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Vom Dach her denken

Photovoltaik ist unverzichtbar, das steht fest. Doch wenn es sinnvoll und wirtschaftlich ist, lässt sich auch die Sonnenwärme mit einem sehr einfachen und gut kombinierbaren System einfangen.

Wierig Solar aus Siegburg bei Bonn hat normale Photovoltaikanfragen genutzt, um mit den Kunden gemeinsam eine umfassende Lösung für die Energieversorgung ihrer Gebäude zu finden – natürlich regenerativ. Die Projekte dienten der Erprobung des sogenannten Kraftdaches, um es demnächst bei großen Industriekunden auszurollen. Denn wird die Wärmeversorgung mit der Photovoltaik gekoppelt, erhöht sich die Eigenverbrauchsquote.

Das kann beispielsweise durch den Antrieb der Wärmepumpen erfolgen oder indem der Sonnenstrom warmes Wasser erzeugt. Und die Abwärme der Module lässt sich relativ leicht einsammeln, weil der Spalt bei dachparallelen Modulen sehr eng ist, ideal für eine solche Lösung. Auf diese Weise wird auch für ausreichend Kühlung der Module gesorgt, was vor allem im Sommer die Stromausbeute erhöhen dürfte.

Mehr als 100 Jahre auf dem Dach

Wierig Solar kommt vom Dach. Damit hat das Unternehmen schon 1893 angefangen, als der Gründer mit einem Spezialdach für die Weltausstellung in Chicago beauftragt wurde. Seither hat sich die Muttergesellschaft Wierig Dach- und Fassadensysteme zu einem kompetenten Anbieter von Dächern und Fassaden für Industriekunden entwickelt.

2009 kam die Solartochter hinzu, in der heute 20 der insgesamt 160 Mitarbeiter der Wierig-Gruppe arbeiten. Das dritte Unternehmen ist die Firma Wierig Liquid, die sich auf Abdichtungen am Dach, an der Fassade, an Terrassen und Tiefgaragen spezialisiert hat. „Wir bauen nur auf Flachdächern, die höchstens acht bis zehn Grad Neigung aufweisen“, sagt Arnold Berens, Vorstand der Wierig Solar AG. „Unter 100 Kilowatt fangen wir eigentlich nicht an.“

Stammsitz in Siegburg

Der Stammsitz befindet sich in Siegburg, dort ist auch die Solartochter ansässig. In Mannheim sitzen die Experten für Dächer und Fassaden für den süddeutschen Raum, ein kleinerer Standort wird in Regensburg betrieben. „Das Unternehmen befindet sich nach wie vor in den Händen der Familie Wierig“, berichtet der Geschäftsführer. „Wir sind unabhängig von Banken oder dem Geschehen an der Börse. Und wir haben viele Dummheiten vermieden.“

In Köln und in Montabaur erprobt Wierig Solar, was das Unternehmen demnächst auch den großen Kunden aus der Wirtschaft anbieten wird: „Mit dem Kraftdach können wir den Kunden stabile Energiekosten für zwei, drei oder gar vier Jahrzehnte garantieren“, rechnet Berens vor. „Mit der Photovoltaik können wir das schon: für die Stromerzeugung. Nun weiten wir unsere Erfahrungen auf den Wärmesektor aus.“

Planung als Kernkompetenz

Wierig Solar baut im Jahr zwischen sechs und acht Megawatt Photovoltaik, ausschließlich auf großen Flachdächern. Mit der Mutterfirma im Rücken werden auch anspruchsvolle Neubauten gestemmt. „Wir machen keine Eigenheime oder Freiflächen“, schränkt der Firmenchef ein. „Wir haben einen klaren Fokus, um uns nicht zu verzetteln.“

Es geht um große Dächer – auf Fabriken, Lagerhallen oder Hangars. Rund 80 Prozent des Umsatzes sind neue Solargeneratoren, etwa ein Fünftel wird mit der Sanierung von Fremdanlagen, mit Anlagenüberwachung und Wartung umgesetzt. Neun von zehn Kunden schließen sofort einen Wartungsvertrag ab. Kernkompetenz ist die Anlagenplanung, außer der Statik. „Das muss ein zertifizierter Tragwerksplaner machen“, wie Berens einschränkt. Auch der Anschluss am Netz wird von den Ingenieuren in Siegburg geplant, entweder in der Niederspannung oder in der Mittelspannung mit neuem Trafo.

