Fast waren sie schon beerdigt, die Kombisysteme aus Solarmodul und Sonnenkollektor. Doch nun kommt eine Spielart dieser Hybridtechnik zu neuen Ehren: Photovoltaikmodule mit Wärmetauscher erzeugen nicht nur Strom, sie speisen auch Wärme in die Haustechnik ein. „Das hat den großen Vorteil, dass man die kostbare Dachfläche nicht mehr zwischen der Photovoltaik und den Sonnenkollektoren aufteilen muss“, sagt Alban Heßberger, Ingenieur bei der PA-ID Process GmbH in Kleinostheim bei Aschaffenburg. „Sonnenkollektoren verringern die Rentabilität des Daches, weil sie den Stromertrag mindern. Strom ist höherwertig als Wärme. Die Power Hybride vereinen Strom und Wärme, ohne das optische Gesamtbild einer homogenen Photovoltaikfläche zu stören.“
Monomodule als Basis
PA-ID hat das 2Power Hybridmodul entwickelt, das beispielsweise vom Energieversorger Eon vertrieben wird. Basis sind monokristalline Solarmodule, die 260 Watt leisten. Unter das Laminat wird ein sehr flacher Wärmetauscher aus Kunststoff gesetzt, der die Abwärme der Zellen aufnimmt und ableitet. „Das ganze Sandwich passt in den üblichen Modulrahmen“, erläutert Heßberger. „Man kann das Hybridmodul genauso installieren wie ein reines Solarmodul.“
Die Bauhöhe ist durch den Rahmen vorgegeben. Zum Dach hin schließt der Wärmetauscher mit einer Dämmschicht und einer Aluminiumfolie ab, zum Schutz gegen Korrosion und Nager. Das Bauteil wiegt nur 25 Kilogramm, also 4,5 Kilogramm mehr als das Standardmodul. Auf dem Dach ist es problemlos handhabbar. Die Füllung des Wärmetauschers beträgt lediglich 0,7 Kilogramm.
Optisch gleich sind die Standardmodule, die PA-ID unter dem Markennamen 1Power anbietet. „Denn die meisten Kunden wollen ihr Eigenheim damit versorgen“, wie Heßberger erläutert. „Sie installieren zwölf 2Power-PVT-Module und acht 1Power Standardmodule. Das ergibt rund 5,2 Kilowatt elektrische Leistung und etwa acht Kilowatt thermische Leistung.“
Vergütung sinkt, Mehrwert steigt
PA-ID arbeitet auch mit Herstellern von Fertighäusern zusammen, darunter der Firma Schwabenhaus. „Deren Teams decken ein Dach innerhalb eines Tages“, berichtet Alban Heßberger. „Dazu gehören auch die Eindeckungen und die PVT-Kollektoren, sowie die Verrohrung vom Dach zur Haustechnik.“ Auch in diesem Geschäft ist Zeit bares Geld. Schwabenhaus vertreibt die solare Kraft-Wärme-Kopplung unter dem Label Euro Energie Plus Haus, neben den Kollektoren gehört auch eine Wärmepumpe mit Erdsonde dazu. „Wir nutzen die Solarwärme, um das Erdreich im Sommer mit Energie aufzuladen“, erklärt Heßberger das Konzept. „Im Winter kann sich die Wärmepumpe daraus bedienen. Im Sommer reicht die Solarwärme auch aus, um Warmwasser zu erzeugen.“ Die Wärmepumpe wird von Waterkotte geliefert.
Die Idee der Hybridmodule ist nicht neu: Führt man die Wärme aus den Solarzellen ab, werden sie gekühlt, ihr Stromertrag steigt. Allerdings waren bisherige Kombisysteme sehr unhandlich und klobig, weil Solarmodule und Sonnenkollektoren einfach übereinander gepackt wurden: doppelt so wuchtig, doppelt so schwer. Der Power Hybrid erlaubt es, faktisch aus jedem Solarmodul die Wärme abzuziehen. „Früher musste man zur Trinkwassererwärmung acht bis zwölf Solarmodule auf dem Dach durch thermische Kollektoren ersetzen“, nennt Heßberger ein Beispiel. „Ihr Wärmeertrag belief sich auf 350 bis 500 Euro im Jahr. Dafür hätte man das Warmwasser besser elektrisch bereitet, denn der Verlust des Solarstroms war viel höher.“ Mit dem integrierten Wärmetauscher liefert das Hybridmodul mehr Strom und Wärme zugleich.
