Mowea steht für modulare Windenergieanlagen. Das Berliner Startup ist ein Spin-off der TU Berlin und hat im vergangenen Jahr eine neue Mikrowindanlage mit 500 Watt vorgestellt. Der Clou: Die Windanlagen können ähnlich wie Solarmodule zu einem Kraftwerk kombiniert werden. Ein Energiemanagement steuert dann mehrere Windturbinen gleichzeitig.
Der Hersteller beschreibt das Konzept aus flexiblen Module als eine Lösung, die nach dem Lego-Prinzip funktioniert – quasi ein Baukasten für Fortgeschrittene: Die Mikrowindturbinen werden vor Ort direkt in vorhandene Architektur oder Infrastruktur integriert, wie beispielsweise an Funkmasten.
Mikroturbinen in Solarsysteme integrieren
Zusammen mit dem Mobilfunkanbieter Vodafone startete Mowea bereits Ende 2019 ein Pilotprojekt. Anfang 2022 hat das Start-up dann einen ersten Auftrag über 752 Windkraftanlagen von Vantage Towers erhalten, einem Tochterunternehmen von Vodafone. „Die Windturbinen verfügen über eine Internetverbindung und Sensoren, sodass eine intelligente Remote-Steuerung und Fernwartung möglich wird“, erklärt Firmengründer Till Naumann. Die Mikroturbinen können zudem gut in bestehende Solarsysteme integriert werden. Auch das eröffnet viele neue Chancen für die Montage. In Deutschland hat Mowea alle Funkmasten von Vantage Towers analysiert und dabei über 1.000 Funkmasten identifiziert, bei denen die Turbine geeignet wäre.
Stromkosten um zwei Drittel gesenkt
Bis zu zwei Drittel des Strombedarfs der Funkmasten kann so durch die Kleinwindanlagen gedeckt werden. Der Strom wird nur vor Ort verbraucht und nicht ins Stromnetz eingespeist. Eine Plug-and-play-Schnittstelle ermöglicht die einfache Integration ins Energiemanagementsystem eines Mobilfunknetzes.
Das funktioniert nicht nur in der Telekommunikation, sondern auch auf Immobilien oder bei industriellen Anwendungen. Die kleinen Windkraftanlagen können von den Kunden je nach Bedarf flexibel kombiniert und in bestehende Infrastrukturen integriert werden. Die Nachfrage ist da. In der ersten Serienproduktion wurden 2022 bereits 1.000 Turbinen gefertigt.
Ende Oktober 2022 hat das Start-up weiteres Geld über eine Crowdinvesting-Kampagne auf der Plattform Econeers eingeworben. 864 Kleinanleger investierten 1,4 Millionen Euro. Mowea wurde zudem als Newcomer in den Kleinwind-Marktreport 2022 von Patrick Jüttemann aufgenommen. Hier werden nur Hersteller vorgestellt, die auch über eine unabhängige Referenz verfügen. Das muss allerdings keine Zertifizierung nach IEC 61400-2 sein, weil das für Mikrowindanlagen viel zu teuer wäre und der Aufwand somit in keinem Verhältnis steht.
Einspeisetarif 7,4 Cent pro Kilowattstunde
2022 war für die Kleinwindbranche insgesamt kein leichtes Jahr. „Wie bei der Photovoltaik konnten Komponenten nicht geliefert werden, alles ist teurer geworden“, berichtet Experte Jüttemann. Positiv sei, dass sich die Nachfrage nach kleinen Anlagen deutlich erhöht habe. Während sich bei Photovoltaik bezüglich Einspeisetarifen und neuen Geschäftsmodellen allerdings einiges getan hat, ist die Lage bei der Kleinwindkraft unverändert schwierig. Der Einspeisetarif für die kleinen Windgeneratoren liegt bei 7,4 Cent pro Kilowattstunde. Das lohnt sich kaum. Es muss vor allem darum gehen, den Windstrom selbst zu verbrauchen und die Energiekosten zu senken.
