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Gigafab ohne Hierarchie

Gigafactory war das Schlagwort der vergangenen Monate in der Speicherszene. Europa braucht sie, Peter Altmaier will sie – und das am liebsten in Deutschland. Dabei geht es um eine eigene Zellfertigung für Strompuffer, um einen höheren Anteil der Wertschöpfung im Land zu halten.

In der Lutherstadt Wittenberg entsteht nun immerhin eine Gigafabrik für Batteriespeichersysteme, wenn auch nicht für Zellen. Die kommen weiter aus Südkorea von Samsung SDI. Tesvolt will eine jährliche Produktion von mehr als einer Gigawattstunde aufsetzen. In einem innovativen Produktionsprozess sollen die Speicher flexibel und effizient in Serie gefertigt werden. „Die millionenschwere Investition in die Gigafactory finanziert die junge Firma ohne staatliche Fördermittel“, betont Daniel Hannemann, Gründer und Geschäftsführer von Tesvolt. Lediglich die Fertigungslinien würden zu rund zehn Prozent von der EU gefördert.

Erste Ausbaustufe im Juni fertig

Der erste Bauabschnitt über 12.000 Quadratmeter Fläche wird noch im Juni 2019 fertig sein. Später soll diese Fläche auf 20.000 Quadratmeter ausgebaut werden. Die Zahl der Mitarbeiter soll sich von 60 auf 120 Angestellte verdoppeln. Es wächst etwas Großes in Wittenberg. „Der Weltmarkt für stationäre Energiespeicher hat bereits eine Gesamtkapazität von 16 Gigawattstunden erreicht“, sagt Hannemann. Er hat Tesvolt erst vor fünf Jahren zusammen mit Technikchef Simon Schandert gegründet.

Die Technik für die halbautomatisierte Produktion liefert der Maschinenbauer Teamtechnik, der auch für viele namhafte Autohersteller Linien baut. Eine hohe Kompetenz bei Hard- und Software sorgt für eine effiziente Serienfertigung. Jedes Batteriemodul wird automatisiert auf die Funktionstüchtigkeit geprüft, jeder Prozessschritt wird datentechnisch erfasst und kann zurückverfolgt werden. Die Elektromobilität wird zum wichtigsten Treiber für Gewerbespeicher.

Tesvolt 2.0: entscheiden im Team

Aber das ist noch nicht alles. Die neue Fertigung, Lager und Büros sollen zu 100 Prozent mit Solarenergie arbeiten. Eine Photovoltaikanlage mit 200 Kilowatt Leistung wird den nötigen Strom liefern, der überschüssige Strom wird in werkseigenen Batterien mit 350 Kilowattstunden Kapazität gespeichert. Auch die Heizung wird mit Solarstrom laufen. Hier hilft eine Hochtemperatur-Wärmepumpe, die ausschließlich ein natürliches Kältemittel verwendet. Auf umweltfreundliche Technik wird in der gesamten Bandbreite geachtet.

Das schnelle Wachstum hat schon viele Start-ups vor Probleme gestellt. Hannemann und Schandert haben vor einem Jahr die Hierarchien im Unternehmen kurzerhand abgeschafft, weil sich die Produktivität durch das starke Wachstum verlangsamte. Alle Entscheidungen werden nun im zuständigen Team getroffen. „Ein offenes Büro mit sehr vielen Kommunikationsinseln, aber auch Rückzugsflächen, das ist für uns das Arbeiten 2.0“, erklärt Simon Schandert.

470 Aussteller zeigen Speicherlösungen

Die Fachmesse EES Europe präsentierte in diesem Jahr rund 470 Anbieter von Speichersystemen. Dabei ging es vor allem um die intelligente Integration der Speicher ins Energiesystem und um die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität. Gerade die elektrisch angetriebene Flotte wird künftig der Treiber für Strompuffer im Gewerbe sein.

Der Aufschwung des Energiespeichermarktes setzt sich auch 2019 weiter fort. Laut einer aktuellen Analyse von Delta EE hat der europäische Markt 2018 um 75 Prozent zugelegt. Das entspricht einem absoluten Wachstum von mehr als 1,2 Gigawatt installierter Leistung. Für 2019 wird dabei mit einem erneuten Marktwachstum von zwölf Prozent gerechnet.

