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Saisonspeicher

Wasserstoff für den Winter

In einem Industriegebiet in Niederschöneweide, unweit des Nachwuchszentrums des Fußballclubs Union Berlin, liegen Teile des neuen Forschungs- und Entwicklungsstandorts der Firma Home Power Solutions, kurz HPS. Aber nicht nur das: Hier werden künftig auch Installateure und Partner ­geschult sowie die neue Version des Saisonspeichers gefertigt. „Die Montage vor Ort ist für uns sogar kostengünstiger, da die Transportkosten geringer ausfallen“, erläutert Vorstand Stefan Kaufmann bei der ersten Präsentation des neuen Geräts in einem exklusiven Kreis. Man hat aus der Coronakrise die richtigen Schlussfolgerungen gezogen.

Nutzungsgrad mit Wärme rund 90 Prozent

Neun Jahre nach der Gründung und mehr als fünf Jahre nach der ersten Präsentation eines Picea-Modells auf der Messe Energy Storage in Düsseldorf 2018 gibt es eine ganze Reihe von Weiterentwicklungen. Das Gerät muss mit der Zeit gehen. Picea 2 hat deshalb die Ausgangsleistung auf nun 15 Kilowatt verdoppelt und ist so in der Lage, einen höheren Bedarf für beispielsweise ein ­E-Auto oder die Wärmepumpe zu decken. Bei einem Stromausfall gewährleistet die Ersatzstromversorgung, dass wichtige Verbraucher im Haushalt stabil mit Strom versorgt werden. „Für jede der drei Phasen liefert das Gerät nun fünf Kilowatt Leistung“, erklärt Kaufmann.

Die neue Generation des Speichers bietet auch eine erhöhte Anschlussleistung für Photovoltaikanlagen – und nimmt damit den Trend aus dem Markt auf. Durch neue Leistungselektronik konnte laut HPS die Effizienz gesteigert werden, um so höhere Selbstversorgungsgrade zu ermöglichen. Der ­Nutzungsgrad inklusive Wärme liegt bei 90 Prozent. Der elektrische ­Wirkungsgrad liegt zwischen 35 und 40 Prozent.

Kleines Picea-Paket für 99.900 Euro

Die Picea wandelt den überschüssigen Solarstrom im Sommer in Wasserstoff um. So können große Energiemengen effizient und über lange Zeiträume ­gespeichert werden. Im Winter kann das Gas über eine Brennstoffzelle wieder in Strom und Wärme umgewandelt werden. Die langfristige Speicherkapazität liegt bei bis zu 1.500 Kilowattstunden elektrisch. In der kleinsten Version mit 16 Gasflaschen sind es 300 Kilowattstunden.

Die kleinste Version des Picea 2 kostet 99.900 Euro. Der Preis ist brutto gleich netto, da bei Speichern der Mehrwertsteuersatz von null Prozent gilt. Mit mehr Speicherkapazität steigt der Preis auf bis zu 140.000 Euro. Das ­bezieht sich auf einen Neubau, bei dem die Installation mitgeplant werden kann. Im Bestand kann es noch etwas aufwendiger werden, sodass sich der Betrag ­gegebenenfalls auf bis zu 160.000 Euro erhöht. Der Bedarf scheint da zu sein. Denn bisher wurden über 500 Geräte der ersten Generation verkauft, mehr als 100 sind schon bei Kunden installiert. Anders als das Unternehmen Solydera (früher Solidpower), das die Brennstoffzellen-BHKW fertigte und Mitte 2023 Insolvenz anmelden musste. Die Ende 2022 ausgelaufene KfW-Förderung 433 für Systeme mit Brennstoffzellen scheint Picea nicht zu bremsen. Auskommen muss die Firma künftig jedoch ohne den Firmengründer Zeyad Abul-Ella, der im Dezember 2023 nach der Präsentation des neuen Geräts seinen Rückzug vom CEO-Posten verkündete.

