So zumindest hat Michael Harre die Entwicklung der Solarbranche im letzten Jahrzehnt auch erlebt. Der Vizepräsident von LG Electronics ist davon überzeugt, dass sich die Solarenergie im Verbund mit Speicher- und Energielösungen durchsetzen wird.
Herr Harre, was haben Sie 2007 gemacht?
Michael Harre: Ganz genau erinnere mich natürlich nicht mehr. Aber ganz sicher habe ich damals wie heute von dem Durchbruch der Solarenergie geträumt und auch daran geglaubt.
Welche Erwartungen hatten Sie damals?
Im Jahr 2007 dominierte Europa den weltweiten Solarmarkt. Fast 70 Prozent der Neuinstallationen fanden auf unserem Kontinent statt. Allerdings waren die Installationen innerhalb Europas bei weitem nicht gleich verteilt. Deutschland, Italien und Spanien waren große Märkte, andere EU-Länder waren vergleichsweise klein. Für Europa hatte ich die Erwartung, dass sich die Photovoltaik in deutlich mehr Ländern nachhaltig durchsetzen würde und in den schon starken Ländern auf einem hohen Niveau weiterwachse. Weltweit hatte ich die Erwartung, dass auch andere Regionen, vor allem USA, China und Indien stark wachsen würden, da der Energiebedarf hier teilweise deutlich über dem Angebot lag. Schon damals war klar, dass dezentrale und saubere Energien benötigt würden, um diese Lücke zu schließen.
Welche Höhen und Tiefen haben Sie in unserer Branche durchgemacht?
Das Jahrzehnt hatte große Ähnlichkeiten mit einer Achterbahnfahrt. Es ging auf zu ungeahnten Höhen und ab zu nicht vorstellbaren Tiefen – und das in unglaublicher Geschwindigkeit. Insgesamt stimmt die Richtung aber, und der weltweite Solarmarkt ist kontinuierlich gewachsen. Leider nicht überall. In Europa ging es deutlich bergab, in Japan und den USA stark bergauf. China wurde zum weltweit größten Markt.
Welche Herausforderungen sind besonders in Ihrer Erinnerung geblieben?
Eine besondere Herausforderung für alle Marktteilnehmer – gerade auch für Hersteller – sind die schnellen und dramatischen Schwankungen zwischen Boom und Depression und die überaus schwierigen Vorhersagemöglichkeiten über die Marktentwicklung in den nächsten sechs bis zwölf Monaten. Aber gerade das hat es immer sehr spannend gemacht.
Woher stärkte Sie Ihre Motivation?
Dass Photovoltaik etwas Gutes ist, nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch, weil aus ökonomischer Sicht kein Weg daran mehr vorbeigeht. Ich glaube, dass sich bei allen Schwierigkeiten und Schwankungen letztlich die richtigen Lösungen und die besten Anbieter langfristig durchsetzen. Aber der Weg zur Energiewende ist sicherlich eher ein Marathon als ein 100-Meter-Sprint.
Wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen in zehn Jahren, also etwa 2027?
Unter den Top-10-Systemanbietern. Wichtig ist das Wort Systemanbieter. LG kann viel mehr als nur Module. LG kann und wird Gesamtlösungen anbieten können von sauberer Energieerzeugung (Solarmodule) über die Speicherung bis hin zu Anwendungen. LG ist einer der Weltmarktführer für Lithium-Ionen-Batterien, zudem bieten wir Klimaanlagen, Wärmepumpen und viele Haushaltsgeräte an. Unser Ziel besteht darin, all dies miteinander zu verbinden.
Haben Sie ein persönliches Erfolgsrezept?
Das eine Motto habe ich eigentlich nicht. Aber ich glaube daran, dass sich die richtigen Lösungen aus Photovoltaik, Speichern und Energielösungen von Top-Unternehmen nachhaltig durchsetzen werden. Daran arbeiten wir Tag für Tag.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.