Die solare Kraft-Wärme-Kopplung könnte einen neuen Standard im Dachgeschäft markieren. Denn die sinkende Einspeisevergütung öffnet den Weg für zusätzlichen Mehrwert aus dem Paneel. Der Mehrpreis wird durch den Wärmeertrag gerechtfertigt. Zudem wirft die Solarstromanlage mehr ab, weil die Hybridmodule gekühlt werden. Einige Hersteller von Kombimodulen werben mit einem Leistungszuwachs von 25 oder gar 30 Prozent. „Das ist nicht realistisch“, meint Willi Bihler vom Solarzentrum Allgäu, wo gleichfalls seit einigen Jahren solche Kombimodule gefertigt werden. „Im Jahresmittel sind es fünf bis zehn Prozent“.
Nicht zu vernachlässigen ist der Pumpenstrom für den thermischen Solarkreis. Wenn die Sonne knallt, sind mehr als 80 Grad Celsius auf dem Dach keine Seltenheit. Um ausreichend Wärme abzuführen, dass die Zellen auch im Sommer bei 20 bis 25 Grad Celsius bleiben, muss die Solepumpe ordentlich rackern. Das gilt es zu beachten. Und: Nutzt man die Hybridmodule zur Warmwasserbereitung im Sommer, ist der Wasserspeicher schnell aufgeheizt. Viele Familien fahren mitten im Sommer in den Urlaub, dann steigen die Temperaturen in Speicher und Wärmetauscher und damit in den Solarzellen - ihr Stromertrag sinkt. Überschlägig beträgt der jährliche Energieverbrauch für Warmwasser rund 220 bis 250 Kilowattstunden je Quadratmeter Hybridfläche. Wird die Wärme in einen großen Swimmingpool abgeleitet, steigt die Abnahme auf 290 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.
Wärmeabfuhr entscheidet Kühleffekt
Noch besser ist es, wenn man die sommerliche Abwärme im Erdboden bunkert, wie es PA-ID oder das Solarzentrum Allgäu favorisieren. Während der Heizperiode zieht eine erdgekoppelte Wärmepumpe die Wärme wieder aus dem Erdreich und füttert damit die Heizung. Die Sache hängt natürlich stark von den geologischen Gegebenheiten ab. „Dann sind zehn Prozent Mehrertrag aus der Photovoltaikanlage im Jahresdurchschnitt realistisch“, meint auch Alban Heßberger.
Ergebnisse aus Langzeittests
Das Institut für Solarenergieforschung wertet seit 2009 eine Pilotanlage in Dreieich bei Frankfurt am Main aus, ein Einfamilienhaus mit 280 Quadratmetern Wohnfläche. Es wird über eine Wärmepumpe mit zwölf Kilowatt versorgt, die ihre Energie aus drei Koaxialsonden bezieht. Die Abwärme von 39 Quadratmetern PVT-Modulen auf dem Dach wurde über diese Sonden 75 Meter tief in die Erde eingelagert.
Die Ergebnisse: Der Stromertrag aus den Solarzellen stieg an einem sonnigen Tag um neun Prozent. Die Zellen waren um zehn bis 15 Kelvin kühler als bei normalen Solarmodulen. An wechselhaften Tagen stieg der Stromertrag um zwei bis drei Prozent, die Zellen wurden um sechs Kelvin gekühlt. Hochgerechnet auf den Sommer lieferten die Solarzellen rund vier Prozent mehr Strom, ansonsten zwei bis drei Prozent mehr. Die sommerliche Aufladung im Erdreich wirkt der winterlichen Auskühlung durch die Entzugsleistung entgegen. Dadurch sinkt der Strombedarf des Wärmepumpenverdichters jährlich um drei bis sieben Prozent, ein weiterer Mehrwert für den Kunden.
