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Nicht mehr 24/7 online

Der Datenschutz wird zu einer heiklen Angelegenheit. Wenn man ihn ernst nimmt. So hat die Verbraucherschutzzentrale Nordrhein-Westfalen nun die Garantieklauseln der Speicheranbieter unter die Lupe genommen. Sie moniert: Eine dauerhafte Internetverbindung und die Zustimmung zu uneingeschränkten automatischen Online-Updates dürfen nicht zur Bedingung für die Gültigkeit von Garantien gemacht werden.

Damit hat sich die Verbraucherzentrale NRW nun durchgesetzt. Senec aus Leipzig verzichtet fortan darauf, dass der Kunde permanent am Internet hängen und automatische Updates pauschal akzeptieren muss. Das ist ein wichtiger Fortschritt, denn viele Speicherkunden wollen auch beim Datenschutz autark sein, ihre Geräte nicht rund um die Uhr am Internet lassen.

Einsicht im Sinne des Kunden

Wegen dieser Sache hatten die Verbraucherschützer Klage erhoben. Per Anerkenntnisurteil ist der Rechtsstreit um diese Klauseln nun beendet. Senec zeigte Einsicht im Sinne des Kunden, auch das darf man durchaus als gute Nachricht werten.

Wegen zweier weiterer Klauseln geht es aber vor Gericht weiter. Auch gegen die Firma Sonnen GmbH läuft eine vergleichbare Klage.

Zuständig bei der Verbraucherzentrale NRW ist der Jurist Holger Schneidewindt. „Internetverbindung und Software-Updates sind natürlich nicht grundsätzlich abzulehnen“, sagt er. Im Gegenteil: Für das Monitoring, die Erkennung und Behebung von Fehlern sowie die Datenaufbereitung könne die Vernetzung eines Batteriespeichers Vorteile bringen. „Auf der anderen Seite ist ein Onlinesystem aber auch verletzbar, man kann es hacken. Sensible Daten könnten abgeschöpft, im Extremfall sogar Geräte manipuliert werden“, gibt Schneidewindt zu bedenken.

Kunde wägt Risiko selbst ab

Je länger ein Gerät online sei, desto verletzlicher werde es. „Die Entscheidung, ob die Vorteile oder die Risiken des permanenten Onlineseins überwiegen, muss beim Kunden liegen. Die 24/7-Verbindung darf ihm nicht unter Androhung des Verlusts seines Garantieschutzes aufgezwungen werden“, analysiert der Jurist. Schließlich sei die dauerhafte Internetverbindung für die Kernfunktion eines Speichers gar nicht erforderlich. Dafür ist das hausinterne Energiemanagement zuständig.

Auch Updates sieht die Verbraucherzentrale NRW, insbesondere mit Blick auf sicherheitsrelevante Aktualisierungen, grundsätzlich als positiv beziehungsweise notwendig an. Sicherheitsrelevante Updates müssten so schnell wie möglich bereitgestellt und ausgeführt werden können. Aber: „Für Updates gibt es andere Lösungen als die pauschale Einräumung des Rechts, von außen jederzeit und mit intransparenten Bedingungen Aktualisierungen aufspielen zu können“, erklärt Schneidewindt.

Updates selbst bestimmen

Damit mahnte die Verbraucherzentrale etwas ab, was beispielsweise schon bei Computern und Laptops zur Unsitte verkommen ist. Vor allem Microsoft greift beliebig auf die Technik seiner Kunden zu, nicht immer ist transparent, wie sich Updates steuern lassen. Aber: Die Garantie für den Laptop oder den PC hängt nicht von den Updates ab. Das ist der Unterschied.

Für Stromspeicher sollten nach Auffassung von Holger Schneidewindt folgende Anforderungen erfüllt sein:

  • Benachrichtigung über die Bereitstellung neuer Updates,
  • Aufklärung über den Inhalt des Updates,
  • Möglichkeit, nicht notwendige oder nicht sicherheitsrelevante Update-Komponenten nicht zuzulassen,
  • Möglichkeit, selbst über den Zeitpunkt des Updates zu entscheiden.

