Inmitten der Halle 8b auf dem Düsseldorfer Messegelände ist ein hölzernes Edelmotorboot gestrandet. Oder besser: Es ist auf rotem Tuch gebettet. Das Exponat einer italienischen Firma macht einiges her. Besucher fragen sich zu Recht, was es mit dem Boot auf sich hat. Die Auflösung: Es wurde vom Schweizer Hersteller Ecovolta mit Lithiumakkus ausgestattet. Zudem kooperiert die Messe Energy Storage Düsseldorf seit diesem Jahr mit der internationalen Messe Boot. Ein Hingucker ist es allemal.
Ecovolta aus der Schweiz hat eine standardisierte Traktionsbatterie mit Lithium-Ionen-Zellen entwickelt, um Elektrofahrzeuge deutlich kostengünstiger und schneller in Serie zu produzieren. Damit können Hersteller bestehende oder kleinere Fahrzeugserien zügig auf Elektromobilität umstellen. Bisher mussten Akkupacks für jeden Fahrzeugtyp individuell entwickelt werden.
Ecovolta setzt Boote unter Strom
Der damit verbundene Zeitbedarf bedeutete zusätzliche Risiken und machte die Fertigung eines Elektrofahrzeugs erst ab höheren Stückzahlen wirtschaftlich. Die Batterie von Ecovolta ist dagegen bereits als Gesamtlösung zertifiziert. „Wir schätzen, dass Fahrzeughersteller bei einer beispielhaften Batterie mit einer Betriebsspannung von 48 Volt und einer Kapazität von zehn Kilowattstunden insgesamt 250.000 bis 500.000 Euro Entwicklungs - und Zertifizierungskosten sparen können“, sagt Paul Hauser, Technikchef bei Ecovolta.
Die Evo Traction Battery wird mit Spannungen von 24, 48 und 400 Volt sowie Kapazitäten von 2,5 bis 15 Kilowattstunden angeboten. Die beliebige serielle Verschaltung bis maximal 16 Batterien und die parallele Verschaltung von bis zu 32 Strängen erlauben Batteriespannungen von 24 bis 829 Volt und Gesamtkapazitäten von bis zu rund 7.600 Kilowattstunden.
Ein einzelnes Batteriemodul misst in der Länge 52 Zentimeter und hat eine Breite von knapp 22 Zentimetern – in das italienische Designerboot passt das allemal.
Ein wichtiger Treiber für Stromspeicher werde zukünftig die E-Mobilität sein, prophezeit BVES-Chef Urban Windelen auf der Energy Storage Europe (ESE) in Düsseldorf. „Das wird unser heutiges Energiesystem vom Kopf auf die Füße stellen.“
Speicher im Gewerbe immer gefragter
Die Energiespeicherbranche hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund fünf Milliarden Euro erzielt. Das entspricht einem Wachstum von neun Prozent im Vergleich zu 2017. Besonders Batteriespeicher sind im Kommen.
Die neuen Branchenzahlen haben die Berater von Team Consult im Auftrag des Branchenverbandes BVES erstellt. Die mehr als 200 Mitgliedsunternehmen wurden unter anderem zur Marktentwicklung befragt, rund ein Viertel meldete sich darauf zurück. Den größten Anteil am Umsatz vereinen mit 1,8 Milliarden Euro die Anbieter von Pumpspeichern auf sich.
„Diese herausgerechnet liegt das Wachstum der Branche sogar bei 19 Prozent mehr Umsatz“, sagt Jörg Blaurock von Team Consult. Das eher schwache Wachstum der Industriespeicher konnte durch eine erhöhte Nachfrage von Gewerbespeichern kompensiert werden.
Investoren puschen Heimspeicher
Immerhin 12.100 Menschen arbeiten derzeit in der Branche. Insbesondere die Stimmung bei Herstellern von chemischen, elektrochemischen und thermischen Speichern sei gut.
Ende 2018 waren in Deutschland rund 125.000 Heimspeicher installiert, gut 40.000 Systeme kamen 2018 neu hinzu. Auffällig sei auch, dass nun wieder vermehrt große Unternehmen wie Shell, Siemens, EnBW und Hager durch Übernahmen in den Markt drängen, sagt Windelen. Die Konsolidierung im wachsenden Markt halte weiter an. Im Laufe des nächsten Jahres werde wohl die Marke von 200.000 Heimspeichern geknackt.
Die regulatorischen Hemmnisse gelte es schnell abzubauen, fordert die Branche einhellig. Die EU ist mit ihrer Erneuerbaren- und Binnenmarktrichtlinie schon weiter. Die Bundesregierung mit der Arbeitsgruppe Akzeptanz sollte nun schnell handeln. Die Richtlinie muss bis Mitte 2020 umgesetzt werden. Der erneuerbare Strom sei da, aber die Leistung fehle, Windelen.
