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“Jede Energiequelle einbinden“

Wie wichtig sind Hybridsysteme für Ihre Kunden?

Mathias Grässl: Unabhängigkeit wird immer wichtiger, und mit Hybridsystemen können sich die Kunden vom Stromnetz autark machen. Wir haben gerade in der Nähe von Bern ein Haus ausgerüstet, das derzeit ohne Hausanschluss errichtet wird. Photovoltaik auf dem Dach, ein kleines Windrad mit einem Kilowatt Leistung und ein Gasgenerator, falls Wind und Sonne nicht ausreichen. Der Gasgenerator wird mit einer Gasflasche versorgt, wie man sie vom Camping kennt. Die drei Generatoren speisen einen Batteriespeicher mit 24 Kilowattstunden.

Was für ein Haus ist das?

Ein privates Wohnhaus. Der Eigentümer hat sich zudem für Solarthermie entschieden. Dafür steht ein Solarpuffer mit 9.000 Litern bereit. Mit einer Wärmepumpe wäre die Anlage meiner Ansicht nach noch effizienter geworden, denn auch im Winter liefert die Photovoltaikanlage noch ausreichend Strom. Immerhin werden Überschüsse aus der Photovoltaik mittels elektrischem Heizstab in den Puffer geladen.

Wie schwierig war es, die beiden zusätzlichen Generatoren einzubinden?

Das erledigt die Systemsteuerung des Powerball-Speichers mit. Wir können faktisch jede Energiequelle im Gebäude einbinden.

Wie wichtig sind Brennstoffzellen oder BHKW in Hybridsystemen zur Vollversorgung?

Brennstoffzellen sind noch kein Thema, aber wir binden gelegentlich Blockheizkraftwerke (BHKW) ein. Das sind noch vereinzelte Fälle, aber das Interesse der Kunden an wirklich autarken Systemen wächst spürbar.

Was bieten Sie Ihren Kunden in diesem Fall?

Dafür haben wir einen guten Speicher im Angebot, der eine hohe Kapazität aufweist, aber mit kleinen Leistungen beladen oder entladen wird. Das ist sehr kostengünstig machbar. Außerdem kann die Kapazität jederzeit erweitert werden, wenn sich der Bedarf beim Betreiber ändert.

Warum brauchen Sie bei einem BHKW keine hohen Ladeleistungen?

Die BHKW haben meist zwischen zwei und fünf Kilowatt elektrischer Leistung, und sie laufen in der Regel längere Zeit durch. Man kann einen Stromspeicher mit 24 Kilowattstunden Kapazität also durchaus mit 2,5 Kilowatt beladen. Dazu muss man die Elektronik anpassen, den richtigen Laderegler auswählen und natürlich muss die Batterie stimmen.

Echte Autarkie heißt Insellösung. Ist das die Zukunft der Solarbranche und der Speicherbranche?

Ich sehe einen Trend in diese Richtung. Die meisten Anbieter von Lithiumsystemen bieten keinen Notstrom und keine Inselfähigkeit an. Wenn das Netz ausfällt, fällt auch die Batterie aus. Wir können beides, Notstrom und Insellösung, und wir bauen das bei unseren Kunden ein. Seit April 2017 sind die Speicher von Powerball notstromfähig. Im Sommer haben wir zudem die ersten Inselsysteme vorgestellt.

Wie haben die Kunden reagiert?

Wir haben zwei Serien. Im ersten Gespräch schauen die Kunden oft zunächst auf den Preis, weil sie noch nicht verstehen, was Notstrom und Autarkie wirklich bedeuten. Da reden wir meist erst einmal über unsere Speicherserie, die diese Funktionen nicht beinhaltet. Am Ende des Gesprächs will der Kunde aber dann doch das komplette Paket, auch wenn es 1.000 Euro teurer ist. Denn dann ist er auch bei Netzausfällen versorgt.

Wie steuern Sie die Umschaltung?

Unsere Systeme schalten je nach Komplexität innerhalb von 15 Millisekunden bis 100 Millisekunden von Netzbetrieb auf Inselbetrieb um. Dann gibt der Speicher ein Drehstromnetz vor, dadurch wird das Hausnetz steuerbar. Wir können auch die Kontakte des Rundsteuerempfängers am Wechselrichter nutzen, um das System zu steuern.

Braucht der Kunde spezielle Hardware?

Für die Trennung des Gebäudes vom Netz braucht man eine Notstrombox, die wir leicht an unser Allrounder-System anschließen können. Dieses System ist mit Notstrom und Inselbetrieb nachrüstbar.

Gibt es unterschiedliche Anforderungen von Ihren Kunden in der Schweiz und in Deutschland?

Ja. In der Schweiz ist echte Autarkie viel mehr gefragt als in Deutschland. Die deutschen Kunden sagen oft: Das rüsten wir später nach, wir fangen erst einmal mit einem Acht-Kilowattstunden-Speicher an.

Und die Schweizer Kunden?

In der Schweiz verkaufen wir mehr Speicher mit 24 Kilowattstunden, mit allen Funktionen und Erweiterungen. Oft werden Photovoltaik und Speicher mit Wärmepumpen kombiniert. In der Schweiz sind die Erträge aus den Solarmodulen in der Regel höher als in Deutschland, vor allem in den südlichen Regionen der Schweiz.

Wie viel macht das aus?

Wir haben mit einer solchen Anlage im Januar und Februar 2017 immerhin einen Autarkiegrad von 95 Prozent erreicht. Das hat mich überrascht. Bei 20 Kilowatt Solarleistung bekommt man an schlechten Tagen durchaus ein Zehntel des Ertrages vom Dach, das sind noch 2.000 Watt, die man in den Stromspeicher fahren kann. Das reicht für die Wärmepumpe.

Stichwort Dunkelflaute: Wie wurde das Haus in Bern an nebligen Tagen versorgt?

Da gab es vielleicht fünf oder sechs Tage, in denen die Heizung schwächelte. Grundsätzlich haben wir in der Schweiz höhere Solarerträge als in Deutschland, etwa 100 Kilowattstunden mehr je installiertem Kilowatt.

Warum ist das so?

Natürlich haben wir auch mehr Schnee als in Deutschland, aber wenn er vom Dach geschmolzen ist und die Sonne scheint, addieren sich die Lichtreflexionen durch den weißen Schnee in der Umgebung zum direkt auf die Module eintreffenden Sonnenlicht.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

www.powerball-systems.ch

Mathias Grässl

ist Gründer und Geschäftsführer der Powerball Systems AG in Solothurn. Das Schweizer Unternehmen ist Hersteller und Entwickler von Stromspeichersystemen mit Notstrom- und Inselfunktion. Mathias Grässl besitzt außerdem Unternehmen in der Schweiz und Deutschland, die Photovoltaik, Stromspeicher und Wärmepumpenlösungen für private und gewerbliche Betreiber planen und realisieren. Die Erfahrungen aus diesen Planungs- und Installationsunternehmen flossen in die Entwicklung und Produktion eigener Stromspeicher ein. Seit 2005 ist Grässl in den erneuerbaren Energien tätig. Davor war er Geschäftsführer eines Elektrogeräteherstellers und hat mehrere Unternehmen entwickelt.

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