Nur in Deutschland aktiv

Und: Wierig Solar ist ausschließlich in Deutschland aktiv. „Wenn unsere Kunden dies ausdrücklich wünschen, bauen wir selbstverständlich auch in Bologna oder Warschau“, sagt Michael Huhn, Vorstand der Wierig Solar AG und zugleich Geschäftsführer des Dachunternehmens. „So haben wir jüngst einen Dachauftrag in Moskau abgewickelt. In der Schweiz oder in Österreich sind wir allerdings bislang nicht unterwegs.“

Deutsche Qualität, technisch anspruchsvolle Projekte, nach dem Strom bald auch die Wärme: Damit haben die Ingenieure und Handwerker von Wierig Solar alle Hände voll zu tun. Denn im Geschäft mit den Großdächern darf man sich Fehler nicht leisten. Kaum ein Bauteil ist so sensibel wie die leichten, mit Bitumen oder Folien belegten Dächer der Industrie, egal, ob es sich um Warmdächer oder Kaltdächer handelt.

Deshalb arbeitet Wierig Solar schon seit 2010 mit einer eigenen Unterkonstruktion, die von einem deutschen Zulieferer gefertigt wird. Die Unterkonstruktionen und die Energieberatungen für die Kunden mit kompletten Energielösungen werden von der neuen Tochtergesellschaft „Kraftwerk Solutions“ entwickelt und vertrieben. „Der Kunde fordert: Das Dach muss unbedingt dicht sein“, erläutert Berens. „Das bedeutet, dass die Photovoltaikanlage keinerlei Stress in die Dachbahn einbringen darf, auch der thermische Absorber nicht.“ So ist Kraftwerk Solutions auch im Qualitätsverband Solar- und Dachtechnik (QVSD) aktiv, wo solche Themen behandelt werden.

Keine Punktlasten, kaum Ballast

Bei Warmdächern mit mehr als 2.500 Quadratmetern Fläche wird eine mineralische Dämmung unter die Dachbahn aus PVC installiert, wegen des Brandschutzes. Schon geringe Punktlasten drücken diese Dämmung dauerhaft ein. Es bilden sich Pfützen, die Dämmung kann sich mit Feuchtigkeit vollsaugen. „Dann ist der gesamte Dachaufbau gefährdet“, urteilt der Experte. „Unser Montagesystem erzeugt keine Punktlasten. Die Schienenprofile laufen durch, darunter liegen Gummimatten. Zwischen den Matten ist ausreichend Platz, damit Wasser abfließen kann.“

Das System wird – falls erforderlich – nur im Randbereich der Modulblöcke ballastiert. Bei der Südaufständerung der Module ergeben sich Flächenlasten von sieben bis zehn Kilogramm je Quadratmeter. Bei Ost-West-Aufständerung sind es nur drei bis vier Kilogramm mehr.

Blockweise montiert und verschraubt

Unlängst hat die Firma ein Megawatt auf dem Dach eines Kunden in Baden-Württemberg installiert. Dafür brauchten fünf bis sechs Leute rund drei Wochen. In vier Wochen lassen sich 1,5 Megawatt aufs Dach bringen, aus vorkonfektionierten Teilen, die vor Ort nur noch zusammengesteckt und verschraubt werden. Das Modulfeld wird in Blöcke aufgeteilt, bei waagerechter Modullage bis vier Module je Schiene.

Der Hintergrund: In der Automobilindustrie gehen die Fabrikplaner davon aus, dass in der Halle alle sieben Jahre eine komplett neue Fertigung aufgebaut wird, inklusive Umbauten auf dem Dach, wo Abluftrohre, Rückkühler oder andere Aggregate laufen. Mit einem blockweise montierten und verschraubten System lässt sich die Photovoltaikanlage an die neuen Bedingungen anpassen, indem man einzelne Blöcke einfach abklickt und anschließend wieder an das Modulfeld anschließt.

Prinzipiell werden die Solaranlagen komplett ohne Dachdurchdringung aufgebaut. Das gilt auch für die Kabelführung der Generatoren und die Hydraulikleitungen der solarthermischen Register. Auf flach geneigten Foliendächern werden die Solarmodule durchdringungsfrei mit einem eigens entwickelten System installiert.

