Der Blick zwei Jahre zurück zeigt einen Markt, wie er heute kaum noch vorstellbar erscheint. Damals starteten die Dünnschichthersteller so richtig durch. Der geringere Bedarf an Rohstoffen in der Produktion und die damit geringeren Herstellungskosten waren die Stärke der unterschiedlichen Dünnschichttechnologien. Über die Jahre haben sich so diese Zellen, trotz der geringeren Wirkungsgrade, zu einer ernstzunehmenden Alternative der konventionellen, auf Silizium basierenden kristallinen Zellen entwickelt. Dadurch konnten die Hersteller ihre Marktanteile schon in der Anfangsphase der Serienproduktion beachtlich steigern.
Lag die Produktion 2008 noch bei rund acht Prozent Weltmarktanteil, stieg der Anteil im Folgejahr auf knapp 20 Prozent. (Das Resultat zeigt die Marktübersicht mit einer Vielzahl an Herstellern und Modulen ab Seite 150 – Anmerkung der Redaktion). Doch seither sind die Preise für kristalline Module um mehrals 40 Prozent gefallen. Damit schwindet natürlich auch der Kostenvorteil der Dünnschicht, während die Einbußen bei Erträgen und Energieausbeute noch nicht hinreichend kompensiert werden konnten. Eine aggressive Preispolitik, bislang eines der Alleinstellungsmerkmale der Dünnschichtbranche und einer ihrer Vorteile, wird nun zum Problem aller.
48 Prozent für Silizium
Wir vom Marktforschungsinstitut EuPD Research haben für unser Thin Film Industry Guidebook 2011, das in Kürze erscheinen wird, kristalline und Dünnschichtproduzenten befragt, Projektierer, Banken, Kapitalgeber und Forschungseinrichtungen. Dabei kommt es darauf an, nicht nur die Ankündigungen zu zählen, sondern auch zu analysieren, welche Produktionslinien tatsächlich gebaut wurden. 2009 und 2010 ergaben sich die Marktanteile dabei mehr durch die Produktionskapazitäten der Hersteller als durch eine begrenzte Nachfrage.Auffällig ist gerade im Dünnschichtbereich, dass sich die Unternehmen stark in ihren Produktionskapazitäten unterscheiden. Insgesamt waren 2010 mehr als 100 Unternehmen mit einer Gesamtkapazität von über 4,5 Gigawatt tätig, im Vergleich zu 18,5 Gigawatt Produktionskapazität der kristallinen Hersteller. Mehr als 70 Prozent der Dünnschichtfirmen produzierten demnach amorphe Silizium-Dünnschichtmodule oder Tandemzellen aus amorphem und mikrokristallinem Silizium (mikromorphe Zellen). Sie stellten aber nur einen Anteil von 48 Prozent an der Produktion. Künftig ist zudem davon auszugehen, dass der Produktionsanteil weiter abnehmen wird. Bei der CIGS-Technologie entspricht die Produktion eher dem Durchschnitt. Etwa 25 Prozent der Unternehmen stellen immerhin ein Fünftel des Outputs. Die größte Divergenz ist nach wie vor im Bereich der Cadmiumtellurid-Zellen zu beobachten. Lediglich vier Unternehmen stellten rund 33 Prozent,umgerechnet 1,5 Gigawatt, des weltweiten Produktionsoutputs her, davon kommt der Hauptanteil von First Solar.
In einem moderaten Wachstumsszenario erwartet EuPD Research, dass die Produktionskapazitäten bis 2015 insgesamt bei 22,6 Gigawatt liegen. Dabei könnten die Dünnschichttechnologien ihren Anteil auf 24 Prozent steigern. Voraussetzung dafür ist aber die Erweiterung der Absatzkanäle auch in sonnenreiche und strahlungsintensivere Regionen, wodurch sich Vorteile für die Dünnschichttechnologien ergeben. Insgesamt werden die Dünnschichtunternehmen 5,4 Gigawatt Kapazitäten aufbauen. EuPD Research rechnet vor, dass die Cadmiumtellurid-Zellen dann Siliziumdünnschicht hinsichtlich des Produktionsoutputs ablösen werden. Mit 2,7 Gigawatt werden Cadmiumtellurid-Zellen dann rund die Hälfte des Dünnschichtmarktes ausmachen, wobei First Solar auf absehbare Zeit auch weiterhin das größte Solarunternehmen in diesem Segment bleiben wird. Es steht aber zu erwarten, dass verstärkt auch Großkonzerne aus der Flachbildschirm- sowie EPC-Industrie in den Markt eintreten werden. Dadurch wird sich der Druck auf den Branchenprimus First Solar verstärken.
