Wie schätzen Sie das abgelaufene Geschäftsjahr 2018 für E3/DC ein?
Andreas Piepenbrink: Der Aufwärtstrend im Photovoltaikmarkt hält an, es geht gut voran. Auch wenn es nicht einfacher wird. 2018 war etwas schlechter für den Solarheimspeichermarkt als ursprünglich prognostiziert. So fiel das generelle Heimspeicherwachstum geringer aus als erwartet. Ich denke, es waren 15 Prozent mehr als 2017, da viele Installateure größere Anlagen gebaut haben und komplett ausgelastet waren.
Und für E3/DC?
Wir verzeichneten ein Wachstum von gut 14 Prozent, sind also mit dem Markt gewachsen. Obwohl es kein leichtes Jahr für uns war. Denn wir haben den AC-Speicher Quattroporte und die neue Serie S10 E Pro unseres Hauskraftwerks mit größten Anstrengungen in die Produktion gebracht. Trotz dieser Anstrengungen haben wir ordentliches Wachstum beim Umsatz hingelegt. Wir haben jetzt fast 100 Mitarbeiter. In Bayern und in der Schweiz führen wir die Märkte an. Ende 2018 hatten wir noch fast 1.000 Abrufe im Backlog. Wir konnten das Hauskraftwerk in 38 Ländern patentieren.
Welche Trends konnten Sie 2018 erkennen beziehungsweise zeichnen sich seit Anfang 2019 ab?
Die privaten Solarkunden, die ja unser wichtigstes Geschäft sind, verlangen nach immer größeren Photovoltaikanlagen. Zehn Kilowatt werden schon deutlich überschritten. Denn die Leute haben mittlerweile verstanden, dass sie auch ihre Wärmepumpe und das E-Auto mit dem eigenen Sonnenstrom laden können. Dafür braucht man 14, 15 oder 16 Kilowatt vom Dach des Eigenheims. Das hat sich herumgesprochen. Sicher waren auch die niedrigen Solarpreise und die immer stärkeren Solarmodule hilfreich.
Es dauert immer seine Zeit, bis sich neue Technologien herumsprechen. Das gilt für die Photovoltaik wie für die Stromspeicher …
Dazu fällt mir der Begriff „Einwirkzeit“ ein. Mittlerweile haben wir unseren Vertrieb umstrukturiert. Die ausgezeichnete Auftragslage hat sich Anfang 2019 mit fast 1.000 Bestellungen für die neue Serie Pro fortgesetzt. Es war der bislang höchste Auftragseingang in der Geschichte unserer Firma. Wir fahren jetzt die Produktion und die Batterieimporte weiter hoch. Das Wachstum von E3/DC basiert zu 50 Prozent auf Empfehlungen von Bestandskunden. Das stimmt uns für dieses Jahr sehr optimistisch.
Welche Zellen verbauen Sie in den neuen Hauskraftwerken S10 E Pro?
Wir bekommen unter anderem die JH-4-Zellen von LG Chem, zukünftig auch für Gewerbespeicher in Europa. Diese extrem leistungsfähigen und zuverlässigen Zellen setzen wir flächendeckend ein. Es ist schon beachtlich, was die Ingenieure von LG Chem mit diesen Zellen erreichen: 10.000 Zyklen bei einer Entladerate von 1C. Wir bewerben das aber nicht aktiv.
Wie haben sich die Preise für Lithiumspeicher im privaten Segment 2018 entwickelt?
Beim Einkauf der Batterien gingen die Preise um fünf bis acht Prozent runter, in dieser Höhe haben wir auch die Systempreise reduziert. Das ist moderat, alles noch im Rahmen. Unsere Systeme liegen im mittleren bis oberen Preissegment, das akzeptieren die Kunden. Und die Installateure bekommen eine Marge, die den Einbau lohnt. Wir haben für den Einstieg auch kleine Speicher im Angebot. Diese werden kaum nachgefragt, weil die Leute durchaus bereit sind, mehr Kapazität und höhere Leistungen zu bezahlen, um sich auf die Zukunft vorzubereiten. Haben ist offensichtlich für viele besser als Brauchen.
Wie beispielsweise beim Quattroporte?
