Die Vanadium-Redox-Flow-Batterie (VRFB) musste bis Anfang der 80er-Jahre erforscht werden, um in die Welt per Patent geboren zu werden. Trotz anfänglicher Euphorie und vieler Hunderte Projekte ist es nicht nur der VRFB, sondern auch anderen Redox-Flow-Technologien nur bedingt gelungen, den Beweis für die industrielle Nutzung im Megawattbereich anzutreten.
Nachrichten von EWE über den Abbruch des 700-Megawattstunden-Kavernenspeichers oder die Pausierung des 800-Megawattstunden-Projekts in der chinesischen Dalian-Provinz aufgrund kaufmännischer Betrachtungen weisen klar darauf hin: Lieferketten, Materialpreise und Produktreifegrade müssen wesentlich verbessert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit gegen Batteriekonkurrenten wie Lithium oder Wasserstoff sicherzustellen.
Langlebige Anwendungen
Tatsächlich haben Flow-Batterien das breiteste technische Spektrum aller elektrochemischen Batterien: Sie reagieren in Millisekunden bis hin zu Tagen. Doch jede Technologie bringt in unterschiedliche Anwendungen das jeweils bestmögliche Preis-Leistungs-Verhältnis. Auch wenn fast alle Stromhandelsmärkte im Wesentlichen die Bereitstellung von Leistung vergüten, ist ein langsames Umdenken erkennbar.
Deshalb sollten aktuelle Flow-Batterien so konzipiert sein, dass sie sich kommerziell am besten für energiezentrische, langlebige Anwendungsfälle im mittleren Stundensegment eignen. Sie sollten gar nicht erst den Versuch starten, die Lithiumbatterie im Minuten- bis knapp Zwei-Stunden-Segment zu attackieren. Auch die Überlegung, sie als saisonale Speicher einzusetzen, ist überflüssig, da die Power-to-X- und Wasserstoffindustrie ihr Marktsegment trotz schlechter Energieeffizienz und fehlender Marktreife bereits politisch gesichert haben.
Die Stärken ausspielen
Zudem liegen die Stärken der Flow-Batterie woanders, diese gilt es auszuspielen. Als Erstes ist eine Redox-Flow am besten in Kombination mit großen erneuerbaren Erzeugungsanlagen wie Solaranlagen oder Windkraftwerken geeignet. Die Integration steht zwar momentan im Vordergrund, doch bis zur „grünen Grundlast“, Renewable Baseload genannt, ist es nicht mehr weit. Die Redox-Flow-Batterie ist zudem perfekt für industrielle Microgrids geeignet, da hier Leistungs- und Energieanforderungen wie Spitzenlastkappung, NEV-19-Bedarfe, Erhöhung des Eigenverbrauchs, Netz-Engpass-Management und sogar echte USV gleichermaßen und vor allem über nur eine einzige Technologie abgedeckt werden können.
Großes Potenzial im Reservemarkt
Das größte Potenzial – aber auch die größte Herausforderung – liegt in der Teilnahme an Reserve- und Kapazitätsmärkten, insbesondere wenn mehr als zwei, drei oder sogar vier Zyklen am Tag für die Vermarktung an Strombörsen benötigt werden. Dies ist natürlich ein besonderes Wettbewerbsumfeld, da sich hier alle Erzeugungstechnologien in unterschiedlichen Abschreibungsmodi tummeln und ein „Level Plainfield“ der Anbieter häufig schwierig ist. Doch ein Durchbruch in diesem Markt wird wegbereitend sein.
Lithium scheidet aufgrund der benötigten hohen Zyklisierung schnell aus. Bei zunehmendem Einfluss der Emissionen von Kohlendioxid und Feinstaub werden konventionelle Kraftwerke nicht mehr rentabel betrieben werden. Insbesondere das Ein- und Vier-Stunden-Segment sind wegen der hohen Volatilität im Preis zu bevorzugen.
In Summe sollten wir nicht vergessen, dass es immer um die Kosten und zunehmend um die Nachhaltigkeit unserer Energieversorgung geht. Und da Photovoltaikstrom und Windkraft mittlerweile nachweislich die niedrigsten Gestehungskosten haben, muss bei Neuanlagen der beste Weg zur Verbesserung und Stabilisierung dieser erneuerbaren Stromerzeugung gesucht werden.
Vanadium hat die Nase vorn
Für industrielle Anwendungen im Megawattbereich unter normalen Betriebsbedingungen kann dies bei Speichern aktuell nur die Vanadium-Redox-Flow-Technologie sein. Bei vorsichtigen Schätzungen liegt die durchgespeicherte Kilowattstunde bereits bei unter drei bis sechs Cent und schlägt damit die Lithiumbatterie.
