Der Himmel ist strahlend blau, lauer Wind weht vom Meer. Um 19 Uhr zeigt das Thermometer noch 29 Grad an. Jetzt locken Strand, mediterranes Treiben in der Altstadt und die unzähligen Tapas-Bars. So präsentiert sich Valencia. Zum zweiten Mal fand hier die EU PVSEC statt, Megamesse und größter europäischer Kongress der Photovoltaikbranche. Viele Aussteller werden sie jedoch eher als Albtraum in Erinnerung behalten.
Das Messegelände Feria Valencia am Rande der Stadt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur abenteuerlich zu erreichen. Wer stadteinwärts will, muss nach dem Messeshuttle zunächst erst einmal die ungesicherten Metrogleise der Station Les Carolines-Fira überschreiten, um auf den richtigen Bahnsteig zu gelangen. Abends warteten während der Messetage auf alle, die sicherer ins Hotel zurückwollten, zwar bis zu 40 Taxis schön um den Häuserblock aufgereiht. Aber neben ihnen zog sich eine Warteschlange von 200 Anwärtern hin. Die kamen aber nicht so einfach weg. Während sich unauffindbar im Untergeschoss lizenzierte Taxis die Reifen plattstanden, sorgten vor dem Haupteingang zwei Polizisten dafür, dass immer nur ein Taxi bestiegen werden konnte.
Die Aussteller kannten diese Hürden schon von vor zwei Jahren, als die PVSEC das erste Mal hier war. Viele behalfen sich selbst. Doch das hatte seinen Preis, wie so einiges in diesen Messetagen in Valencia. Der Service, mit einem kleinen Shuttlebus viermal morgens vom und abends zum Hotel gebracht zu werden, kostete etwa 1.000 Euro. Dass Valencia gepfefferte Preise verlangt, mussten die Aussteller schon im Vorfeld der Messe erfahren. Dafür gab es jedoch noch lange keinen normalen Service.
Eine Agentur für die Hotelbuchung während eines Kongresses oder einer Messe ist an sich eine feine Sache. Diese kann durch große Kontingente bessere Preise rausholen und sollte die Buchung eigentlich vereinfachen. In Valencia wurde es dadurch erheblich komplizierter. Mitten in der Buchungsphase ging die Agentur Viajes Marsans pleite, die Kunden übernahm Viajes El Corte Inglés. Die Hotelsuchenden hatten das Nachsehen. Sie bekamen die Rechnungen von beiden Vermittlern, ohne genaue Aufstellungen, welche Leistungen die Forderungen beinhalteten. Aussteller, die sich für ein Leistungspaket zur Standardausstattung ihres Messestands entschieden hatten, waren dazu verpflichtet, auch zusätzliche Leistungen nur über die Messe Valencia (Feria Valencia) zu buchen. So konnte das Management seine Preise nach Gutdünken festlegen. „Die Logos für die Ausstellerwände waren 18 Mal so teuer wie bei einem unabhängigen Messebauer in Deutschland“, berichtet
Michelle Dannenberg, verantwortlich für den Messeauftritt der Solarpraxis AG. Dafür waren prompt zwei Drittel Falschlieferungen. Für diesen Service hat die Zwangskundin immer wieder falsche Rechnungen zugeschickt bekommen, mit aufgelisteten Leistungen, die nie bestellt oder erbracht worden waren. Die Forderungen und Widersprüche gingen 15 Mal hin und her. Vielleicht hätte einiges telefonisch geklärt werden können, aber dazu fehlten bei der Feria Valencia Ansprechpartner, die des Englischen mächtig waren. Nicht jeder Kunde kann schließlich Spanisch. „Auch die Ausstellerregale waren falsch und dadurch fünf Mal teurer als bestellt“, erzählt Dannenberg. „Unsere Sackkarre ist kaputt gegangen“, ergänzt Christian Steinberg von der Solarpraxis. „Uns wurde von der Messegesellschaft eine Ersatzkarre angeboten: für 30 Euro die Stunde.“
Abzocke plus Schlendrian
Die Liste ließe sich noch lange fortführen. An dieser Stelle seien nur noch die zwei Paletten mit je 1.000 Zeitschriften erwähnt, die von Berlin nie am Messestand der Solarpraxis ankamen. Eine ist überhaupt nicht mehr aufgetaucht, die andere fand sich irgendwo mitten in den Messehallen wieder. Alle waren nachweislich richtig gelabelt.
Dies war kein Einzelfall. Auch bei anderen Ausstellern ist die Toleranzgrenze erreicht. „Es war furchtbar. Die Messeorganisatoren waren offenbar komplett überfordert“, klagte beispielsweise Olga Bosch, Kommunikationsleiterin bei Jonas & Redmann. Der Maschinenbauer sei von der Feria Valencia dazu gezwungen worden, zusätzliche Schutzschalter zu je rund 1.000 Euro für seine Demonstrationsanlagen einzubauen. Jonas & Redmann stellen ständig auf Messen überall in der Welt aus. Mit so einer Forderung wurde das Berliner Unternehmen noch nicht konfrontiert. Es sah sich übrigens ebenfalls nicht in der Lage, die Posten der finanziellen Nachforderungen zu verstehen. „Und wenn man das nicht bezahlt, wird der Strom abgestellt,“ so Bosch.
In zwei Jahren wird es die PVSEC allen Anzeichen nach wohl nicht mehr an diesem Ort geben. „Es ist bei manchen wohl der falsche Eindruck entstanden, dass wir jetzt alle zwei Jahre in Valencia sein werden“, erklärte Heinz Ehmann, Pressesprecher des deutschen Messeveranstalters der PVSEC auf Anfrage der photovoltaik. „Das ist nicht der Fall. Wir schauen uns derzeit für die PVSEC 2012 nicht in Südeuropa um.“Riskant: Der Weg von der Messe stadteinwärts führt über ungesicherte Metrogleise.