Der Quattroporte wird von uns fast wie ein Ikea-Regalsystem ausgeliefert. Er bietet viel Kapazität, aber nicht so hohe Leistung. Die Serie wird auf der EES Europe in München durch Hochleistungsspeicher nach oben fortgesetzt.
Gewerbespeicher sind eher ein Projektgeschäft. Vertreiben Sie diese Speicher auch über die Installateure?
Ja, aber im Auftrag durch unseren Werksservice. Betriebsführer dieser Speicheranlage ist E3/DC. Wir knüpfen an die Erfahrungen mit Heimspeichern an. Aufgrund der Elektromobilität und der erwähnten Wärmepumpen sind die Anforderungen etwas andere als bei den Privatkunden. Doch auch im Gewerbe wird es der Installateur sein, der die Systeme plant und verkauft.
Vor einem Jahr wurde E3/DC von der Hager-Gruppe übernommen. Seitdem gab es weitere Übernahmen in der Speicherbranche. Wie bewerten Sie diese Konsolidierung?
Die Hersteller der Batterien in Asien kompensieren den Preisverfall durch Wachstum, die haben einen langen Atem und werden immer größer. Anders sieht es bei den Systemintegratoren aus. Das erkennen Sie schon bei den Herstellern von Solarwechselrichtern. Fronius und Kostal sind an größere Unternehmen angeschlossen, die mehrere Standbeine haben. Jetzt wurde Kaco von Siemens übernommen, dafür wird es gute Gründe geben. Mal schauen, wie sich SMA im Projekt- und Servicegeschäft zukünftig aufstellt. Und uns betrifft das langfristig auch. Denn letztlich sind wir ein Wechselrichterhersteller, der die Batterie integriert.
Kommt neuer Wind in die Speicherbranche?
Die Übernahme von E3/DC durch die Hager-Gruppe oder die von Sonnen durch Shell bedeutet nicht automatisch, dass die Unternehmen gesund sind und wirtschaftlich arbeiten. Die Übernahme kann auch eine Strategie der Insolvenzvermeidung sein, um Verluste mit nicht ausreichendem Wachstum zu finanzieren. So etwas funktioniert aber nicht auf Dauer.
Wie sieht es bei Ihnen aus?
E3/DC investiert profitabel und schreibt schwarze Zahlen, wir wachsen zukünftig auch mit der Hager-Gruppe. Es kommt sehr darauf an, wie behutsam und weitblickend Konzerne wie Siemens oder Shell mit ihren neuen kleinen Gesellschaften umgehen. Wird die Marke fortgesetzt, oder geht sie im Konzern auf? Hilft die neue Muttergesellschaft mit eigenem Vertrieb? Hager lässt uns als eigenständiges Unternehmen mit eigener Marke agieren. Wir entwickeln auch neue Produkte für Hager, denn wir haben die Kompetenz in der Leistungselektronik. Die Hager-Gruppe ist als Familienunternehmen sehr gut auch mit den Installateuren vernetzt. Bei der EnBW erkenne ich eine ähnliche Vorgehensweise, was die Ausrichtung der Senec betrifft.
Welche Märkte sind für Sie besonders aussichtsreich?
Aufgrund des starken Wachstums im Elektrofahrzeugmarkt und der zugehörigen Effekte auf unser Geschäft bleiben wir in Europa. Hier können wir uns in den kommenden fünf Jahren verdoppeln. Wir werden auch nicht zum Energieversorger, sondern wir bleiben Premium- und Systemanbieter von Technik für den Eigenverbrauch von Sonnenstrom. Über Hager wird seit diesem Jahr auch die italienische und französische Schweiz erschlossen. Der Absatz in der deutschsprachigen Schweiz ist bereits sehr stark mit weiter sehr starkem Wachstum. Andere Märkte bieten aktuell kaum profitable Geschäfte, da weltweit agierende Hersteller günstigste Standardkomponenten primär in einphasigen Netzen durchsetzen und hier zukünftig alles über den Preis läuft. LG Chem, Chinesen und auch Tesla machen dort das Rennen.
Wie könnte das Speichergeschäft noch besser in Gang kommen?
