Am 6. Oktober 2021 ist es endlich wieder so weit. Die Tore der Messehallen in München öffnen sich erstmals seit 2019 wieder für die Solar- und Speicherbranche. Die „The smarter E Europe“ geht in den Restart mit ihren Teilmessen EES, EM Power, Intersolar und Power2Drive.
Die Leitmesse fällt zwar etwas kleiner aus. Dennoch finden Besucher dort die neusten Entwicklungen, Technologien und Geschäftsmodelle rund um den Solarstrom, dessen Speicherung und Nutzung. Hier geht es um die neusten Trends, die die Branche zum Gelingen der Energiewende bereithält.
Einer der Trends ist beispielsweise die Erschließung neuer Flächen für die Photovoltaik. Die Bedingungen für die Installation von Solaranlagen werden anspruchsvoller. Darauf reagieren auch die Hersteller.
Flexibel angepasst
Varista (A4.335) hat zum Beispiel das Freilandsystem von Habdank übernommen und gründlich überarbeitet. Damit will der Hersteller aus dem Allgäu für eine flexible Anpassung der Anlage an die Gegebenheiten vor Ort sorgen. So haben die Varista-Entwickler die Flexibilität hinsichtlich des Aufständerungswinkels erhöht, indem sie die bisherigen festen Bohrlöcher in den Streben durch Langlöcher ersetzt haben. Auf diese Weise können die Module stufenlos in einem Winkel zwischen 10 und 25 Grad angestellt werden. Außerdem haben sie die Befestigung des Längsträgers, auf dem die Module angebracht werden, flexibilisiert. „Wenn beispielsweise aufgrund der Gegebenheiten vor Ort der seitliche Abstand der Pfosten zueinander verändert werden muss, ist das so problemlos möglich“, sagt Walter Fleschhutz, Geschäftsführer von Varista.
Mit dem neuen System hat Varista die ersten Projekte umgesetzt. So wurde das Montagegestell für den Bau der solarthermischen Großanlage im österreichischen Mürzzuschlag verwendet. „Das war eine große Herausforderung. Denn die Anlage steht an einem Hang mit 26 Grad Neigung, der zudem in sich gewölbt ist. Wir mussten diese mit einer Sonderkonstruktion dreidimensional in die Hanglage setzen“, sagt Walter Fleschhutz.
Sonne auf dem Wasser
Ganz neue Flächen hat Baywa r.e. (A5.170) im Blick. Das Unternehmen hat zusammen mit Zimmermann PV-Stahlbau (A4.260) ein schwimmendes Solarsystem entwickelt. Die Lösung besteht aus vier Schwimmkörpern, auf denen das eigentliche Montagesystem befestigt ist. Die einzelnen Anlagenteile sind flexibel miteinander verbunden, sodass sie dem Wellengang folgen können.
Gleichzeitig sind sie so fest miteinander gekoppelt, dass der gesamte Generator stabil ist. Die einzelnen Anlagenteile werden auf beiden Seiten von schwimmenden Metallplattformen angekoppelt. Auf diesen Plattformen ist wiederum die gesamte Leistungselektronik installiert.
Mit dieser Lösung hat Baywa r.e. schon mehrere Anlagen in den Niederlanden gebaut. Dort stehen auch die ersten Überdachungen von Beeren- und Obstplantagen von Baywa r.e. Für die Agriphotovoltaiklösung gab es sogar einen der begehrten The smarter E Awards. Denn sie ist mehr als nur die Doppelnutzung der Agrarfläche zur Lebensmittel- und Stromproduktion.
Lösungen für Landwirte
Sie ersetzt die bisherigen Foliendächer, die die Landwirte über ihre Beerenfelder gespannt haben, um die empfindlichen Früchte vor Starkregen, Hagel und Sturm zu schützen. Baywa r.e. ersetzt diese Folien durch semitransparente Solarmodule, die einen Teil des Lichts zu den Pflanzen durchlassen, sodass der Landwirt mit der Kombination aus beiden Nutzungsformen den optimalen Ertrag erwirtschaftet.
Auch Goldbeck Solar (A5.270) hat für seine Agriphotovoltaiklösung namens Modular Arc System einen Intersolar Award bekommen. Die Module werden in Form von Solarbögen auf einer entsprechenden Unterkonstruktion montiert. Dadurch wird die Fläche mit der Solaranlage so überbaut, dass der Raum darunter für die Landwirtschaft nutzbar bleibt.
Bifaziale Module weiter im Trend
Die einzelnen Solarbögen sind zusätzlich auf beiden Seiten auf Seitenschienen montiert, auf denen sie gleiten können. Auf diese Weise kann der Landwirt einerseits den Lichteinfall und andererseits den Schutz der Fläche gegen Hagel und Unwetter aber auch gegen Trockenheit durch die Verschattung selbst steuern.
