Der Gewerbe- und Bürokomplex Centro Tesoro in München steht mit insgesamt 24.000 Quadratmetern nicht nur für eine moderne Arbeitswelt, sondern gilt als Inbegriff für nachhaltiges Bauen und Bewirtschaften von Büroimmobilien. Dass der Komplex als erstes Sanierungsobjekt bundesweit ein LEED-Platin-Zertifikat erhält, hat viel mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach des Centro Tesoro zu tun. Sie versorgt die Gewerbemieter mit günstigem, grünem Hausstrom.
Die Motive der Schwaiger Group – die das Gebäude betreibt – waren sowohl ökologischer als auch ökonomischer Natur. Sowohl die Immobilienwirtschaft als auch die Energiewirtschaft entdecken den Mieterstrom zunehmend als Möglichkeit, Kunden mit dezentral erzeugter Energie zu beliefern.
Unternehmen der Immobilienwirtschaft können in der dezentralen, urbanen Energiewende eine zentrale Rolle einnehmen, da sie mit ihren Objekten über Dachflächen und mit ihren Mietern über Endkunden verfügen.
Wirtschaftlich interessant
Die Mieter erzeugen dabei den initialen Funken. Denn der im direkten räumlichen Zusammenhang erzeugte Strom fließt direkt vom Dach in die darunterliegenden Räume. Besonders für Büro- und Gewerbeimmobilien mit hohem Stromverbrauch ist die direkte Versorgung aus Photovoltaikanlagen am Gebäude technisch und wirtschaftlich interessant.
Die Grundidee des Konzepts ist ökologisch: Mieter sollen aktiv an der Energiewende beteiligt werden. Während Eigentümer im Privaten mit Photovoltaikanlagen auf den eigenen Dächern schon seit vielen Jahren an der Energiewende partizipieren, war es Mietern nicht möglich, Solarstrom vom Vermieterdach zu beziehen.
Photovoltaik im Energiekonzept
Als die Schwaiger Group 2016 die beiden in die Jahre gekommenen Immobilien aus den 70er- und 80er-Jahren übernahm, stand das Ziel fest: Wir wollen die beiden Gebäude zu einem Komplex optisch wie technisch verbinden und entlang nachhaltiger Kriterien von Grund auf sanieren. Grundlage der Revitalisierung war ein klug durchdachtes Energiekonzept.
Weil die Energiewende immer aus einer Kombination der drei Säulen Gebäudehülle, Anlagentechnik und erneuerbaren Energien besteht, hat die Schwaiger Group am Centro Tesoro eine neue Dämmung vorgenommen, die 40 Prozent über den gesetzlichen Vorgaben liegt.
Zudem wurde eine neue Heizanlage mit Gasbrennwerttechnik installiert. Smarte Gebäudeleittechnik steuert die TGA-Systeme wie Heizung, Hebeanlagen und Aufzüge intelligent und ressourcenschonend.
Das Kernstück der energetischen Sanierung ist und bleibt allerdings die größte innerstädtische Aufdachanlage Münchens, die wir in Kooperation mit den Stadtwerken München (SWM) auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern auf dem Dach des Centro Tesoro installiert haben. Insgesamt 568 Solarpaneele produzieren mit einer Leistung von 428 Kilowatt grünen Direktstrom für unsere Mieter.
428 Kilowatt installiert
Mieterstrommodelle bieten Immobilienunternehmen grundsätzlich die Möglichkeit, in die Erzeugung und den Vertrieb von dezentralem Ökostrom einzusteigen. Welche Rolle die Eigentümer einnehmen, ist davon abhängig, welchen Grad an Autonomie sich Immobilienwirte wünschen. Möglich sind sowohl ein reines Pachtverhältnis im Sinne der reinen Verpachtung der Dachfläche als auch die Übernahme der Betreiberrolle.