Für die Firma Braun Windturbinen aus Nauroth ist das vergangene Jahr gut gelaufen. In Deutschland wurden rund 40 Anlagen installiert, meist Antaris-Anlagen mit 5,5 und 7,5 Kilowatt, berichtet der technische Leiter Rüdiger Braun. Allerdings hakt es in den Behörden: „Noch immer fehlt ein einheitliches Baurecht. Selbst im gleichen Bundesland handeln die Bauämter unterschiedlich“, beschreibt Braun die Hindernisse für kleine Windgeneratoren.
Bis 15 Meter ohne Genehmigung
Dass nun im Bundesland Niedersachsen Anlagen bis 15 Meter Gesamthöhe ohne Genehmigungsverfahren errichtet werden können, sei ein positives Beispiel, erzählt der Kleinwindpionier. Aktuell sind nach Angaben von Rüdiger Braun weltweit rund 5.200 Antaris-Anlagen installiert. Viele der Interessenten bestellen bei ihm über die Homepage. Meist sind es Privatkunden, die bei ihm ordern.
Neben kleinen Windturbinen und Mikroturbinen gibt es auch relativ leistungsstarke Lösungen. Der Hersteller Leitwind mit Hauptsitz in Italien bietet immerhin eine Anlage mit 250 Kilowatt an. Entscheidend ist dabei die Gesamthöhe, also die höchste Flügelspitze über dem Grund. Wenn die Gesamthöhe 50 Meter nicht überschritten wird, darf man im Prinzip die Windanlage auf das eigene Betriebsgelände oder Grundstück stellen.
Die Leitwind LTW42 bleibt unter 50 Metern
„Die 250-Kilowatt-Maschine von Leitwind ist die wohl ertragsstärkste Kleinwindkraftanlage auf dem Markt“, erklärt Marktkenner Jüttemann. An einem windstarken Standort mit fünf Metern pro Sekunde mittlerer Windgeschwindigkeit produziert so eine Anlage nach Herstellerangaben mehr als 600.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Das kleinste Modell des Herstellers heißt LTW42. Mit der Gesamthöhe von nur 49,5 Metern erfüllt sie also die Kriterien für eine vereinfachte Genehmigung gegenüber Großwindanlagen.
Diese Kleinwindanlagen werden durchaus von stromintensiven Betrieben geordert. Trotzdem gibt es eine Untergrenze für die Maße und Leistung einer Kleinwindanlage, wenn sie konkurrenzfähig Strom erzeugen soll. Der Generator sollte schon über zehn Kilowatt Leistung verfügen und die Anlage über einer Höhe von 25 Metern liegen.
Unabhängige Referenzen einholen
Generell sollte man nicht nur die Informationen des Herstellers oder dessen Vertriebspartners als Grundlage nehmen, mahnt Jüttemann, der den Kleinwindmarkt seit vielen Jahren beobachtet. Wichtig sind deshalb unabhängige Referenzen, die belegen, dass eine Windanlage dauerhaft gut funktioniert und zuverlässig Strom produziert. Auch während Sturmperioden, die Sicherheitssysteme müssen funktionieren. Ein Tipp vom Experten: Bevor man sich mit einzelnen Kleinwindanlagen beschäftigt, sollte geprüft werden, ob es sich um einen windstarken Standort handelt.
Die Technologie der Kleinwindkraftanlage ist und bleibt weiter ein Nischenprodukt. „Die Gründe hierfür sind unter anderem, dass es erheblich schwieriger ist, eine zutreffende Prognose des Ertrages und somit der Wirtschaftlichkeit zu erstellen, als dies beispielsweise bei Photovoltaik der Fall ist“, heißt es auch im Resümee der „Potenzialstudie Kleinwindkraftanlagen auf Münchner Gebäuden“ von der Firma Team für Technik. Hinzu kommen eine für den Endkunden undurchsichtige Genehmigungslage, die fehlende Normung der Anlagen sowie fehlende Standards.