Gute Stimmung in der Branche

Der globale Energiespeichermarkt, ohne Pumpspeicherwerke, wird laut der Jahresprognose des Marktforschungsunternehmens Bloomberg New Energy Finance bis 2040 auf eine kumulierte Leistung von 942 Gigawatt beziehungsweise 2.857 Gigawattstunden wachsen. Demnach sollen Investitionen über 620 Milliarden US-Dollar fließen. Die Besucher konnten die gute Stimmung bei den Firmen in der Branche auf der Fachmesse EES in München über die gesamten drei Tage spüren.

Das Hauptwachstum in Europa erfolgt laut Marktforschern sowohl in den Segmenten Heim-,Gewerbe- als auch bei Industriespeichern. Der deutsche Markt rangiert aktuell weltweit auf dem dritten Platz hinter den USA und Australien – wird aber vermutlich im Laufe des Jahres ebenso wie Australien von China überholt werden. Energiespeicher werden immer vielfältiger und entwickeln sich damit zu Schlüsseltechnologien für die Energiewende, da sie Erzeugung und Verbrauch immer effizienter entkoppeln und Stromnetze stabilisieren.

CATL erstmals auf der EES

Das erste Mal auf der Messe präsentiert sich der chinesische Zellhersteller CATL in München. Das Unternehmen hat sich an großen nationalen Projekten beteiligt: Dabei ging es um Chinas größtes Hybridkraftwerk mit Batteriespeichersystem. Es nutzt Windkraft, Photovoltaik und Solarthermie und integriert diese zusammen in ein System mit einem Energiespeicher.

Zellproduzent CATL konzentriert sich derzeit auf die Entwicklung von großen Projekten zur Stromerzeugung, -übertragung und -verteilung, vor allem in Europa und den USA. Mit drei großen Produktionsstandorten in China und einem in Deutschland ist das Unternehmen für die Serienfertigung bereits gut aufgestellt. Der Konzern nutzt die Batterietechnologie auf Basis von Lithium-Eisenphosphat, weil die elektrochemischen Eigenschaften eine Lebensdauer von bis zu 12.000 Ladezyklen versprechen. Kunden wie BMW, Volkswagen und Ford nutzen die Zellen von CATL für ihre Elektroautos.

Bluesky: Einfach und schnell installiert

Die Entwickler der österreichischen Firma Bluesky Energy haben bei dem Modell Greenrock Business sehr viel Wert auf eine einfache und schnelle Installation für den Installateur vor Ort gelegt. Bis zu drei Batteriemodule lassen sich platzsparend übereinander stapeln. Das notstromfähige System ist seit Anfang 2019 in Deutschland verfügbar und mit Speicherkapazitäten von 30 bis 270 Kilowattstunden skalierbar. „Es basiert auf einer Salzwassertechnologie und besteht durchgehend aus ungiftigen und nachhaltigen Materialien“, versichert Helmut Mayer. Er ist Gründer und Technikchef der Bluesky Energy.

Ein besonderer Vorteil des Salzwasserspeichers liegt darin, dass er direkt in einer Garage, Lager- oder Produktionshalle platziert werden kann, da aufgrund des pH-neutralen Elektrolyten aus Salzwasser keinerlei zusätzliche Baumaßnahmen für einen besonders ausgestatteten Batterieraum nötig sind. Der Salzwasserspeicher kommt nach Angaben der Firma bereits auf Bauernhöfen, Hotels und Schulen in Österreich, Schweden und der Schweiz zum Einsatz. Viele Kunden überzeugt demnach gerade die Sicherheit des Systems.

Energiemanager integriert Verbraucher

Neben dem Gewerbespeicher hebt Firmengründer Mayer das Energiemanagementsystem in München besonders hervor. Das intelligente System steuert und überwacht die Energieflüsse über eine App und optimiert so den Eigenverbrauch. Wärmepumpen, Wallboxen oder Warmwasserboiler werden durch die Software in das System integriert. Die intelligente und vorausschauende Steuerung sorgt dafür, dass energieintensive Verbraucher erst gestartet werden, wenn genügend Sonnenenergie vorhanden ist. „Das EMS ist aber auch ohne Speicher erhältlich, um die Energieflüsse einer Solaranlage zu analysieren“, erklärt Mayer.