Eine Sonde weniger
Nach Untersuchungen der Gesellschaft zur Entwicklung und Förderung von Geothermen Anlagen (Gefga) in Limburg an der Lahn lässt sich die Jahresarbeitszahl von Wärmepumpen auf diese Weise deutlich steigern. Hat das Erdreich fünf Kelvin mehr als ohne Regeneration durch die Solarwärme, steigt die Jahresarbeitszahl um einige Zehntel. Denn je höher die Temperatur der Wärmequelle der Wärmepumpe ist, umso weniger muss der Verdichter leisten. Das klappt aber nur, wenn auch in der Wärmenutzung möglichst geringe Systemtemperaturen abgefordert werden, etwa durch Flächenheizungen und Heißgasenthitzung (Warmwasser). Erdgekoppelte Wärmepumpen erreichen damit eine Jahresarbeitszahl von mehr als 5,0.
Seit kurzem bietet auch Waterkotte solche Hybridmodule der Bauart PV-Therm an. Sie wurden am Solarzentrum Allgäu entwickelt. Darin durchströmt ein Wärmeträger die Stahlpaneele unterhalb des Absorbers, kühlt die Zellen, erhöht die Stromproduktion und liefert Abwärme – für Warmwasser, in die Heizung oder ins Erdreich. Die Ingenieure von Waterkotte arbeiten derzeit gemeinsam mit Schwabenhaus am Wärmekonzept für das Fertighaus „Euro-Energieplus“. Im Zentrum steht eine erdgekoppelte Wärmepumpe. Diese Konfiguration erweiterten die Gebäudetechniker mit Hybridabsorbern auf dem Dach sowie mit einem Batteriewechselrichter, um den Eigenverbrauch von Solarstrom zu erhöhen.
Die Sache hat auch einen Haken: Um die solare Abwärme ins Erdreich zu schicken, müssen die Pumpen des Solarkreises und des Solekreises der Wärmepumpe permanent laufen, zumindest tagsüber, wenn die Sonne scheint. Dazu brauchen sie Strom. Das funktioniert nur mit sehr verbrauchsarmen Hocheffizienzpumpen.
Kleinere Sonden möglich
Allerdings erlaubt es die solare Aufladung des Erdreichs, die Erdsonden kleiner auszulegen. Der Geologe Marco Lichtenberger von der Geothermie Rhein Main Neckar GmbH hat eine ähnliche Anlage für ein Wohnhaus im Spessart simuliert. Ursprünglich war geplant, das Gebäude aus vier Erdsonden mit je hundert Metern Länge zu versorgen. Belädt man das Erdreich mit solarer Abwärme aus Power Hybriden auf dem Dach und füllt die Bohrungen mit speziellem Verpressmaterial (höhere Wärmeleitfähigkeit), reichen drei Sonden mit je 98 Metern Tiefe aus. Die Bohrungen sind sehr teuer, an dieser Stelle beträgt die Einsparung schnell mehrere tausend Euro. Allerdings bietet sich das geologische Profil dafür geradezu an: Der Boden besteht aus Lehm und Sandsteinen. Mit solarer Regeneration liegt die mittlere Bodentemperatur bei acht Grad Celsius gegenüber vier Grad Celsius ohne solare Abwärme.
Dass solche Konzepte auch für die gewerbliche Anwendung taugen, beweist der Neubau der Otto-Seeling-Schule in Fürth. Für die Wärmeversorgung wurden zunächst Gaskessel und Hackschnitzel geprüft. Gasbrennwert ist zu riskant wegen der steigenden Kosten für den Brennstoff. Gegen die Hackschnitzel sprach der hohe Investitionsbedarf, um sie sachgerecht zu lagern und zum Brenner zu führen. Als wirtschaftlichste Lösung stellte sich eine erdgekoppelte Wärmepumpenanlage heraus.
Drohende Auskühlung verhindern
Allerdings ergaben Probebohrungen, dass der geothermische Untergrund innerhalb von zehn Jahren auskühlen könnte. Deshalb entschieden sich die Planer für die solare Regeneration des Sondenfeldes, das unter dem Fundament des Schulgebäudes angelegt wurde. Dadurch lässt sich die Temperatur stabilisieren. Nordbayern steht auf Muschelkalkböden, die eine gewisse Speicherfähigkeit haben.