Der Markt für Brennstoffzellen wächst hierzulande wie auch international stark. Allein Bosch will bis 2024 einen dreistelligen Millionenbetrag in die Festoxid-Brennstoffzelle investieren. Analysten von E4tech haben den aktuellen Jahresbericht zur internationalen Marktentwicklung vorgelegt. ­

Der Markt für Brennstoffzellen wächst

Allerdings stammen die Zahlen noch aus dem Jahr 2022. Demnach wurden weltweit rund 89.200 Einheiten mit zusammen etwas mehr als 2,5 Gigawatt Leistung ausgeliefert – ein Plus von 200 Megawatt im Vergleich zum Vorjahr. Der Schwerpunkt der Brennstoffzellen lag hier auf Autos. Allein ­Hyundai und Toyota steuerten zusammen mehr als 60 Prozent der Gesamtleistung bei.

Vor allem Anbieter aus China und Südkorea trieben den Markt für mobile Brennstoffzellen, die vornehmlich in Pkw, Bussen und Gabelstaplern zum Einsatz kamen. Rund 85 Prozent der Gesamtleistung entfielen auf mobile Antriebe. ­Mobile, stationäre und tragbare Brennstoffzellensysteme addiert, wurden in Asien insgesamt 60.850 Einheiten ausgeliefert – zwei Drittel der weltweiten Lieferungen. In Nordamerika wurden 14.550 Brennstoffzellen installiert, fast 19 Prozent der weltweiten Leistung. Auf Europa entfielen etwa 13.250 Einheiten, gegenüber rund 14.000 Einheiten im Vorjahr. Es scheint ein Trend zu sein, dass stationäre Brennstoffzellen zur Versorgung von Gebäuden und der Industrie an Bedeutung gewinnen. Im privaten Markt hapert es weiter an den hohen Stückkosten und den Kosten zur Bereitstellung von Wasserstoff.

Dennoch wachsen die Zahlen und die Industrie, vor allem in Regionen, wo die Politik mit Subventionen unterstützt. Die neue Generation von HPS scheint gerüstet für das Wachstum und weist weitere Verbesserungen auf: Picea 2 nutzt nun einen externen Wechselrichter von Sofar Solar, bei dem die Software für den Speicher entsprechend angepasst wurde. „Wir machen das, was wir richtig gut ­können. Bei allen anderen Komponenten setzen wir auf Kooperation mit Partnern“, betont Kaufmann.

Elektrolysegerät entscheidend weiterentwickelt

Das gilt für den Umrichter wie auch für die Lithiumakkus. Der AEM-Elektrolyseur kommt von der deutsch-italienischen Firma Enapter. Das Kürzel AEM steht für Anionen-Austausch-Membran. Die Technologie nutzt kostengünstigere Materialien wie Stahl statt ­Titan und kombiniert die Vorteile der Alkali-Elektrolyse mit der Flexibilität und Kompaktheit der PEM-Elektrolyse.

Enapter-Mitgründerin Vaitea Cowan ist ebenso bei der Produktvorstellung dabei wie auch Hans-Peter Villis, der ehemalige EnBW-Chef und Teilhaber der ersten Stunde bei HPS. Heute ist er Aufsichtsratsvorsitzender der jungen Firma und wirbt für den Wasserstoff-Heimspeicher. „Eine harte Vorgabe an die technischen Entwickler war es, die Maße für die Einschubboxen für den Elektrolyseur und die Brennstoffzelle in der Energiezentrale der ursprünglichen Picea beizubehalten“, erklärt Kaufmann.

Die ersten Picea-Kunden seien Pioniere, sie sollten deshalb auch von den Innovationen profitieren und später einfach umrüsten können. Eine Weiterentwicklung im Elektrolysemodul kühlt das Wasserstoffgas auf fünf Grad Celsius, das ermöglicht, die vier- bis fünffache Kapazität des Gases aufzunehmen, weil die Feuchtigkeit nun vor der Speicherung entzogen wird. Neu sind auch Statusanzeigen, die wichtige System- und Speicherzustände auf Knopfdruck am Gerät oder über die App anzeigen.

Das System besteht immer aus einer Energiezentrale und einem Wasserstoffspeicher mit einem Kompressor, der außerhalb des Hauses auf einem Betonfundament aufgestellt wird. Dieses Fundament ist zwingend nötig. Die Einheit der Energiezentrale hat nun ordentlich abgespeckt und wiegt nun 70 Prozent weniger: von 2,2 Tonnen runter auf 700 Kilogramm. Grund ist der Wechsel von Blei- hin zu Lithiumbatterien der Firma Pylontech.