CIGS und Siliziumdünnschicht werden nach diesen Vorausberechnungen jeweils einen Anteil von rund einem Viertel am Gesamtmarkt halten, was etwa 1,3 Gigawatt entspricht. Der enorme Verlust von Marktanteilen der siliziumbasierten Technologien ist vor allem auf einen schlechten Kosteneffizienz-Quotienten zurückzuführen. Sollte die CIGS-Technologie zudem die von vielen Marktexperten bescheinigten Kostenreduktionspotenziale im Produktionsprozess entfalten, würde sich der Marktanteil bis 2015 sogar steigern, dann allerdings zu Lasten der Cadmiumtellurid-Zellen.
Platz für wenige Große
Vergleicht man die Technologien anhand der Produktionskosten, so führt auch hier die Cadmiumtellurid-Technologie. 2010 lagen die Kosten nach Angaben des US-amerikanischen Herstellers First Solar bei 0,76 US-Dollar pro Watt. CIGS lag im vergangenen Jahr bei Produktionskosten von 1,25 US-Dollar. Nach Meinung vieler Experten gibt es bei dieser Technologie noch die größten Potenziale zur Kostensenkung im Produktionsprozess. Momentan liegt CIGS aber nochzwischen den Preisen der monokristallinen Photovoltaik mit 1,71 US-Dollar und der polykristallinen mit 1,10 US-Dollar. Die amorphen Siliziumdünnschicht-Mehrschichtzellen kamen im Jahr 2010 auf 1,05 US-Dollar.
Wer mithalten will, muss also Produktionskosten senken. Dabei gilt die gleiche Lernkurve wie bei den kristallinen Zellen. Eine Verdopplung der Produktionskapazitäten führt in der Regel zu einer Kostenreduzierung von rund 20 Prozent. Dass das auch für ein einzelnes Unternehmen gelten kann, zeigte First Solar schon in der Vergangenheit. Zwischen 2008 und 2010 verdoppelte sich die Kapazität auf 1,4 Gigawatt, die Produktionskosten sanken von 0,98 auf die besagten 0,76 US-Dollar. Bis 2014 sollen nach Unternehmensangaben rund drei Gigawatt produziert werden und die Kosten so auf einen Wert zwischen 0,52 und 0,63 US-Dollar je Watt gesenkt werden. Der Haupttreiber dafür werden Skaleneffekte sein. Das zeigt auch, dass andere Dünnschichthersteller noch Potenzial zur Kostensenkung haben, da sie sich erst in der Anlaufphase der Produktion und am Anfang der Lernkurve befinden. Eine Strategie ist also: wachsen, wachsen und wachsen. Das zeigt aber auch, dass der Markt insgesamt zu klein für 100 Hersteller ist, die derzeit ihre Produktionskapazitäten aufstocken wollen.
Gewinner und Verlierer
Da ein Weg, die Produktionskosten zu senken, ist, die Wirkungsgrade zu steigern, stehen die Karten für amorphe Siliziumdünnschicht schlecht. Da es sich um eine etablierte Technologie handelt –einige Hersteller können auf eine mehr als 30-jährige Erfahrung zurückblicken – ist im Produktionsprozess mit keiner signifikanten Optimierung und dadurch auch mit keiner bedeutenden Senkung der Produktionskosten zu rechnen.
Die meisten Hersteller haben deshalb die Strategie verfolgt, die Produktion auf die Tandemtechnologie umzustellen. Module, die auf CIGS-Zellen basieren, werden oftmals als besonders aussichtsreiche Kandidaten gehandelt. Im Vergleich mit anderen Technologien ist der Spielraum für Effizienzverbesserungen signifikant, gleichzeitig starten erst jetzt die ersten Hersteller mit der eigentlichen Massenproduktion, wodurch Verbesserungen beim Produktionsprozess zu erwarten sind.
Am Anfang des Dünnschichtbooms vor zwei Jahren stand die Knappheit bei dem hochreinen Silizium. Analysiert man das Angebot der Rohmaterialien, muss man eine Unterscheidung zwischen Engpasssituation und einer Knappheit vornehmen. Die Produktionskapazitä-ten für Silizium waren zwar zeitweise begrenzt. Allerdings ist die Verfügbarkeit des Materials Quarzsand nahezu unbegrenzt. Im Vergleich mit kristallinem Silizium ist eine Knappheit der Rohmaterialien auf Seiten von Cadmiumtellurid und CIGS schon wahrscheinlicher. Trotzdem sehen die Dünnschichtproduzenten die Lieferrisiken als eher unproblematisch an. Immerhin hilft dagegen als Strategie auch, das Recycling voranzutreiben.
Patrick Jonas ist zuständig für Corporate Communication beim Marktforschungsinstituts EuPD Research.