Die Pfarrgemeinde Marmagen dürfte eines der intelligentesten Energiesysteme der katholischen Kirche haben: Der in Zülpich ansässige Installationsbetrieb Priogo hat für die Pfarrei ein ausgeklügeltes Energiekonzept entwickelt. Es ergänzt vorhandene Solarstromanlagen um einen Stromspeicher und ein Blockheizkraftwerk.
Energiekosten bei null Euro
Marmagen liegt zwischen Trier und Köln, dort hat die katholische Kirchengemeinde St. Laurentius ihren Mittelpunkt. Seit Herbst deckt die Gemeinde ihren Strombedarf zu 100 Prozent mit eigenem Strom.
Sie hat ihre Energiekosten auf null Euro gedrosselt und versorgt mit dem überschüssigen Strom 23 Haushalte in der Nachbarschaft. Die gesamte Investition wird sich innerhalb von fünf Jahren amortisieren.
Auslöser für die Modernisierung waren drei in die Jahre gekommene Heizkessel der Pfarrgemeinde, die dringend saniert werden mussten. Priogo hatte in der Pfarrei bereits 2008 und 2011 zwei Photovoltaikanlagen installiert. Zusammen leisten sie 17 Kilowatt und laufen ohne Beanstandungen.
Alte Solaranlagen einbezogen
Nun wurde das Unternehmen beauftragt, ein neues Energiekonzept zu entwickeln, das die vorhandenen Solaranlagen einbezieht. Das Ergebnis ist ein hochmodernes System zur Wärme- und Stromversorgung, durch das die Kirchengemeinde nicht nur ihren Strom, sondern auch die Heizwärme selbst erzeugt.
In dem System werden die beiden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einem neu errichteten Blockheizkraftwerk und einem Energiespeicher kombiniert.
Sowohl das Pfarrhaus als auch Kirche, Turnhalle und die alte Schule können auf diese Weise ihren Strombedarf decken. Die durch das Blockheizkraftwerk abfallende Restwärme sorgt für die Beheizung und die Warmwasserversorgung aller Gebäude.
Herzstück der Anlage ist das Blockheizkraftwerk (BHKW) mit einem Gasmotor, der einen Generator zur Stromerzeugung antreibt. Das Kraftwerk liefert 80.000 Kilowattstunden Strom, die elektrische Leistung liegt bei 20 Kilowatt. Eine der beiden Solaranlagen trägt mit rund 5.000 Kilowattstunden zur Stromversorgung bei.
Der Strom der zweiten Solaranlage wird seit der Installation im Jahr 2008 ins Netz eingespeist. Die dafür gezahlte Einspeisevergütung kann die Pfarrgemeinde als Einnahme verbuchen.
Drei Powerwall 2 als Speicher
Damit die Gemeinde auch nachts und in sonnenarmen Zeiten ihren eigenen Strom nutzen kann, ergänzt ein Stromspeicher von Tesla (drei Powerwall 2) das Versorgungssystem. Er hat eine Speicherkapazität von 40,5 Kilowattstunden, um den Strom aus dem BHKW und der Photovoltaik zu puffern. Abgerechnet wird über das Messkonzept 6 (MK6). „Mit dem neuen Energiekonzept hat die Gemeinde ein hochmodernes System zur Wärme- und Stromversorgung bekommen, das seinesgleichen sucht“, berichtet Priogo-Vorstand Sebastian Poensgen. „Damit setzt die Pfarrei nicht nur ein Zeichen für den Schutz der Umwelt, sondern profitiert auch finanziell, da sie jetzt ihren Strom selbst produziert und unabhängig vom Energieversorger ist.“
Vorbild für viele Gemeinden
Poensgen hatte das ambitionierte Projekt von Beginn an zur Chefsache gemacht. Denn es hat durchaus Vorbildcharakter für viele Gemeinden in der Eifel und im Rheinland.
Die Planung des Projektes begann bereits 2017. Das Blockheizkraftwerk und der Speicher wurden im Herbst 2019 installiert. Das BHKW läuft 4.000 Stunden im Jahr. Thermisch leistet es 66 Kilowatt.
Die Investitionskosten für das BHKW und die Stromspeicher belaufen sich auf 186.000 Euro. Priogo geht von einer Amortisationszeit von etwa fünf Jahren aus. Denn rund 60 Prozent der Investition werden durch Fördermittel gedeckt.