So sehr eine Flow-Batterie auf der Basis von Salzwasser, organischer oder eisenbasierter Elektrolyte oder anderen umweltfreundlichen Stoffen verlockend ist, so sehr ist festzuhalten, dass diese Technologien den technischen Reifegrad für die industrielle Großnutzung noch nicht erreicht haben oder nicht wirtschaftlich umsetzbar sind.
Über den fachlichen und wissenschaftlichen Diskurs ist bekannt, dass die Probleme in Bezug auf Lebenserwartung, Abnutzung, Stabilität der Eigenschaften sowie industrielle Massenfertigung bei vielen Flow-Batterien noch nicht gelöst wurden.
Cellcube rollt weltweit aus
Im Umfeld von Vanadium-Redox-Flow-Batterien sind laut Auskunft der Anbieter aus England, den USA, Kanada, China oder Österreich nun die technischen Probleme gelöst. Der Schwerpunkt liegt auf der Skalierung. Nun beginnt die heiße Phase der Industrialisierung für die Redox-Flow-Batterien.
Wenn also Milliarden Euro in die Förderung von Lithium und Wasserstoff gesteckt werden, sollte auch die Redox-Flow-Batterie mit ihren vielen Vorteilen stärker in den Blickpunkt der Investoren rücken.
Cellcube aus Österreich hat diese Hürde für eine erste Phase gemeistert und nimmt nun als einer der wenigen europäischen Anbieter den Weltmarkt in Angriff. Gerade wurde die neueste Generation mit verbesserter Leistung, Effizienz und Preis präsentiert.
Enerox ist Teil der Cellcube Energy Storage Systems Group. Das Unternehmen aus Österreich erforscht, produziert und liefert seit 1999 Vanadium-Redox-Flow-Batterien, bekannt unter dem Namen Cellcube. Bisher wurden insgesamt 135 Anlagen weltweit in alle Kontinente geliefert.
Vattenfall
Windpark Haringvliet im Süden Hollands mit Solarmodulen und Stromspeichern veredelt
Vattenfall baut sein erstes Hybridkraftwerk im Süden Hollands: Windkraft und Solarenergie zusammen, in Kombination mit einem großen Batteriespeicher. Denn diese Lösung verspricht Effizienzgewinne.
50 Kilometer südwestlich von Rotterdam entsteht gerade das erste Onshore-Hybridkraftwerk des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall. Dieses durch das Unternehmen eigens konzipierte und umgesetzte Kraftwerk wird aus Windenergie und Photovoltaik bestehen, beide jeweils durch einen Batteriespeicher unterstützt.
61 Millionen Euro investiert
Die Windanlage wurde schon im letzten Jahr geplant und befindet sich bereits in der Bauvorbereitung. Die Inbetriebnahme der gesamten Anlage ist für das zweite Halbjahr 2020 geplant. Die Anlage stellt eine beträchtliche Investition dar.
Insgesamt 61 Millionen Euro wird Vattenfall in das Kraftwerk stecken. Es besteht aus sechs Nordex-Windrotoren mit insgesamt 22 Megawatt Leistung, einem 30 Hektar großen Solarpark mit 38 Megawatt und einem Batteriespeicher mit zwölf Megawatt Speicherleistung. Der Photovoltaikpark ist zugleich Vattenfalls bis jetzt größtes Solarprojekt.
Gleichmäßige Erzeugung übers Jahr
Nicht nur verspricht die doppelte Nutzung der verfügbaren Fläche eine erhöhte Effizienz pro Hektar. Sondern Hybridanlagen wie der geplante Energiepark Haringvliet-Zuid sorgen für weniger ausgeprägte Erzeugungsspitzen, was zu insgesamt weniger Zeiten ohne Stromeinspeisung führt. Zusätzlich gleicht der leistungsstarke Speicher wetterbedingte Ertragsausfälle aus und stellt unter anderem Regelenergie für das Stromnetz bereit. Die BMW-Batterien sind in zwölf handelsüblichen Seecontainern untergebracht.
Der Autor
Alexander Schönfeldt
ist seit Juli 2019 Geschäftsführer der Enerox GmbH. Sein Spezialgebiet ist das Management von Transformation und die Kommerzialisierung von technischen Lösungen in der Energiebranche. Zu seinen globalen Markteinführungen in den letzten 20 Jahren gehören spezielle Anwendungen zur Abrechnung, Real-Time-Dashboards in Kraftwerken, Stationsautomatisierung von Umspannwerken, Mobile-Scan-Lösungen oder die Installation von fast 100 Megawatt Batteriekraftwerken.