Für die parallele Nutzung von Flächen für die Landwirtschaft und die Photovoltaik hat Next2Sun (A4.253) eine senkrechte Modulaufständerung konstruiert. Die einzelnen Reihen der bifazialen Module, die auf beiden Seiten Strom produzieren, werden in einem so großen Abstand installiert, dass die Landwirte auch mit ihren großen Maschinen die Flächen bestellen können. Das österreichische Unternehmen Elektrotechnik Leitinger hat das System zu einem Weidezaun weiterentwickelt, den Next2Sun inzwischen auch in Deutschland vertreibt.
An die Installation von bifazialen Modulen hat auch der Hersteller Arausol (A4.540) sein Montagesystem angepasst. Um auch die Rückseite maximal zu nutzen, hat das Unternehmen eine spezielle Auflage für das Freilandmontagesystem entwickelt, die die Verschattung der Module verhindert. Dadurch kann die Modulrückseite größere Anteile des vom Untergrund reflektierten Lichts nutzen.
Mehrertrag mit Trackern
Wie hoch dieser Nutzen ist, hängt vom Untergrund ab, auf dem die Anlage installiert ist. Dabei gilt: Je heller er ist, desto höher ist der Ertrag der Rückseite. Dazu kommen noch Variablen wie Tischabstände und Aufständerungswinkel. Je höher beide sind, desto größer ist der Ertrag der Rückseite.
Optimal ist dieser Mehrertrag der bifazialen Module, wenn sie auf einem horizontalen Trackersystem installiert sind. Arausol hat dazu die Modulauflage an seinem HTS-V1 verbessert. Allein der Einsatz eines Trackers kann den Ertrag um 25 Prozent erhöhen. Dazu kommen noch bis zu zehn Prozent beim Einsatz von bifazialen Modulen.
Module werden größer
Die Herausforderungen der Installation auf großen Flach- und Metalldächern hat Ernst Schweizer (A4.150) in den Blick genommen. So hat das Unternehmen ein neues System für Trapezblechdächer entwickelt. Die Module werden nicht mehr mit Klemmen an Montageschienen befestigt, sondern in eine lange Schiene zwingungsfrei eingelegt. Das tut nicht nur der Ästhetik des Daches gut, sondern verbessert auch die Sicherheit – sowohl für die Dachhaut als auch für die Solaranlage.
Auf dem Flachdach geht es neben der Einbindung der gesamten Solaranlage in den Blitzschutz unter anderem um die veränderten Maße der Module, die sich immer mehr am Markt etablieren. Denn die Paneele werden größer. Die Hersteller arbeiten inzwischen oft mit größeren Zellen, um mehr Halbleiterfläche zu haben. Diese großen Zellen werden dann halbiert, um den Abtransport der Ladungsträger zu vereinfachen.
450 Watt mit einem Paneel
Auf diese Weise schafft es der Hersteller REC Solar (A6.280) mit seinem Heterojunction-Modul Alpha 72 mit 144 Halbzellen auf satte 450 Watt – ein Spitzenwert in der Branche. Natürlich trägt dazu auch die bessere Verschaltung bei. Denn REC nutzt eine höhere Anzahl von dünnen Drähten als bisher üblich, was den Stromfluss verbessert. Dazu kommt noch, dass es sich eigentlich um zwei Module mit jeweils 72 Halbzellen handelt. Dadurch sind sie toleranter gegenüber Verschattungen.
Mit einer ähnlichen Technologie schafft es Meyer Burger (A6.570) auf 400 Watt mit 120 Halbzellen. Hochgerechnet auf 144 Halbzellen wären das 480 Watt. Die Module aus den nagelneuen Fertigungshallen im sächsischen Freiberg erreichen diese Leistung mit der Smartwire-Technologie. Das ist ein Netz aus hauchdünnen Drähten, die die Ladungsträger vom Halbleitermaterial abtransportieren. Meyer Burger wird zudem seine neuen Solardachziegel vorstellen.
Speicher mit mehr Funktionen
Auch die Speicherbranche ist im Wandel. Die Systeme sind längst nicht mehr nur Stromlager, sondern inzwischen intelligente Bestandteile des Energiesystems – sowohl im Gebäude als auch im Netz. So wird Fenecon (B6.107) einen neuen Heimspeicher präsentieren. Das modular aufgebaute Gerät ist voll notstromfähig – eine Funktion, die immer mehr nachgefragt wird – und bis zu einer Kapazität von 66 Kilowattstunden erweiterbar. Damit wird es auch interessant für kleinere Gewerbebetriebe.
