Nullenergiehäuser haben ein klares Ziel: Sie sollen genauso viel Energie selbst erzeugen, wie sie verbrauchen. Dafür entwerfen Planer ausgeklügelte Konzepte, in denen Solaranlagen eine zentrale Rolle spielen. In ihrem Buch „Nullenergiegebäude“ nehmen Karsten Voss und Eike Musall diese unterschiedlichen Ideen genauso unter die Lupe wie die verschiedenen Berechnungen der Energiebilanz.
Im Mittelpunkt ihrer Analysen stehen die gewonnenen Erkenntnisse von Planern und Nutzern. Besonders interessantsind die Energiewerte von Gebäuden, die schon seit einigen Jahren bestehen. Das Fazit: nicht alle untersuchten Gebäude erreichen das Ziel der ausgeglichenen Energiebilanz. Das Buch zeigt, wie schwierig dies zu schaffen ist und welche Kluft sich zwischen Planung und Realität auftut.
Bislang werden Nullenergiestandards und die zugrunde liegenden Rechenwege weltweit unterschiedlich gehandhabt. Eine Expertengruppe der Internationalen Energieagentur, der auch die Autoren angehören, will bis Ende 2011 ein einheitliches Berechnungsverfahren für Nullenergiegebäude vorlegen. Grundlage dafür bildet die Analyse von 23 ausgewählten Beispielprojekten, die in diesem Buch vorgestellt werden. Von Ein- und Mehrfamilienhäusern über Schulen zu Bürogebäuden und Produktionsstätten sind unterschiedliche Gebäudegrößen und -typologien vertreten.Voss und Musall machen einen Trend aus: die alleinige Versorgung mit dem Energieträger Strom im Wohngebäudesektor. Das „Nur-Strom-Haus“ wird nicht mit Holz oder Gas beheizt, sondern von einer strombetriebenen Wärmepumpe. Zum Ausgleich der Energiebilanz sind große Photovoltaikanlagen nötig.
Außerdem formulieren die Autoren im Hinblick auf den Ausbau erneuerbarer Energien zur Stromversorgung ein klares Ziel – ein Nullenergiegebäude, das den Großteil des Solarstroms vor Ort verbraucht und das Netz als saisonalen Speicher nicht benötigt. Ein Schritt in diese Richtung sind Batteriespeicher. Sie könnten den Eigenverbrauchsanteil verdoppeln, seien aber im Moment noch zu teuer, schreiben die Autoren.
Im Buch „Nullenergiegebäude“ geht es weniger um die bautechnische Integration der Photovoltaik in die Gebäudehülle als um die Funktion der Solaranlage im Energiekonzept. Die Autoren zeigen also nicht nur architektonisch gelungene Umsetzungsmöglichkeiten. Das macht die Lektüre für die spannend, die sich für das Gesamtsystem Gebäude als Energieverbraucher und -produzent auseinandersetzen.
Karsten Voss, Eike Musall: Nullenergiegebäude. Klimaneutrales Wohnen und Arbeiten im internationalen Vergleich, Mai 2011; 192 Seiten, 49,90 Euro, Verlag Institut für internationale Architektur-Dokumentation, ISBN 978-3-920034-50-8