Hohe Leistung auf Knopfdruck
Diverse Firmen bieten auf der Messe Strompuffer in Kombination mit Ladesystemen an, die eine hohe Leistung auf Knopfdruck bereitstellen können und so schwache Verteilnetze entlasten. Dazu zählt das Nürtinger Familienunternehmen Ads-Tec. Es bietet skalierbare Systeme ab 19 Kilowattstunden bis in den höheren Megawattstundenbereich. Zudem fokussiert sich die Firma von Thomas Speidel, der auch Präsident des BVES ist, seit mehren Jahren auf netzstützende stationäre Speicher. Schnellladelösungen sollen das bestehende Verteilnetz ohne weiteren Netzausbau nutzbar machen.
Das Speichersystem HPC-Booster mit der entsprechenden Schnellladesäule ermöglicht es, mit bis zu 320 Kilowatt mehrere Hundert Kilometer Reichweite in wenigen Minuten zu laden. Der Clou: Das System ist überall in einem leistungsbegrenzten Verteilnetz leicht integrierbar.
Ads-Tec: E-Mobility und Quartierspeicher
Es hat eine Grundfläche von 1,2 mal 1,2 Metern und eine Kapazität von 140 Kilowattstunden samt Umrichter- und Klimatisierungstechnologie. Die HPC-Lösung wurde zusammen mit der Porsche Engineering Group entwickelt.
Als weitere Lösung für Stromer und als Quartierspeicher bietet die Firma ein Outdoor-Batteriesystem im Minicontainer an. Der sogenannte Powerbooster kann als Servicestation für Netzdienstleistungen im Außenbereich aufgestellt und an einem Verteilnetz mit 400 Volt angeschlossen werden.
Über eine cloudbasierte Plattform von Ads-Tec können alle verteilten Speichersysteme überwacht, gekoppelt und in übergeordnete Managementsysteme der Kunden eingebunden werden. Jede einzelne Zelle wird über ihre gesamte Nutzungsdauer hinweg mit dem eigenen Batteriemanagementsystem kontrolliert. Ergeben sich im Betrieb Abweichungen zu den vereinbarten Betriebsparametern, werden über die Cloud Warnungen an den Betreiber übermittelt. So kann er vorbeugende Wartungseinsätze veranlassen, bevor Schäden drohen.
In Großrettbach, im Landkreis Gotha, ist seit wenigen Monaten der erste Powerbooster im Netzgebiet der TEN Thüringer Energienetze in Betrieb. Das Gebiet bietet mit 370 Kilowatt Leistung aus einer Photovoltaikanlage und einer Verbraucherlast von etwa 70 Kilowatt gute Bedingungen für ein netzdienliches Speichersystem. Denn meist wird überschüssiger Solarstrom über den Ortsnetztransformator ins Mittelspannungsnetz zurückgespeist.
Beck Automation: Akkus aus BMW i3
Die Firma Beck Automation verwendet die originalen Akkus aus dem BMW i3. Die Systeme haben jeweils 33 Kilowattstunden Kapazität pro Einheit und sind ebenfalls skalierbar. Ein Kindergarten bei Würzburg erhielt mit dem Beck-Bess-System eine neu konzipierte Stromversorgung. Der vorhandene Anschluss von 72 Kilowatt des Arealnetzes war für den Neubau nicht mehr ausreichend. Für den Aufzug, die Küche und die dezentrale Warmwasserversorgung wurde mehr Leistung gebraucht.
Die Firma von Geschäftsführer Bernd Baumgartner sitzt selbst in Würzburg. Das installierte System leistet 60 Kilowatt und verfügt über 175 Kilowattstunden Kapazität. Es puffert den Solarstrom einer 45-Kilowatt-Anlage auf dem Dach des Kindergartens. Über ein Energie- und Lastmanagement werden einzelne Geräte nach einer Prioritätenliste zu- und abgeschaltet. „Durch den Speicher konnte auf den Bau einer neuen Trafostation verzichtet werden“, berichtet Baumgartner.
Auch Forscher präsentierten auf der Konferenz sowie als Aussteller neue Entwicklungen. Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) hat seine neu entwickelte keramische Hochtemperaturbatterie Cerenergy für stationäre Batteriespeicher gezeigt. Die Natrium-Nickelchlorid-Batterie basiert im Wesentlichen auf Kochsalz.
Mit Kosten von weniger als 100 Euro pro Kilowattstunde liegt der Preis auf Zellebene bei rund der Hälfte des Preisniveaus von Lithium-Ionen- Akkus. Damit hält die Batterie den Weltrekord für Natrium-Nickelchlorid-Batteriezellen und ist dabei wartungsfrei und sicher.