Die Montagesysteme von Wierig Solar können gerahmte und ungerahmte Solarmodule aufnehmen. Vorzugsweise werden kristalline Module von Solarworld verbaut, auf Norddächern auch die Dünnschichtpaneele von Solar Frontier. So wurden auf einem Dach für die Firma Haas in Schwaigern mehr als 600 Kilowatt installiert.

Lieferanten aus Deutschland

Auf der Südseite des flach geneigten Daches wurden 55 Prozent der Leistung mit kristallinen Solarworld-Modulen installiert, auf dem Norddach 45 Prozent mit CIS-Scheiben von Solar Frontier. Die Anlage läuft seit 2012, „die Dünnschichtmodule bringen mehr als die kristallinen Module“, wie Arnold Berens resümiert.

Vier Fünftel der Anlagen sind Ost-West-Generatoren. Als Lieferant für die Wechselrichter kommt bevorzugt Kaco zum Zuge. „Wir geben ein klares Bekenntnis für deutsche Qualität ab“, sagt Berens. „Wir brauchen keine besonders billigen Module oder Wechselrichter. Für unsere Kunden muss die Gesamtkalkulation stimmen, Solarworld zum Beispiel hat sehr gute Module. Obendrein ist die Logistik auf der Baustelle erstklassig, auch bei schwierigen Baustellen, bei denen wir die Produktion der Kunden in der Halle nicht stören dürfen.“

In der Regel vergehen sechs bis zwölf Monate mit intensiven Beratungen beim Kunden, bis die ersten Module aufs Dach gehoben werden. Neben der technischen Auslegung geht es in den Beratungen um die Finanzierung der Projekte, um die Versteuerung und Versicherungen. Vor allem der Eigenverbrauch erhöht die Anforderungen, ebenso die Wärme.

Elektroladestationen wurden bisher wenig verbaut, ihre Bedeutung wird jedoch schnell wachsen. Wierig Solar hat eine eigene Betreibergesellschaft gegründet, um die Solargeneratoren zu betreiben. Seit Kurzem werden zunehmend Anlagen errichtet, die überhaupt nicht mehr ins öffentliche Stromnetz einspeisen.

Einige Beispiele aus der Praxis

Ein Beispiel ist die neue Solaranlage bei John Deere in Bruchsal bei Karlsruhe. Dort wurden 1,6 Megawatt aufs Dach gepackt, die im Jahr rund 1,622 Gigawattstunden Sonnenstrom erzeugen. Diese Energie wird vollständig im Lieferzentrum von John Deere verbraucht. Die Anlage läuft seit 1,5 Jahren, ohne Einspeisung ins öffentliche Netz. Die Zentralwechselrichter von Kaco stellen AC-Niederspannung bereit, die in einem speziellen Trafo auf die Mittelspannung von 20 Kilovolt umgesetzt werden. Der Strom wird in die Ringleitung (20 Kilovolt) eingespeist, die zum Firmennetz von John Deere gehört.

81 Prozent Eigenverbrauchsquote

Bei einem Unternehmen der Baustoffbranche wurden 2,35 Megawatt auf dem Fabrikdach errichtet. Dort entwickelte Wierig Solar zusammen mit dem Netzbetreiber ein spezielles Anschlusskonzept. Zugleich wurde das Dach saniert, mit erhöhten Anforderungen an den Brandschutz. Der Sonnengenerator deckt etwa 30 Prozent des Jahresstrombedarfs, die Eigenverbrauchsquote erreicht mehr als 81 Prozent – ohne Stromspeicher, wohlgemerkt.

Und auf dem UPS-Terminal des Flughafens Köln-Bonn wurde ein Megawatt errichtet. Das Gebäude ist mehr als 22 Meter hoch. Bevor ein Monteur seinen Fuß aufs Dach setzen durfte, waren umfangreiche Sicherheitsprüfungen der Mitarbeiter notwendig, auch musste das Luftfahrtbundesamt die Anlage genehmigen, spezieller Blendschutz für anfliegende Flugzeuge und hohe Auflagen für den Brandschutz inklusive.

www.wierig.de

www.kraftwerk-solutions.com