Ein zweiter Salzspeicher kommt von den Schweizer Alpennachbarn Innovenergy aus Meiringen. Geschäftsführer Max Ursin präsentierte die Lösung unter anderem auf dem EES-Forum. Er ist seit 2013 selbstständiger Unternehmer. Zuvor arbeitete er 25 Jahre in der Energiewirtschaft, zuerst als Bauingenieur für kleinere Wasserkraftwerke in der Schweiz und Nepal, später für größere Wasserkraftanlagen bei den Kraftwerken Oberhasli.

Innovenergy: puffern in Salzschlacke

Bei der Salzbatterie handelt sich um eine Festkörperbatterie, die in einem Temperaturfenster zwischen 250 und 350 Grad Celsius arbeitet. Sie besteht aus 32 Prozent Kochsalz und enthält je 22 Prozent Nickel und Eisen sowie 20 Prozent Keramik.

Für den Einsatz in Afrika oder anderen warmen Regionen ist das ideal. Die Batterie ist leicht und kann in Bussen oder Nutzfahrzeugen eingesetzt werden. Klein ist sie allerdings nicht, weil eine relativ dicke Isolierschicht sie umhüllt.

Ursprünglich wurde diese Batterie vom Autobauer Daimler-Benz in den 1990er-Jahren für die Elektromobilität entwickelt, für Sportwagen ist die Salzbatterie keine Lösung. Unternehmen aus der Telekommunikation nutzen den Strompuffer als Back-up, hier steckt seit Jahren ein großer Absatzmarkt. Das große System von Innovenergy Salimax liefert 18 Kilowatt Leistung und 44 bis 150 Kilowattstunden Energie. Eine Entladung mit einer 1C-Rate ist immerhin möglich. Auch kleinere Systeme hat die Firma im Portfolio, ab neun Kilowattstunden.

Eine billige Lösung kommt aber nicht aus der Schweiz. „Die Kosten liegen etwa zehn bis 15 Prozent über denen eines Lithium-Ionen-Systems“, erklärt Ursin. Allerdings würden seine Kosten mit einem größeren Absatz noch um einiges sinken. Mit 150 verkauften Systemen rechnet er in diesem Jahr. In der Schweiz sind die Stromkosten mit umgerechnet 20 Eurocent aber nicht so hoch wie hierzulande. Das bremst den Absatz noch etwas, weil das Einsparen von Stromkosten eines der stärksten Verkaufsargumente ist.

BYD: Programm für Installateure

Mit BYD stellte ein weiterer chinesischer Konzern in München aus. BYD sieht eine wachsende Nachfrage nach Energiespeichersystemen für kommerzielle und industrielle Anwendungen. Das Unternehmen hat auf der EES Europe die neue BYD B-Box Commercial vorgestellt.

Das Speichersystem Battery-Box Commercial auf Basis von Lithium-Eisenphosphat soll bald in drei Versionen verfügbar sein: Mit 57, 154 und 233 Kilowattstunden, bei je 770 Volt Spannung. Alle Versionen sind zertifiziert (CE-IEC 62619) und beinhalten einen 88K-Refu-Hybridwechselrichter sowie einen Energiemanager. Das System kommt auch für das Gewerbe mit vorinstallierten Komponenten.

Der Energiespeicher unterstützt eine Vielzahl von Anwendungen, darunter Eigenverbrauch, Peak-Shaving, Notstrom, Frequenzregulierung sowie das intelligente Einbinden von Elektrofahrzeugen. So wird die Amortisationszeit des Speichers deutlich reduziert. Das Plug-and-play-Design macht die Installation vor Ort für alle Installationspartner und Endkunden einfach und schnell.