Auf die Verbindung von Photovoltaik mit Speichern im großen Kraftwerksbereich konzentriert sich SMA (B6.270). Hier hat das Unternehmen seine Mittelspannungsstationen mit einem neuen Gridforming ausgestattet. Mit dieser netzbildenden Funktion will SMA alle zukünftigen Anforderungen an die Sektorenkopplung und die Netzstabilität erfüllen. SMA nimmt sich auch des Themas Wasserstoff an und wird auf der Messe seine Lösung präsentieren. Wasserstoff ist grundsätzlich ein ganz neuer Trend, den die Messe in München mit einer Reihe von Ausstellern in der Halle B6 aufgreift.
Wasserstoff als neuer Trend
Dort präsentiert unter anderem Home Power Solutions (B6.250) eine Lösung für die Komplettversorgung ganzer Gebäude mit Photovoltaik und Wasserstoff. Herz des Picea ist ein Heimspeicherhybrid. Dieser besteht aus einer Solarbatterie als Kurzzeitspeicher und einer alkalischen Elektrolyse, die Wasserstoff für die saisonale Speicherung des Solarstroms erzeugt. Eine Brennstoffzelle verstromt den gespeicherten Wasserstoff bei Bedarf zurück. Durch die Nutzung der Abwärme der Elektrolyse und der Brennstoffzelle erreicht das System einen Gesamtwirkungsgrad von 90 Prozent.
Auch Sunfire (B6.470H) wird seine Brennstoffzellengeräte präsentieren. Das Unternehmen aus Neubrandenburg hat eine Anlage für Ein- und Zweifamilienhäuser, die in Kaskade geschaltet auch für Mehrfamilienhäuser geeignet ist. Daneben bietet Sunfire auch Remote-Generatoren für netzferne Anwendungen an, um Dieselgeneratoren zu ersetzen.
Hohe Leistung abdecken
Den Solarstrom nicht nur für die Sektorenkopplung, sondern für den Verbrauch vor Ort verfügbar zu machen und gleichzeitig die Erträge aus der Photovoltaikanlage zu maximieren, ist die Aufgabe der Leistungselektronik. Diese Herausforderung nimmt Kostal (B5.530) mit seinem neuen Gewerbewechselrichter Piko CI an. Er ist einerseits darauf getrimmt, die hohen Leistungsanforderungen in Gewerbebetrieben zu bedienen. Andererseits ist er mit dem integrierten Modbus-Protokoll mit verschiedenen Solarparkreglern kompatibel und bringt ein umfangreiches Kommunikationspaket mit, sodass er auch mit Haustechnikanwendungen kommunizieren kann. Über einen Rundsteuerempfängeranschluss kann er auch aus der Ferne gesteuert werden.
Unter anderem auf die Ertragsmaximierung hat sich Huawei (B5.510) konzentriert. Mit dem Konzept Fusion Solar hat das Unternehmen jetzt eigene Leistungsoptimierer im Portfolio. Dadurch kommt die Leistungselektronik auch mit komplexen Anlagen mit unterschiedlichen Ausrichtungen zurecht. Die Optimierer bieten aber auch mehr Sicherheit. Denn sie sorgen dafür, dass an den Modulsteckern nur noch eine minimale Spannung anliegt, wenn im Havariefall die Kommunikation mit dem Wechselrichter zusammenbricht. Dazu kommt noch eine Lichtbogenerkennung, die die Sicherheit auf dem Dach weiter erhöht.
Mit dem Sunny Tripower Smart Energy zeigt auch SMA einen neuen Hybridwechselrichter, der in Kombination mit dem Sunny Home Energiemanager sämtliche Stromflüsse im Gebäude regeln kann. Ein integriertes SMA Shadefix optimiert die Erträge auch bei Verschattung und macht zusätzliche Modulelektronik auf dem Dach überflüssig.
Wartung vereinfacht
SMA hat auch unter anderem die Planung, das Monitoring und die Wartung der Leistungselektronik vereinfacht. So wird in Zukunft eine „Virtual Support App“ die Wartung von Zentralwechselrichtern vor Ort mit Expertenunterstützung durch Ferneinwahl ermöglichen. Das vereinfacht die Wartung und Reparatur der Anlagen mit entsprechenden Kostensenkungen für den Betreiber.
Diese und weitere Lösungen präsentieren die Aussteller auf dem diesjährigen Neustart der The smarter E Europe. Auch die Redaktion von photovoltaik wird vor Ort sein und begrüßt Sie gern zu einem persönlichen Gespräch in Halle B6 am Stand 407.