Kochsalzbatterie kurz vor Fertigung
Das Fraunhofer IKTS stellte eine fertig konfektionierte Batterie mit fünf Kilowattstunden in 20 Batteriezellen vor. Das gezeigte Modul soll in den kommenden Monaten in die Produktionsreife überführt werden. Obwohl die Betriebstemperatur der Cerenergy bei 300 Grad Celsius liegt, sei ihr Betrieb durch eine Vakuumisolation effizient und wirtschaftlich, versichern die Wissenschaftler.
Eine Klimatisierung ist demnach auch bei extremen Umgebungsbedingungen nicht nötig. Ihr Gesamtwirkungsgrad kann sich sehen lassen: Er übersteigt die 90-Prozent-Marke. Die Lade- und Entladeraten liegen bei 0,25 C, kurzzeitig seien auch bis maximal 0,75 C möglich.
Der Energieversorger Wemag aus Schwerin hat vor den Toren der Energy Storage eine Netzstation mit Speicher präsentiert. Die Station befand sich in der Auslieferung zu einem Berliner Kunden.
Wemag: Netzstation mit Speicher
Auf 16 Quadratmeter Fläche bietet die WBS 500 bis zu 1,1 Megawattstunden Kapazität. Gerade Kunden aus Osteuropa nahmen den Container genauer unter die Lupe, aber nicht nur die.
Verbaut sind Batteriezellen von Samsung SDI. Je nach Bundesland ist eine Genehmigung für den Betoncontainer gar nicht erforderlich. Ein weiteres Plus: Mehrere Erlösquellen sichern die Investition ab. Der Speicher stabilisiert die Frequenz, optimiert den Lastgang oder den Eigenbedarf und erhöht die Versorgungsqualität. Im Inselbetrieb ist eine Versorgung mit 400 Volt gewährleistet.
Der Preis der schlüsselfertigen Netzstation liegt bei 625.000 Euro. Eine Station pro Monat kann die Wemag derzeit fertigen, Batteriezellen von Samsung sind für rund ein halbes Jahr auf Lager. Die Zellen sind sehr gefragt am Weltmarkt, das erhöht den Preis. Allen voran Autobauer bestellen immer mehr Akkus für ihre Stromer. Die E-Mobilität ist Treiber und auch Hemmnis für stationäre Speicher zugleich.
Solarwatt
Speichermodule auf 1,5 Megawattstunden skaliert
Für ein stationäres Großspeicherprojekt hat das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) rund 600 Batteriemodule von Solarwatt aus Dresden erhalten. Der Megawattspeicher soll eine Kapazität von rund 1,5 Megawattstunden haben. Bei dem Projekt handelt sich um einen seriennahen Prototyp eines Lithium-Ionen-Großspeichers mit besonders niedrigen Betriebs- und Wartungskosten. Dieser soll in Kürze am KIT in Betrieb genommen werden. Damit wird aus Sicht von Olaf Wollersheim, Geschäftsführer von Solarwatt Innovation, gezeigt, dass mit den Stromspeichern des Unternehmens auch Megawattprojekte möglich sind.
Die modularen Speicherelemente lassen sich flexibel skalieren und seien deshalb die optimale Lösung für alle denkbaren Anwendungsfälle, sagt Wollersheim.
Im Energy Lab 2.0 am KIT werden zukünftige Energiesysteme erforscht. Dabei werden neue Ansätze zur Stabilisierung der Energienetze realitätsnah erprobt. Ein Anlagenverbund verknüpft elektrische, thermische und chemische Energieströme sowie neue Informations- und Kommunikationstechnologien.
E3/DC
AC-Speicher mit integriertem Umrichter
Der AC-Gewerbespeicher von E3/DC eignet sich insbesondere für den Nachrüstbetrieb von Photovoltaikanlagen. Das senkrecht aufzustellende Gehäuse verfügt über vier Fächer, in denen die einzelnen Module des Quattroporte senkrecht neben- und übereinander eingeschoben werden. Die maximal nutzbare Batteriekapazität in einem Quattroporte beträgt 26 Kilowattstunden (vier Module). Mehrere Einzelsysteme können zu einem System mit bis zu 78 Kilowattstunden zusammengeschlossen werden. Über das sogenannte Energiefarming können aber weitere Systeme miteinander verbunden werden.
Die einzelnen Komponenten des Quattroporte werden über die Kommunikationsschnittstelle, das Connector-Modul, verbunden. Es gibt vier Batterieanschlüsse und drei Umrichteranschlüsse.
Die Quattroporte-Serie liefert bei Stromausfall am Batteriewechselrichter in einem separaten Netzanschluss bis zur Leistung der Batterie und bis die Batterie entladen ist, noch Strom. Somit besteht für ausgewählte Verbraucher eine Notstromversorgung.
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