Der Mond – das ist das Himmelslicht der Jäger und Nomaden, das dem Jahresverlauf mit seinen Regen- und Trockenperioden einen Rhythmus gab. Den frühen agrarischen Hochkulturen, etwa an Euphrat und Tigris, reichte die Orientierung an Neu- und Vollmond jedoch nicht mehr aus. Um die optimalen Termine für Aussaat und Ernte zu finden, musste ein feineres Instrument zur Berechnung der Jahreszeiten her: die Sonne. Sie ordnet seit nunmehr 10.000 Jahren den Kalender der Menschen.
Mit diesem kulturgeschichtlichen Exkurs eröffnet Frank Asbeck sein bemerkenswertes Buch „Eine solare Welt“, in dem er über die Zukunft der globalen Energieversorgung nachdenkt. Asbeck verfolgt ein großes Ziel: Er will zeigen, wie sich der weltweite Strombedarf ökologisch und sozial verträglich decken lässt.
Den Schlüssel dazu sieht er in der Sonnenenergie – was nicht verwundert, denn als Gründer und Chef von Solarworld gehört er zu den profiliertesten Köpfen der Solarbranche.
Die Leitgedanken seiner Argumentation sind natürlich nicht neu für alle diejenigen, die sich schon länger für dieses Thema interessieren: Anders als fossile Energieträger steht die Sonnenenergie unbegrenzt zur Verfügung; mit dem Preisverfall der Photovoltaikmodule und den steigenden Kosten für Öl und Gas wird die Solarenergie schon bald konkurrenzfähig; neue Kohlekraftwerke legen Deutschland für Jahrzehnte auf fossile Energien fest und beschleunigen so den Klimawandel; erneuerbare Energien schaffen hierzulande Arbeitsplätze und sichern die Technologieführerschaft deutscher Unternehmen; Solarenergie ist dezentral und bricht die Marktmacht der Energiemonopole.
Industriehistorischer Kontext
So weit, so gut. Richtig lesenswert wird Asbecks Buch aber vor allem dadurch, dass er die aktuelle Diskussion um die Energieversorgung in einen größeren industriehistorischen Zusammenhang stellt: Er sieht die globale Wirtschaft inmitten einer Zeitenwende, in der die erneuerbaren Energien die fossilen Energieträger ablösen werden – so wie die Dampfmaschine die Muskelkraft oder die Eisenbahn die Pferdedroschke ersetzt hat. Für seine Argumentationen findet er einen angenehm entspannten Ton, der nie missionarisch oder belehrend daherkommt. Kaum eine These, die nicht durch überzeugende Daten und Fakten gestützt wird, von denen viele auch Lesern aus der Solarbranche neu sein dürften. Fragen der Technologie dagegen lässt Asbeck in seinem Buch weitgehend außen vor.
Das „Eine solare Welt“ noch etwas mehr ist als ein gut geschriebenes, sauber recherchiertes Sachbuch, liegt daran, dass sich Asbeck als Autor nicht unsichtbar macht: Immer wieder webt der Solarworld-Chef eigene Erfahrungen und Bruchstücke seiner Biografie in den Text ein. Etwa wenn er sich an seine Jahre als Öko-Obstbauer am Rhein oder als Landmaschinenhändler in Südamerika erinnert. Auch wenn diese Passagen kaum zum eigentlichen Thema des Buches beitragen – sie machen deutlich, was den gläubigen Christen antreibt. So gewinnt seine Argumentation an Überzeugungskraft.
Schade eigentlich, dass Asbeck seinem eigenen Weg im Buch nicht sogar noch mehr Platz einräumt. Denn seine Biografie ist symptomatisch für viele der Solarpioniere, die heute die Branche prägen: In jungen Jahren war der Westfale Mitglied der DKP-Jugendorganisation. Zwar war der Flirt mit dem Kommunismus nur kurz, doch Asbeck sagt deutlich: „Bis heute schlägt mein Herz links!“ Später rief er dann den nordrhein-westfälischen Landesverband der Grünen ins Leben, wo er noch heute Mitglied ist.
Nachdem Asbeck einige Jahre in Entwicklungsländern gearbeitet und dann hierzulande einen Solar-Handel aufgebaut hatte, gründete er 1998 die Solarworld, die er binnen zehn Jahren zu einem der weltweit größten Hersteller von Photovoltaikmodulen machte. Wie so viele andere Gründer von Solarfirmen zeigt Asbeck, dass sich der Glaube an eine bessere Welt und das Geldverdienen nicht ausschließen müssen. Stoff genug für ein eigenes Buch – vielleicht legt der 50-Jährige ja irgendwann einmal mit einer Biografie nach. Lesenswert wäre die sicher allemal.
Frank H. Asbeck, Eine solare Welt. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009, 216 Seiten, 14,95 Euro.