Auf dem Dach wurden Solarmodule mit Wärmetauscher installiert. Die elektrische Leistung der Generatoren reicht aus, um die Leistung der Wärmepumpen zu decken. Zur Wärmeversorgung wurden unter der Schule 27 Doppel-U-Erdwärmesonden mit 90 Metern Tiefe installiert. Drei Sonden wurden neben der Schule gebohrt. Die Wärmepumpe deckt nur den Heizbedarf der Schule. Warmwasser wird ausschließlich elektrisch erzeugt. Um die Nutzfläche von rund 2675 Quadratmetern ausreichend zu beheizen, wurde eine Normheizlast von 160 Kilowatt ermittelt. Das entspricht einer spezifischen Heizlast von 43 Watt je Quadratmeter. Zum Einsatz kommen zwei zweistufig modulierende Wärmepumpen mit jeweils 80 Kilowatt Leistung. Um die Wärme zu puffern, wurde ein Speicher mit 2.000 Litern Inhalt eingebaut.
Die Solaranlage besteht aus fünf Modulreihen mit einer Gesamtleistung von 35 Kilowatt. Sie wurde auf dem begrünten Schuldach installiert. Von 304 Solarmodulen sind 162 spezielle thermische Module, die ihre Wärme ins Erdsondenfeld abführen. Der jährliche Ertrag der Solargeneratoren summiert sich auf rund 50.000 Kilowattstunden. Die Rücklauftemperatur der thermischen Module wurde auf 40 Grad Celsius eingestellt. Auch bei dieser Anlage wurde die Wärmeleitfähigkeit des Erdreichs an den Sonden durch spezielle Verfüllungen erhöht. Die Sonden speisen zwei hydraulisch entkoppelte Solekreise, sie sind im Verhältnis von 13 zu 17 aufgeteilt.
Tauglich für Großanlagen
Auf diese Weise kann man die Solarwärme im Winter nutzen, um die Temperatur im Rücklauf des Solekreises anzuheben.
Dass die solare Aufladung des Vorlaufs von Erdwärmepumpen auch für Großanlagen anwendbar ist, hat Rehau in Dänemark bewiesen. In Braedstrup entstand Ende 2011 Europas größter saisonaler Erdsondenwärmespeicher. Er speist sich aus einem riesigen Solarkollektorfeld. Die Sonnenwärme wird im Sommer über 50 Erdsonden aus Polyethylenrohren (PE) in 48 Metern Tiefe eingelagert.
Wärme für 1.200 Häuser
Die Sonnenkollektoren erreichen im Sommer bis zu 85 Grad Celsius, die aufgeheizte Sole zirkuliert in den Erdsonden. Im Winter, wenn die städtische Fernwärmeversorgung Wärme abfordert, nutzt eine Wärmepumpe den vorgewärmten Untergrund als Wärmequelle. In Braedstrup sind derzeit rund 1.200 Häuser sowie öffentliche Gebäude und Industriebetriebe an das Fernwärmenetz angeschlossen.
Eine Kollektorfläche von 8.000 Quadratmetern deckt den Warmwasserbedarf im Sommer vollständig ab. Nun wird diese Fläche auf 18.000 Quadratmeter erweitert, um hohe solare Überschüsse zu erzeugen, die im Erdreich gespeichert werden. Im Endausbau sollen rund 60.000 Quadratmeter Solarkollektoren sowie 300 bis 400 Erdsonden installiert werden. Auf diese Weise steigt der solare Deckungsbeitrag auf rund 60 Prozent des Jahresenergiebedarfs.
Fazit: Mit dem zunehmenden Eigenverbrauch und den steigenden Kosten für konventionellen Strom und fossile Wärme dürften die Hybridmodule in eine sonnige Zukunft blicken.
http://isfh.de/institut_solarforschung/bisolar-waermepumpe.php
Forschungsprojekt
Hundert Prozent Wärme
Das Bundesforschungsministerium hat das Verbundvorhaben „Solare Gebäudewärmeversorgung mit unverglasten photovoltaisch-thermischen Kollektoren, Erdsonden und Wärmepumpen für hundert Prozent Deckungsanteil“ aufgelegt, um die Systemtechnik zu optimieren und die Anforderungen an thermische Solarmodule zu definieren.