Gilt auch für Wechselrichter

Sowohl den generellen Onlinezwang als auch den Zwang zu Online-Updates darf Senec nun nicht mehr als pauschale Bedingung oder Ausschlussgrund für Garantien verwenden. Auch gegenüber Bestandskunden mit Garantieansprüchen kann sich die Firma nicht mehr auf diese Klauseln berufen.

Klar dürfte sein, dass dieser Präzedenzfall für die ganze Speicherbranche gilt. Er gilt aber auch für die Anbieter von Wechselrichtern oder Brennstoffzellen-Heizgeräten oder andere Komponenten in der Haustechnik.

Klar ist auch: Senec hat die Abmahnung akzeptiert, weil sie grundsätzlich Schlimmeres verhütet. Viel größer wäre der Schaden, wenn es Hackern tatsächlich gelänge, sich über die Datenverbindung in die Geräte einzuwählen und sie zu beschädigen. Senec zeigt, dass der Hersteller lernfähig ist und sich den Wünschen der Kunden anpassen will.

Echte Unabhängigkeit bieten

Denn Solaranlagen und Stromspeicher werden von den meisten Kunden gekauft, um sich von den Energieversorgern unabhängig zu machen. Bei der Photovoltaik wird es künftig verstärkt darum gehen, ohne Anschluss ans Stromnetz zu bauen – um die wirtschaftlichen Vorteile dieser Technik voll ausnutzen zu können: ohne Strafsteuer, ohne Mehrwertsteuer auf selbst genutzten Strom, ohne Netzgebühren.

Dieser Wunsch nach Unabhängigkeit sollte auch für die Geräte der Eigenstromversorgung gelten. Was zu Beginn der Speicherbranche noch zu komplex erschien, ist heute technisch problemlos möglich. In den Speichern stecken mittlerweile so leistungsfähige Computer, dass die oben beschriebenen Anforderungen per App für den Kunden steuerbar sein sollten.

Smart Grid betroffen

Und so formuliert es die Verbraucherzentrale NRW: Die von dem Anerkenntnisurteil betroffenen Rechtsfragen haben allgemeine Bedeutung hinsichtlich Smart-Grid-fähiger Geräte wie zum Beispiel Elektroautos, Wärmepumpen und Blockheizkraftwerke.

Bereits im November 2018 hatte die Verbraucherzentrale NRW verbesserte Garantiebedingungen erwirkt. Dabei ging es um die garantierte Speicherkapazität über die Laufzeit eines Systems. Seinerzeit ruderte E3/DC zurück und passte das Kleingedruckte seiner Verkaufsverträge dem Verbraucherschutz an.

Die im Datenblatt garantierten 60 Prozent Batteriekapazität waren nach Auffassung der Verbraucherschützer zu wenig. Von der Verwendung dieser Klausel in neuen Verträgen hatte das Unternehmen bereits in einer außergerichtlichen Unterlassungserklärung Abstand genommen.

Zu geringe Garantien

Erst nach der Klage lenkte E3/DC auch bei den Altverträgen ein und verpflichtete sich, diese Kapazitätsgrenze nicht mehr anzuwenden. „Den Rechtsstreit verliert der Hersteller somit per Anerkenntnisurteil“, sagte Jurist Holger Schneidewindt damals.

Der Verbraucherschützer geht davon aus, dass auch eine pauschale 80-Prozent-Grenze unzulässig ist – so wie sie andere Batteriehersteller nutzen. Dies ist unter anderem Gegenstand einer weiteren Klage der Verbraucherzentrale NRW. „Eine Garantie soll vor wirtschaftlichem Schaden schützen. Wenn Verbraucher aber 20 Prozent Kapazitätsverlust dulden müssen, womöglich bereits nach wenigen Wochen, beeinträchtigt das die Wirtschaftlichkeit einer Photovoltaikanlage mit Speicher erheblich“, sagt Schneidewindt.

www.verbraucherzentrale.nrw/abmahnungen-batteriespeicher

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