Stadtwerke pachten das Dach
Die Übergabe der Betreibereigenschaft und aller sonstigen energiewirtschaftlichen Verpflichtungen an Dritte kommt für alle Immobilienwirte infrage, die sich insgesamt nicht mit den Anforderungen des Energiemarktes beschäftigen oder größere Investition vermeiden wollen.
Weil die Schwaiger Group bereits als Projektentwickler, Bauunternehmer und Verwalter eigene Objekte betreut, stellen wir beim Centro Tesoro die Dachfläche den SWM zur Verfügung, die als Pächter die Solaranlage betreiben. Die SWM übernehmen damit die Rolle des Erzeugers sowie des Lieferanten und stellen den Strom allen Unternehmen im Centro Tesoro zu besonders günstigen Konditionen zur Verfügung.
Erzeuger und Verbraucher gehen eine direkte Vertragsbeziehung ein, was beim sonst üblichen Stromhandel über die Börse nicht oder nur indirekt der Fall ist. Für die Mehrheit der Verbraucher bedeutet Mieterstrom eine unmittelbare Möglichkeit, persönlich an der Energiewende teilzunehmen und ebenfalls kostengünstigen Solarstrom zu erhalten – beim Centro Tesoro etwa rund zehn Prozent günstiger als zugekaufter Strom aus dem Netz.
Immobilien steigen im Wert
Überschüssige Energie aus der Anlage fließt ins Münchener Stromnetz. Wird mehr Strom benötigt, als die Anlage erzeugt, wird der Bedarf aus dem Netz gedeckt. Der große Mehrwert für alle Akteure: Mit dem Mieterstrommodell tragen die SWM, die Schwaiger Group und die Gewerbemieter aktiv zum Klimaschutz in München bei.
Als passive Akteure profitieren Immobilienunternehmen wirtschaftlich über die Pacht sowie über vermiedene Investitionen in die Anlagentechnik. Dank einer insgesamt steigenden Nachfrage nach Green Buildings im Bereich Büro und Gewerbe wirkt Solarstrom zudem positiv bei der Vermarktung der Flächen und trägt zur Wertsteigerung der Immobilie bei.
Die Schwaiger Group konnte beim Centro Tesoro etwa den E-Scooter-Sharing-Anbieter Lime als langfristigen Mieter gewinnen, weil das Mobilitätsunternehmen grünen Hausstrom zur Voraussetzung der Anmietung gemacht hat.
Der Erfolg von ressourcenschonenden Gebäuden wird einer Umfrage der Schwaiger Group unter Maklern, Researchern und Projektentwicklern zufolge ferner durch Imagegewinn und Kosteneinsparung bedingt, die aufseiten der Nachfrager eine immer wichtigere Rolle spielen.
Viel Fläche vorhanden
Demnach sind mehr als acht von zehn Experten davon überzeugt, dass Unternehmen mit einem Imagegewinn rechnen, wenn das Büro beziehungsweise Geschäft in einem Green Building untergebracht ist. 71,5 Prozent gehen davon aus, dass Unternehmen bevorzugt energieeffiziente Gebäude mieten, weil sie sich dadurch Bewirtschaftungs- und Energiekosten sparen.
Das Marktpotenzial von Mieterstrom ist hoch, da dieses Marktsegment für die Nutzung von Photovoltaik noch wenig erschlossen ist. Denn nur ein sehr geringer Anteil der 1,7 Millionen Photovoltaikanlagen in Deutschland wurde bisher auf Dächern von Mehrparteienhäusern im privaten oder gewerblichen Segment errichtet.
Da der Ausbau von Solaranlagen in urbanen Zonen nicht im Gleichschritt mit den ländlichen Gebieten erfolgte, gibt es im Kernbereich von Städten und Gemeinden sowohl bei Wohn- als auch bei Geschäftsimmobilien großen Nachholbedarf.
Finanzielle und ökologische Vorteile für Eigentümer und Mieter werden den Stellenwert von Mieterstrom beziehungsweise Direktstrom weiter heben und den Ausbau von lokal erzeugtem, dezentralem Ökostrom im Bereich Gewerbe und Büro weiter forcieren.