senergia gemeldet, einem Solarhändler aus Schweden. Insgesamt 9,2 Megawatt der Hi-Mo 4-Module werden für Solarprojekte in Finnland geliefert. Rund 25.000 Solarmodule mit 370 und 400 Watt gehen nach Oulu in Finnland auf die Reise, wo Senergia ein Logistikzentrum für den finnischen Markt betreibt.

Der Deal markiert den Beginn der Kooperation in Skandinavien. Nach der Lieferung der gezeichneten Menge könnten weitere Bestellungen für Solarmodule folgen.

Foto: Longi Solar

Trina Solar

Produktion der V-Modulserie startet

Der chinesische Modulhersteller Trina Solar hat die erste Linie zur Fertigung der Solarmodule 500 W plus Duomax V und Tallmax V gestartet. Die Module haben einen Wirkungsgrad von 21 Prozent und leisten mehr als 500 Watt. Sie enthalten Zellen mit 210 Millimetern Kantenlänge. Zwei Versionen sind erhältlich: die Duifax-V-Doppelglasmodule und die Tallmax-V-Rückwandmodule.

Mit dem neuen Werk hat Trina seine Kapazitäten auf 5,5 Gigawatt erhöht. Das bifaziale Doppelglasmodul Duomax V hat die Tests des TÜV Rheinland bestanden und die Zertifizierung gemäß IEC 61215 und IEC 61730 erhalten.

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