Die Firma HPS Home Power Solutions GmbH aus Berlin hat vor Jahresfrist die ersten Picea-Systeme an Kunden aus dem installierenden Handwerk ausgeliefert. Zudem wurden und werden immer mehr Installateure als Vertragspartner geschult.
Ballard als fester Partner
Das Picea-System von HPS nutzt sommerlichen Überschussstrom aus dem Solargenerator, um die Energie per Elektrolyse in Wasserstoff zu speichern. Eine PEM-Brennstoffzelle übernimmt die Gebäudeversorgung im Winter. Das System deckt die komplette Versorgung eines Einfamilienhauses inklusive elektrischen Stroms, Heizung und Lüftung.
HPS ist 2015 gestartet, hat 2017 erstmals einen Prototypen von Picea vorgestellt. Nun laufen die ersten Geräte im Markt, rund 100 Stück. Die Fertigung der Kleinserie im Berliner Stadtteil Adlershof reicht mittelfristig nicht mehr aus, um die ehrgeizigen Wachstumspläne umzusetzen. Bestellungen kamen auch aus Österreich und der Schweiz.
Deshalb haben HPS und Ballard Power Systems aus Vancouver in Kanada eine Kooperation vereinbart. Ballard liefert die Brennstoffzellenstacks FCgen-1020 ACS, die das Picea-System mit elektrischem Strom aus Wasserstoff versorgen. Die Stacks laufen luftgekühlt, Ballard hat damit bereits viel Erfahrung gesammelt.
Es geht darum, die Stückzahlen hochzutreiben. Nur dann können die Stückkosten sinken und neue Märkte erschließen. Anfangs kostete Picea rund 54.000 Euro, doch wird es durch das KfW-Programm 433 bezuschusst.
Sprung zur Serienfertigung
Zudem beinhaltet der Vertrag mit Ballard, dass die Kanadier die Aufarbeitung und das Recycling der teuren Stacks übernehmen – falls sie ausgetauscht werden müssen. Für Ballard Power Systems eröffnet die Zusammenarbeit mit HPS den Zugang zum Energiemarkt für Wohnhäuser, der ein hohes Wachstumspotenzial aufweist – auch in Nordamerika.
Der Sprung von der Pilotlinie zur Massenfertigung steht bevor. HPS nutzt die Stacks von Ballard schon seit der ersten Generation. Allerdings sind die Stacks nach wie vor der kritische Teil des Systems.
Großes Interesse bei Installateuren
Sie möglichst kostengünstig wiederzuverwerten, ist für das ökonomische Modell entscheidend. „Die Brennstoffzellenstacks von Ballard sind eine Kernkomponente des Energiespeichersystems Picea“, bestätigt Zeyad Abul-Ella von HPS. „Sie liefern in unsere selbstentwickelten Module integriert emissionsfreien Strom.“
Bisher haben schon mehr als 400 Installationsbetriebe Interesse an der neuen Technik angemeldet. Allerdings geht HPS nicht den Umweg über Erdgas, sondern verstromt sauberen Wasserstoff. Der Wasserstoff wird im Sommer über einen Elektrolyseur gewonnen, wenn überschüssiger Sonnenstrom zur Verfügung steht. Ein vom TÜV zertifizierter Wasserstofftank nimmt das Gas auf, um es für die sonnenschwachen Monate vorzuhalten. So wirkt der Wasserstoff als Saisonalspeicher.
Die Brennstoffzelle im Picea speist in eine Speicherbatterie. Die Batterie leistet bis zu acht Kilowatt elektrischer Leistung und speist den Strom einphasig ins Hausnetz ein. Bis zu 20 Kilowatt sind kurzzeitig abrufbar. Dieses System muss nicht mit dem Netz gekoppelt sein, es kann ein Wohngebäude durchaus als autarke Insel versorgen. Die Leistungselektronik ist für verschiedene Betriebsarten mit oder ohne Netz vorgesehen.
Zwei Wechselrichter im Duo
Je effizienter das Picea-System läuft, umso sparsamer nutzt es den Wasserstoff im Winterbetrieb, wenn wenig oder kein Sonnenstrom zur Verfügung steht. Im Prototypen war noch ein großer Inselwechselrichter für acht Kilowatt eingebaut. Jedoch lief er mehr als 95 Prozent der Betriebszeit in sehr niedriger und ungünstiger Teillast.
