„Jeder, der die aktuelle Situation im Markt kennt, fragt sich nach der ersten Begeisterung über die beschlossenen Maßnahmen sofort: Wie soll das denn mit dem schnellen Ausbau der Erneuerbaren überhaupt gelingen“, fragt auch Martin Schachinger von der Handelsplattform PVXchange.com. „Wir kämpfen ja jetzt schon mit einem wachsenden Fachkräftemangel und einer schlechten Verfügbarkeit wichtiger Komponenten.“ Leider bestehe bei der Materialversorgung in fast allen Bereichen, angefangen bei den Solarzellen und Modulen über Wechselrichter, Energiemanagement bis hin zu den Batterieeinheiten eine hohe Abhängigkeit von China. „Dort existiert aber ebenfalls ein schnell wachsender Markt, der in diesem Jahr möglicherweise größer als 100 Gigawatt sein wird“, betont der Händler.
Bis zu 95 Prozent der Materialien kommt aus China
Damit das Projekt Energiewende und der vollständige Umstieg auf Erneuerbare seinen dringend flankierende Maßnahmen in der Arbeitsmarkt- und Industriepolitik nötig. „Der Zugang zu ausländischen Fachkräften, erst recht aber zu Risikokapital muss deutlich erleichtert werden“, fordert Schachinger. „Wer aber weiß schon, wie lange uns noch Zeit bleibt, um eigene Produktionskapazitäten für Polysilizium, Ingots und Wafer oder aber Solarglas aufzubauen. In diesen Bereichen sind wir in Europa blank – bis zu 95 Prozent der Materialien für die Zell- und Modulfertigung kommen mittlerweile aus Asien.“
Momentan läuft es für viele Akteure in der Solarbranche noch relativ gut, die Nachfrage ist höher als das Angebot. Die Montagekapazitäten und die Materialverfügbarkeit halten sich in etwa die Waage. Es schien sich in den vergangenen Wochen sogar so etwas wie Preisstabilität bei Solarmodulen einzustellen, da viele Projekte aufgrund der verzögerten Auslieferung der übrigen Komponenten ins Stocken gerieten. „Diese Situation scheint nun aber überwunden zu sein und die Preise ziehen wieder an“, weiß Schachinger.
Eher Rohrkrepierer als Solarturbo
Schuld daran seien unter anderem die steigenden Polysiliziumpreise und einmal mehr der schwächelnde Euro. Dollarpreise müssen mittlerweile 1:1 umgerechnet werden, was die importierten Komponenten massiv verteuert. Dies konnte in der Vergangenheit nicht immer auf die Käufer abgewälzt werden, was so manchem Hersteller Kopfzerbrechen bereitet. Für neue Lieferverträge werden mittlerweile ganz andere Maßstäbe angelegt, erklärt der Händler. Einige Modulhersteller kalkulieren ihre zukünftigen Angebotspreise für Europa bereits auf einem Niveau, bei dem ein Dollar mehr wert ist als ein Euro. Es müssten derzeit auch große Sicherheitsreserven eingeplant werden, was viele Projekte aber schnell unwirtschaftlich erscheinen lässt. Schachinger: „Aktuell stehen die Zeichen also eher auf Rohrkrepierer als auf Solarturbo.“ (nhp)
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