Im Wiener Zoo gibt es zwei neue Giraffen. Seit Mai leben sie in ihrem Domizil unter transparentem Sonnendach. Abgerundet wird das ökologische Konzept durch einen Schotterspeicher und LED.
Alles Gute kommt bekanntlich von oben. Die Sonnenstrahlen, die auf das Giraffengehege im Wiener Tiergarten Schönbrunn treffen, spenden nicht nur Wärme und Frohmut. Sie werden künftig direkt von der neuen BIPV-Dachanlage in Strom umgewandelt. Der ein oder andere Zoobesucher mit einer gewissen Affinität für stromende Fassaden würde sicher gern mal die Perspektive seiner Bewohner mit dem langen Hals einnehmen – um ganz nah dran zu sein.
Die Besucher haben nun eine fünf Meter hohe Galerie bekommen, auch um mit den heranwachsenden Giraffenweibchen auf Augenhöhe zu sein. Die beiden Halbschwestern Sofie und Fleur kamen aus dem Rotterdamer Zoo. Sie wurden dem Wiener Tiergarten Schönbrunn im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms zugeteilt.
Giraffenhaus eröffnete erstmals 1828
Eigentlich kommen die Netzgiraffen aber aus dem Nordosten Kenias. Der Name der Spezies leitet sich von ihrer Fellzeichnung ab, weil sie an ein Netz erinnert (Fleur ist die mit der dunkleren Fellzeichnung). Die Zahl der in Afrika lebenden Giraffen sinkt dagegen immer weiter. Die Naturschutzorganisation IUCN schätzt sie auf 80.000.
Die höchsten Landsäugetiere faszinieren Menschen seit jeher. Das historische Giraffenhaus stammt aus dem Jahr 1828. Es wurde nun aufwendig in seiner ursprünglichen Form restauriert. Am 10. Mai 2017 wurde es eröffnet. „An der Rückseite des denkmalgeschützten Hauses wurde ein großer, lichtdurchfluteter Wintergarten angebaut“, berichtet Architekt Peter Hartmann. Damit steht den Giraffen nun eine 440 Quadratmeter große Innenanlage zur Verfügung. „Das ist immerhin dreimal so viel Platz wie früher.“
Das österreichische Wirtschaftsministerium übernahm mit 5,1 Millionen Euro den Hauptanteil der Investitionen von sieben Millionen Euro. Immerhin 1,9 Millionen Euro brachte der Tiergarten selbst durch Eintrittserlöse, Spenden und Sponsorengelder auf.
Solardach von Ertex Solar
Getragen wird das Dach im Übrigen von einer stilisierten Schirmakazie, einem typischen Baum im Lebensraum der Giraffen. Auf 1.770 Quadratmetern finden die Giraffen Wiesenbereiche, eine Wasserstelle, Sandplätze zum Ruhen und diverse Futterstellen vor. In das Glasdach des Wintergartens ist eine 237 Quadratmeter große Photovoltaikanlage integriert. Sie erzeugt jährlich rund 18 Megawattstunden Strom und deckt damit den gesamten Stromverbrauch der Giraffenanlage. Unter dem Wintergarten befindet sich zusätzlich ein 120 Tonnen schwerer Schotterspeicher. Die Hitze des Tages wird so in der Nacht in Wärme umgewandelt. Hinzu kommen eine gute Wärmedämmung sowie der konsequente Einbau von LED-Lampen. Für dieses Konzept wurde der Giraffenpark bereits vorab im Jahr 2016 mit dem Umweltpreis der Stadt Wien ausgezeichnet.
Der Anbau eines Wintergartens hat mehr Raum und zudem ein wohltemperiertes Klima für die beliebten Bewohner mit den langen Hälsen gebracht, weiß Tiergartendirektorin Dagmar Schratter. Denn die Tiere benötigen stets eine Temperatur von mindestens 18 Grad Celsius. Das Solarstromdach spendet Strom und Schatten. Es kommt von dem österreichischen Spezialisten Ertex Solar aus Amstetten. Damit bestückt ist das Wiener Girraffenhaus in puncto Umweltschutz auf Augenhöhe mit seinen Bewohnern. (Niels Hendrik Petersen)