Auch ist die Bauhöhe im Vergleich zum Vorgängergerät um zehn Zentimeter auf die Höhe von 1,90 Meter verringert. Klingt wenig, kann bei einer Installation im Keller aber entscheidend sein. Denn immer mehr Haushalte und Unternehmen wollen sich gegen steigende Energiepreise absichern.

Ex-EnBW-Chef Hans-Peter Villis ist Aufsichtsratsvorsitzender bei HPS.

Foto: HPS, Valentin Paster

Ex-EnBW-Chef Hans-Peter Villis ist Aufsichtsratsvorsitzender bei HPS.
Vorhang auf: Picea 2 wird von Gründer Zeyad Abul-Ella und Stefan Kaufmann (links) enthüllt.

Foto: HPS, Valentin Paster

Vorhang auf: Picea 2 wird von Gründer Zeyad Abul-Ella und Stefan Kaufmann (links) enthüllt.

Solydera

Aus für Bluegen – Werk in Heinsberg geschlossen

Mitte 2023 hat die Firma Solydera (früher Solidpower) für die Tochtergesellschaft in Heinsberg Insolvenz angemeldet. Als Grund wurde der Markteinbruch nach Ende der KfW-Förderung für Brennstoffzellensysteme ­genannt. „Nach der Entscheidung der Bundesregierung gibt es für das ­BG-15-System keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr“, schrieb das ­Unternehmen. „Es ist für Kunden nicht mehr attraktiv und stellt für Solydera insgesamt eine verlustbringende Geschäftsbedrohung dar.“

Mit rund 300 Millionen Euro hatte Solydera in Heinsberg in den vergangenen Jahren erhebliche Investitionen getätigt. Mehr als 3.000 Brennstoffzellengeräte Bluegen und BG-15 waren verkauft und installiert ­worden. Mit der Schließung in Heinsberg entschied die italienische ­Muttergesellschaft, die Herstellung und den Verkauf des BG-15 gänzlich einzustellen.

Bosch/Ceres Power

Zusammenarbeit bei SOFC-Brennstoffzellen vertieft

Die Firmen Bosch und Ceres Power vertiefen ihre Partnerschaft und bereiten derzeit die Serienfertigung vor. Bosch strebt mit SOFC-Systemen eine jährliche Fertigungskapazität von rund 200 Megawatt Leistung an. Bis 2024 will Bosch einen dreistelligen Millionenbetrag in die Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) investieren.

Die SOFC-Systeme sind modular konzipiert und vorgefertigt: Herzstück ist ein Stack aus Hunderten von in Serie geschalteten Brennstoffzellen. Hier werden hocheffizient Strom und Wärme erzeugt. SOFC steht für Solid Oxide Fuel Cell, eine Festoxidbrennstoffzelle. Damit der Aufwand für Planung und Installation gering bleibt, werden mehrere SOFC-Units und deren Nebensysteme in ein Plug-and-play-System integriert, das 100 Kilowatt Leistung bietet. Das reicht aus, um den Bedarf von Rechenzentren oder Wohnquartieren zu decken. Die Systeme lassen sich bis zu mehreren Megawatt skalieren.

Mit einem Gesamtwirkungsgrad von mehr als 85 Prozent ist das System sehr effizient. Die Produktion soll in Bamberg, Wernau und Homburg angesiedelt werden, die Entwicklung in Stuttgart-Feuerbach und Renningen. Bosch positioniert sich damit als Systemanbieter für stationäre Brennstoffzellen mit eigener Wertschöpfung im Bereich Zelle und Stack.

Seit August 2018 kooperiert Bosch mit Ceres Power bei der Entwicklung von Brennstoffzellen und Stacks. Bereits im Herbst 2019 startete Bosch eine Musterbaufertigung in Deutschland und beteiligte sich im Januar 2020 mit rund 18 Prozent an dem britischen Unternehmen. Im Laufe des Jahres 2024 soll die Serienfertigung starten.

Foto: Bosch

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