Urbane Gebiete stellen höhere Anforderungen
Bei unabhängigen Langzeittests in Österreich fielen einige Anlagen aufgrund von Materialschwachstellen aus und auch die vom Hersteller angegebene Leistungskurve konnte nicht reproduziert werden oder wurde stark unterschritten, schreiben die Autoren. Dennoch gibt es auch Hersteller, die hochwertige Anlagen herstellen und deren Anlagendaten bestätigt werden konnten. Auch das bescheinigt die Studie von August 2022.
In urbanen Gebieten sind die Anforderungen an den Einsatz der Technologie sogar noch höher. „Die aufgrund von Schallschutzanforderungen voraussichtlich notwendigen Abstände stellen ein weiteres wesentliches Hindernis in weiten Teilen des Stadtgebietes dar.“ Die Wirtschaftlichkeit der Anlagen ist in den meisten der betrachteten Szenarien der Studie um ein Vielfaches schlechter als bei Photovoltaik. Die Stromgestehungskosten liegen je nach Nabenhöhe zwischen 58 Cent pro Kilowattstunde bei 20 Metern, 41 Cent bei 30 Metern und 26 Cent bei 60 Metern.
Ab 8.500 Kilowattstunden im Jahr wirtschaftlich
Bei einer Eigenverbrauchsquote von 100 Prozent und einem Strompreis von 28 Cent pro Kilowattstunde sind Anlagen mit 5,5 Kilowatt Leistung ab einer Jahresproduktion von rund 8.500 Kilowattstunden wirtschaftlich. Dieser Ertrag wird ungefähr bei 40 Metern Nabenhöhe erreicht. Hier hilft natürlich der aktuell steigende Strompreis.
Die Kombination von Photovoltaik und Kleinwind bietet viele Vorteile, weil sich beide Stromerzeugungsprofile sehr gut ergänzen. Der Stromverbrauch ist in der kalten Jahreszeit beispielsweise durch den Einsatz von Wärmepumpen deutlich höher. Windräder liefern genau dann mehr Strom. Beide Technologien könnten also zusammen auf einem Gründach installiert werden. Die modulare Kleinwindanlage von Mowea könnte auch hier zum Einsatz kommen.
Skysails Power
Mauritius: Flugdrachen liefern grünen Strom
Ein 120 Quadratmeter großer Drachen fliegt über die Zuckerrohrfelder der Insel Mauritius im Indischen Ozean. Das Besondere: Er fängt den Wind in mehreren Hundert Metern Höhe und macht daraus grünen Strom. Dahinter steckt die deutsche Firma Skysails. Betrieben wird die revolutionäre Technologie von Skysails Power Indian Ocean. Das ist ein Zusammenschluss der Firma Skysails Power aus Hamburg und der mauritischen IBL Energy. Nach Abschluss der Installationsarbeiten und der Inbetriebnahme hat der Netzbetreiber CEB die Einspeisung genehmigt. Damit ist die Netzkonformität des Systems bestätigt. Die Republik Mauritius will bis 2030 einen Anteil von 60 Prozent Ökostrom am Strommix erreichen.
Gestützt auf die Ergebnisse des ersten Projektes beabsichtigt Skysails, die Technologie zusammen mit IBL in Ostafrika und im Indischen Ozean einzuführen. Und so funktioniert das System: Flugwindkraftanlagen nutzen den Höhenwind in bis zu 400 Metern. Zur Energiegewinnung steigt durch den Wind ein automatisch gesteuerter Flugdrachen auf. Während er an Höhe gewinnt, wickelt er ein Seil von einer Winde am Boden ab. Die daraus entstehende Zugkraft treibt einen Generator in der Winde an, der Strom erzeugt.
Sobald das Seil seine maximale Länge von 800 Metern erreicht hat, steuert der Autopilot den Drachen in eine neutrale Position mit minimalem Widerstand und Auftrieb. Der Generator, der dafür nur einen Bruchteil der zuvor erzeugten Energie verbraucht, fungiert als Motor und rollt das Seil ein. Das System wiederholt diesen Vorgang kontinuierlich und lässt den Drachen in einer Höhe von 200 bis 400 Metern fliegen. Die von der Flugwindkraftanlage erzeugte Energie kann ins Stromnetz eingespeist, in Batterien gespeichert oder direkt verbraucht werden.