Ich denke, die Nutzung der Elektromobilität wird sehr stark sein. Darauf haben wir das neue S10 E Pro ausgelegt. Das E-Auto wird mit Abstand der größte Treiber für die Photovoltaik in Europa werden, für alle Systeme, die den Eigenverbrauch von Sonnenstrom bei privaten und Gewerbekunden unterstützen. Photovoltaik und Stromspeicher werden die wichtigsten Mittel, um grüne Energie und grüne Infrastruktur dezentral zu entwickeln.
Meinen Sie, dass die Autoindustrie schon so weit ist?
Schauen Sie sich nur an, mit welcher Geschwindigkeit nun Volkswagen auf E-Mobilität umschwenkt, komplett weg vom Diesel. SMA und Hager – und damit auch E3/DC – in der Kooperation mit Audi zum bidirektionalen Laden standardisieren die Kopplung zwischen Fahrzeug und Haus. Das Fahrzeug wird zu Hause eine weitere und extrem große Solarbatterie, die Unabhängigkeit in einer neuen Dimension schafft.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Quattroporte
Speicher zur AC-Einbindung
E3/DC aus Osnabrück hat 2018 die Quattroporte-Serie eingeführt. Das modulare AC-Speichersystem eignet sich sowohl für private als auch für gewerbliche Anwendungen. Das System ist für Neuanlagen und Nachrüstungen gleichermaßen geeignet, jederzeit beliebig erweiterbar und flexibel einsetzbar.
Eine einfache Notstromfunktion ist integriert, ebenso das Energiemanagement, das verschiedene Kommunikationsstandards für die Hausautomation, Gebäudetechnik sowie E-Mobilität unterstützt. Die Serie wird in den Klassen Uno (bis 5,28 Kilowattstunden), Due (bis 21,12 Kilowattstunden) und Linea (63,36 Kilowattstunden) geliefert.
Hauskraftwerk S10 E
Neue Produktserie Pro für die Sektorkopplung
E3/DC richtet seine Speichersysteme auf die Sektorenkopplung aus. Mit der neuen Bauserie S10 E Pro des Hauskraftwerks werden Wärmepumpe und E-Auto in die solarelektrische Eigenversorgung eingebunden.
Das Hauskraftwerk S10 E Pro bietet eine Entladeleistung von bis zu zwölf Kilowatt, die Basiskapazität beträgt 13 Kilowattstunden. Die Kapazität ist nach Kundenwunsch auf 19,5 Kilowattstunden und mit externen Batterieschränken schrittweise auf bis zu 39 Kilowattstunden erweiterbar.
Für den Betrieb der Wärmepumpe aus der Batterie ist nach Berechnungen von E3/DC eine Entladeleistung von sechs bis neun Kilowatt optimal, welche die neuen Hauskraftwerke der Pro-Serie konstant liefern können.
Gerade in Übergangszeiten erhöht das bei elektrisch beheizten Häusern die Unabhängigkeit vom Netzstrom. Die Systemtechnik stellt zudem sicher, dass die Heizung auch bei Stromausfall in Betrieb bleibt.
Die hohe Ladeleistung und die Kapazität des Speichers unterstützen aber auch die E-Mobilität wirksam: Wenn das Fahrzeug erst nach Sonnenuntergang zu Hause eintrifft, lässt sich dessen Batterie aus dem Speicher noch mit „Kraftstoff“ für den nächsten Tag nachladen – je nach Speicherdimensionierung und Fahrzeugtyp für eine Fahrstrecke von 100 Kilometern und mehr.
Dr. Andreas Piepenbrink
ist Geschäftsführer von E3/DC. Nach dem Studium der Elektrotechnik und Promotion in Regelungstechnik hat er einige Jahre in Führungspositionen der Automobiltechnik gearbeitet, darunter fünf Jahre bei ZF Friedrichshafen als Leiter der Getriebehydraulik und vier Jahre bei Karmann als Bereichsleiter für Elektronik und Geschäftsführer für Engineering-Dienstleistungen. Sieben Jahre internationale Leitung und Produktentwicklung im Bereich Elektronik bei der Multitest GmbH in Rosenheim folgten. Ab 2010 hat er als CEO die Firma E3/DC GmbH in Osnabrück aufgebaut.