Auch auf immer mehr Dächern in der Schweiz sind Solaranlagen installiert. Das stellt die eidgenössischen Netzbetreiber genau wie die Kollegen in Deutschland vor Herausforderungen, das Netz stabil zu fahren. Die Netzinfrastruktur für die Maximallasten auszubauen macht ökonomisch keinen Sinn. Eine Alternative: Der lokal produzierte überschüssige Strom wird lokal zwischengespeichert.
Stationäre Batterien erlauben es, diese Energie erst abends, nachts oder an einem Regentag zu nutzen. Ein Forschungsprojekt der Schweizer Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) untersucht, ob der Einsatz stationärer Batterien für die Verbraucher wirtschaftlich sinnvoll ist – und gleichzeitig Vorteile für die Energieversorger bieten kann.
Geheimoperation Zebra
Empa-Forscher Philipp Heer nutzte für sein Forschungsprojekt reale Messdaten des lokalen Dübendorfer Versorgers Glattwerk, der den Vorort von Zürich versorgt. Dabei untersuchte er zwei unterschiedliche Batterietypen: weit verbreitete Lithium-Ionen-Batterien sowie Flüssigsalzbatterien des Typs Natrium-Nickelchlorid, die auch unter dem Synonym Zebra-Batterien bekannt sind. Letztere wurden 1984 im südafrikanischen Pretoria entwickelt.
Das Kürzel steht für „Zero Emission Batteries Research Activity“. Das war der Codename für ein geheimes wissenschaftliches Forschungsprojekt in Südafrika, in dessen Rahmen die Batterie entwickelt wurde. Die Kathode besteht hauptsächlich aus Nickel und Natriumchlorid, die Anode meist aus Natrium. Als Separator und Elektrolyt wird ein keramisches Aluminiumoxid eingesetzt, das Natriumionen zwischen Anode und Kathode passieren lässt, aber Elektronen gerade nicht durchlässt.
Verschiedene Speicher simulieren
Die Betriebstemperatur der Zebra-Batterie liegt zwischen 270 und 350 Grad Celsius. Dadurch werden die Elektroden geschmolzen und der Separator erreicht eine hohe Leitfähigkeit für Natriumionen. Nachteil ist allerdings, dass die hohen Betriebstemperaturen jederzeit aufrechtzuerhalten sind: Solange die Batterie verwendet wird, führt das zu zusätzlichen energetischen Verlusten, weil der Innenwiderstand hoch ist und sich die Batterie dadurch selbst erhitzt.
In Computersimulationen rechnete Empa-Forscher Heer 160 verschiedene Szenarien durch und variierte dabei die Batteriegrößen sowie verschiedene Systeme, die sowohl auf einem zentralen als auch auf dezentralen Batteriespeichern basieren können.
Die am Netz beteiligten Akteure haben unterschiedliche Interessen. Die Verteilnetzbetreiber verteilen den Strom im Mittel- und Niederspannungsbereich an die Endkunden. In der Schweiz gibt es rund 650 Netzbetreiber, die zusammen ein Netz von rund 200.000 Kilometern betreuen. In Deutschland gibt es rund 800 dieser Netzbetreiber. Sie wollen das Ausfallrisiko im Netz minimieren, ohne die Infrastruktur auf eine selten zu erwartende Maximallast ausbauen zu müssen.
Auf der anderen Seite stehen die Haushalte, die gleichzeitig vermehrt selbst Strom erzeugen – und somit zu Prosumern werden. Sie wollen den selbst produzierten Strom dann konsumieren, wenn der Strompreis relativ hoch ist. Das Problem zurzeit: Da die Einspeisetarife im Vergleich zu den Bezugstarifen oft niedrig ausfallen, lohnt es sich für die Prosumer kaum, den erzeugten Strom ins Netz einzuspeisen.
Nachteile nicht nur für Prosumer
Speisen die Prosumer den Strom zum niedrigen Einspeisetarif ein, entstehen zudem Nachteile für die Netzbetreiber. Die Konsumenten müssen den Solarstrom am Abend zum höheren Bezugspreis wieder einkaufen, und die Netzbetreiber müssen ihr Netz ausbauen, um tagsüber die hohe Strommenge aufnehmen zu können. Wird der selbst erzeugte Strom in lokalen Batterien zwischengespeichert, kann er am Abend wieder selbst konsumiert werden – so wird auch das Netz entlastet.
Natürlich haben auch Batterien Nachteile. Je länger die Energie gelagert wird, desto teurer wird die gespeicherte Kilowattstunde. Zudem steigt der durchschnittliche Verbrauch im Gesamtnetz. Eine Batteriesteuerung sollte die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten optimieren, anstatt etwa nur die Kostenersparnis für den einzelnen Prosumer zu maximieren. Im ungünstigsten Fall würden nämlich alle Prosumer ihre Batterien mit überschüssigem Solarstrom füllen, bis diese zum Beispiel am Mittag voll sind – und dann plötzlich alle gleichzeitig den Strom ins Netz einspeisen. Dadurch entstünde den Netzbetreibern wieder eine Spitze im Netz, die sie ausgleichen müssen.
15 Prozent höhere Rendite
Eine optimierte Batteriesteuerung würde die Batterie genau dann laden, wenn dem Netz mehr Strom zugeführt als daraus verbraucht wird. Das ergibt auch finanziell Sinn: „Die Simulationen zeigen, dass Batterien, die auf die kombinierten Steuerziele hin optimiert werden, eine bis zu 15 Prozent höhere durchschnittliche Rendite erzielen als solche, die nur auf einen einzelnen Stakeholder hin optimiert sind“, erklärt Heer.
Bereits kleine, dezentrale Batterien können sich also für beide Seiten lohnen. Um zu sehen, ob sich die Resultate der Simulation bewahrheiten, planen Heer und sein Team nun, eine derart optimierte Batteriesteuerung in einem realen System zu testen. Dafür nutzen sie den Energiedemonstrator an der Empa. Sowohl eine Flüssigsalz- als auch eine Lithium-Ionen-Batterie stehen für die Tests zur Verfügung.
Der Projektleiter Philipp Heer gibt sich zuversichtlich: „Bewähren sich die Simulationsresultate in der Realität, könnte das analysierte Dübendorfer Verteilnetz als Blaupause dienen.“