Jetzt hat Picea zwei Wechselrichter mit jeweils vier Kilowatt im System. Einer deckt die Grundlast, der andere springt ein, um Spitzenbedarf abzufangen. Dadurch sinkt der Eigenstrombedarf des Systems.
Durch diese Redundanz erhöht sich die Ausfallsicherheit, denn notfalls kann das System mit nur einem Wechselrichter laufen. Vereinfacht wurde auch die Montage: Statt mehrerer Anschlüsse für verschiedene Kommunikationssysteme muss der Installateur künftig nur noch ein Kommunikationskabel anschließen.
War beim Prototypen die Wasseraufbereitung noch in einem separaten System an der Wand neben dem Picea-Schrank installiert, ist sie nunmehr im Schrank enthalten.
Blei-Gel-Batterie integriert
Um den Sonnenstrom zu puffern und den Betrieb der Brennstoffzelle zu optimieren, verfügt das Picea-System über eine integrierte Solarbatterie. Derzeit wird ein Blei-Gel-Speicher verwendet, mit 25 Kilowattstunden nutzbarer Kapazität. Er deckt kurzzeitige Stromspitzen und den Nachtstrombedarf ab.
Das Energiemanagementsystem nutzt die Batterien sehr schonend, um eine möglichst lange Lebensdauer zu erreichen. „Wir können auf Lithiumspeicher umsteigen, wenn diese Speicher kostengünstiger werden“, stellt Zeyad Abul-Ella in Aussicht. „Wichtig ist für uns, dass die Batterien brandsicher sind. Unser Energiemanagementsystem vermeidet Tiefenentladung.“
Die technische Sicherheit des Systems stand bei HPS von Beginn der Produktentwicklung an ganz oben auf der Agenda.
Der Wasserstofftank richtet sich nach der Größe der Photovoltaikanlage und nach dem Strombedarf im Winter. Die Tanks sind für 300 bar konzipiert und nach deutschen Sicherheitsstandards zertifiziert.
Im Tank mit 300 bar
Die Gasleitung zwischen Picea-System und Gastank ist unscheinbar: Sechs Millimeter Edelstahlrohr reichen aus. Sollte einmal der Druck im System abfallen, schließen Wasserstofftank und Elektrolyseur automatisch die Zufuhr, schaltet sich das System ab.
Bisher ist das System auf einen Jahresstrombedarf von 3.000 bis 6.000 Kilowattstunden ausgelegt. Der Wasserstoffspeicher braucht zwischen drei und sieben Quadratmeter Grundfläche. Gegebenenfalls verschwindet er im Carport, in einem kleinen Anbau oder im Erdreich. Er wird wie ein üblicher Flüssiggastank installiert, ist etwa mannshoch. Das Kompaktgerät im Inneren des Gebäudes benötigt eine Aufstellfläche von 1,5 Quadratmetern. Komplett installiert wiegt es rund 700 Kilogramm.
Austauschbare Einschübe
Interessant ist das Servicekonzept, mit dem HPS an den Start geht. Der Systemschrank ist bei allen Varianten gleich: Alle Baugruppen sind als austauschbare Einschübe konstruiert und vorverkabelt. HPS bietet den Tausch der Stacks während der Lebensdauer des Picea-Systems gleich mit an. Die Wasserstoffkomponenten kann jeder geschulte Installationsbetrieb austauschen.
Im August 2019 schmiedete HPS eine weitere Allianz: Künftig werden die Picea-Systeme bei der Zollner Elektronik AG im bayerischen Zandt montiert. Zollner wird Kapazitäten für vierstellige Stückzahlen im Jahr vorhalten.
Fertigung in Bayern
Zollner Elektronik ist in der Solarbranche weitgehend unbekannt. Als Experte für Auftragsfertigung und Supply-Chain-Management für Automobilhersteller, die Luftfahrt oder die Bahntechnik ist die Firma nach höchsten Standards qualifiziert und zertifiziert. „Die Zusammenarbeit mit Zollner ermöglicht uns eine zügige Steigerung der Stückzahlen bei gleichzeitiger Sicherung höchster Qualitätsansprüche in der Serienfertigung“, stellt Zeyad Abul-Ella in Aussicht. „Das garantiert unseren Kunden Versorgungssicherheit und Robustheit.“
Zollner Elektronik befindet sich vollständig in Familienbesitz. Das Unternehmen wurde 1965 gegründet und hat heute 20 Standorte in Deutschland, Ungarn, Rumänien, China, Tunesien, den USA, der Schweiz, Costa Rica und Hongkong.