530 Kilo in den Keller bugsiert
Interessanterweise läuft das BHKW sehr leise, nicht lauter als eine Waschmaschine. Es wurde wärmegeführt eingebunden. Die eigentliche Herausforderung bei der Installation bestand darin, die klobige Maschine über eine enge Treppe in den Heizungskeller zu bugsieren. „Dazu haben wir spezielle Lasthaken in die Decke eingebracht, um das 530 Kilogramm schwere Teil einschweben zu lassen“, erläutert Sebastian Poensgen beim Besuch vor Ort. „Die alte Treppe haben wir mit Bohlen gesichert.“
Der Installateurbetrieb Priogo mit Sitz in Zülpich ist mittlerweile einer der größten Anbieter von regenerativen Versorgungssystemen und Sektorenkopplung im Raum Köln-Bonn. Das Unternehmen vertreibt Photovoltaikanlagen, Stromspeicher, Wärmepumpen, BHKW und Biomasse-Heizungen.
Seit 2018 gehören auch Elektroautos wie der E-Go Live und der Street Scooter zum Angebot. Zudem übernimmt Priogo die Anlagenwartung und Modernisierung von Bestandsanlagen sowie die Sanierung von Gebäuden oder Dächern.
Wartung alle 8.000 Stunden
Das BHKW muss alle 8.000 Betriebsstunden durchgesehen werden. Die Wartung erfolgt im Sommer, Durchsicht und Erneuerung von Verschleißteilen kosten jeweils rund 4.500 Euro.
Das Unternehmen wurde 2008 gegründet und beschäftigt heute über 40 Mitarbeiter. Seit der Gründung hat Priogo Solarstromanlagen mit einer Leistung von mehr als 35 Megawatt installiert. Ursprünglich war Priogo mit erneuerbaren Heizsystemen gestartet. Nun werden KWK-Systeme und Heizungen verstärkt nachgefragt.
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa)
Elektronische Anmeldung für KWK-Anlagen bis 50 Kilowatt
Die kostenlose elektronische Anmeldung von KWK-Anlagen bis 50 Kilowatt (elektrisch) ist wieder möglich. BHKW-Betreiber, die ihre Anlage bereits schriftlich beim Bafa angemeldet haben, aber noch keine Bescheinigung erhielten, können noch bis Jahresende das elektronische Verfahren nutzen.
Dadurch wird der gestellte Papierantrag ersetzt. Voraussetzungen für die elektronische Anmeldung sind:
- Die KWK-Anlage ist in der Bafa-Typenliste aufgeführt.
- Die KWK-Anlage ist fabrikneu.
- Am Standort der KWK-Anlage ist kein Nah- oder Fernwärmenetz vorhanden (Fernwärmeverdrängungsverbot).
- Die KWK-Anlage wird nur an dem angegebenen Standort betrieben.
- Am Standort ist in den letzten zwölf Monaten keine andere KWK-Anlage in Dauerbetrieb genommen worden.
- Die Aufnahme des Dauerbetriebs erfolgte im Jahr der elektronischen Anzeige oder im vorausgegangenen Kalenderjahr.
- Es liegt keine Kumulierung mit Investitionskostenzuschüssen vor oder es liegt eine Kumulierung mit einem Zuschussprogramm aus der Positivliste zur Kumulierung des KWK-Zuschlags vor.
Sehr umständliches Verfahren
Sollte mindestens eine dieser Voraussetzungen nicht vorliegen, kann das elektronische Anzeigeverfahren nicht genutzt werden. Nach dem Absenden wird automatisch eine „Bescheinigung über die elektronische Anzeige“ erzeugt und an die angegebene E-Mail-Adresse verschickt. Der Antragsteller muss diese Bescheinigung mit dem Inbetriebnahmeprotokoll der KWK-Anlage beim zuständigen Netzbetreiber einreichen, der den KWK-Zuschlag auszahlt.
Ist bereits ein schriftlicher Papierantrag beim Bafa gestellt worden und keine Bescheinigung eingegangen, muss dieser per E-Mail an das Bafa zurückgezogen werden.
Bruttoleistung an den Klemmen maßgeblich
Die Generalzolldirektion hat klargestellt, dass es sich bei der Grenze von 50 Kilowatt um die Bruttoleistung (Generatorklemmen-Leistung) handelt. Auch sind alle Sonderanlagen unter 50 Kilowatt, zum Beispiel mit Rückkühler nach FW308-Gutachten, die nicht als Standard-KWK-Anlagen beim Bafa angemeldet sind, nicht von der Antragstellung befreit.
Wenn eine oder mehrere BHKW-Anlagen an einem Standort zusammen bis höchstens 50 Kilowatt Gesamtleistung haben, ist laut Stromsteuergesetz kein förmlicher Antrag zu stellen.
Bei einer Kombination von BHKW unter 50 Kilowatt mit Photovoltaikanlage oder einer anderen EEG-Anlage bis ein Megawatt ist auch kein förmlicher Antrag zu stellen.
Website des Bafa zur KWK:
Aktuelle Marktübersicht gasmotorbetriebene BHKW bis 50 Kilowatt (elektrisch):
photovoltaik.eu/Themen/110500.html