Zudem kündigte der Konzern ein neues Partnerprogramm in Europa an. Installateure sollen mehr Unterstützung und zusätzliche Anreize erhalten. Es gilt, Partner an den Margen zu beteiligen, wenn der Markt weiter wachsen soll.

www.ees-europe.com

Hanwha Q-Cells

Modulhersteller wird zum Stromversorger

Als erster Solarmodulhersteller bietet Hanwha Q-Cells eine eigene Cloud neben zwei eigenen Speichersystemen an. Seine neue Stromtariflösung Q-Energy ist bereits seit April 2019 in Deutschland eingeführt. Privatkunden sollen so 100 Prozent Ökostrom nutzen können – und das mit oder ohne eigene Solaranlage, verspricht der Modulhersteller. Dabei existieren die zwei Tarifvarianten Basic und Smart. Der Basic-Tarif ist für alle, die sich mit Grünstrom unabhängig machen wollen von den großen Stromlieferanten. Gegen eine monatliche Grundgebühr und einen Kilowattstunden-basierten Preis können sie Ökostrom über Q-Cells beziehen.

Mit Smart-Tarif geht Q-Cells nach eigenen Angaben neue Wege: Dieser fußt auf dem stündlich aktualisierten Ökostrompreis an der Strombörse. Die Kunden erhalten dabei täglich eine Vorhersage für den Folgetag. Den nutzen sie, um ihren Stromverbrauch entsprechend dem Börsenpreis der jeweiligen Uhrzeit zu optimieren. Durch die gezielte Verlagerung des Stromverbrauchs in ertragsstarke und somit kostengünstigere Zeiten können die Stromkosten deutlich reduziert werden. Die Kunden entscheiden, wann sie ihre Waschmaschine betreiben oder ihr Elektrofahrzeug aufladen. Weitere Produkte seien bereits eingeführt oder in Vorbereitung, etwa Angebote zur Direktvermarktung für gewerbliche Solarkunden oder eine Wallbox.

Anfang des Jahres hat Q-Cells einen skalierbaren Speicher für Hauseigentümer und Kleinunternehmen mit hybridem Wechselrichter auf den Markt gebracht. Er heißt Q-Home ESS HYB-G2 und liefert ab vier und bis zu 20 Kilowattstunden. Im Foto präsentiert Teamleiterin Madlen Apel die neuen Systeme.

www.hanwha-qcells.com

Fenecon

Open EMS hat den Durchbruch geschafft

Die Energieplattform Open EMS hat sich in der Branche etabliert. „Im November haben wir den Trägerverein gegründet, derzeit sprechen wir mit vielen neuen Mitgliedern“, sagt Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer von Fenecon aus Deggendorf. Er ist einer der Initiatoren des Open-Source-Systems für das Energiemanagement.

Fenecon nutzt Open EMS beispielsweise als Energiemanagementsystem für seine Speichersysteme. Das Geschäft läuft außerordentlich gut. „Wir vertreiben unter anderem die Hochvoltbatterie B-Box von BYD“, erläutert Feilmeier. „Sie ist bis Ende September 2019 bereits ausverkauft. Wir haben daraus ein Gesamtsystem gemacht, damit der Kunde nur einen Ansprechpartner hat, mit Open EMS und allen Garantien.“ Die B-Box wird als Fenecon Pro Hybrid 10-Serie installationsfertig ausgeliefert. Das dreiphasige System hat zwischen fünf und 30 Kilowattstunden Speicherkapazität und bringt zehn Kilowatt Leistung zum Laden und Entladen auf.

Zur Speichermesse EES Europe in München stellte das Unternehmen von Franz-Josef Feilmeier unter anderem den neuen Gewerbespeicher Commercial 30/30 vor. Der Hochvoltspeicher kann mit 1C entladen (30 Kilowatt). „Das ist ein interessanter Puffer für die E-Mobilität, um die Spitzenleistung am Stromnetz zu begrenzen“, meint Franz-Josef Feilmeier. „Damit haben wir eine Standardlösung geschnürt, die alle Wünsche abdeckt, bis hin zur Abrechnung.“ In München war auch die Serie Fenecon Commercial 50 zu sehen, ab 50 Kilowatt Leistung und ab 60 Kilowatt Batteriekapazität aufwärts. (HS)

www.fenecon.de

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