In Prenzlau standen die Produktionslinien still. Das hat sich am 16. Mai dieses Jahres geändert. Aleo Solar stellt wieder Module her. Die Prenzlauer setzen jetzt auf Hochleistungsmodule und die enge Kooperation mit dem Mutterkonzern in Taiwan. Die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen in Fernost hat Vor- und Nachteile. Der neue Geschäftsführer der Aleo Solar GmbH, Günter Schulze, erklärt die Strategie den Unternehmens, das jetzt wieder am Markt ist.
Sie sind erst vor kurzem neu gestartet. Welche Strategien haben Sie entwickelt, um am umkämpften Modulmarkt bestehen zu können?
Günter Schulze: Wir setzen immer mehr auf Hochleistungsmodule, die wir für insbesondere für den Markt der kleinen Auf- und Indachanlagen anbieten. Das hat viele Vorteile. Die Installateure müssen weniger Module auf ein Dach bauen. Für die Kunden wiederum hat das Kostenvorteile. Das ist nicht für jeden sofort offensichtlich. Schließlich benötigen wir für ein Hochleistungsmodul schon mehr Geld. Aber wenn man es auf das Watt installierte Leistung berechnet sind wir mit unseren Hochleistungsmodulen kostengünstiger. Deshalb denken wir, dass die Nachfrage nach solchen Modulen steigen wird.
Gerade bei Indachanlagen sieht es aber besser aus, wenn das gesamte Dach mit Modulen bestückt wird. Da wird die Leistung aber zu hoch, wenn zu viele Hochleitungsmodule installiert werden. Wäre es dann nicht besser, ein leistungsschwächeres Modul zu nehmen, was aber entsprechend billiger ist und dafür das ganze Dach bedeckt?
Das kommt auf die Situation auf dem Dach an. Das kann scheitern, wenn das Dach Gauben oder einen Schornstein für einen Kamin hat. Auch Luftauslässe behindern die vollständige Belegung des Daches. Ein dunkles Dach, auf dem ein Feld mit dunklen Solrif-Modulen bestückt wird sieht gut aus, ohne das ganze Dach belegen zu müssen. Dann wird eben nur ein Teil des Daches mit Modulen bedeckt und der Rest ist frei in der Gestaltung. Das ist zumindest unsere Vorstellung.
Wie viel wird das neue Modul leisten?
Im Moment verkaufen wir unsere 60-Zellen-Module mit 290 Watt. Wir haben in der vergangenen Woche ein 300-Watt-Modul in der Vorserie produziert. Wir sind stolz darauf, diese Leistung mit einer PERC-Zelle und unserer Modultechnologie erreicht zu haben. Zwar schaffen andere Hersteller auch 320 oder sogar 340 Watt mit einem Modul. Aber diese verbauen auch Heterojunction-Zellen, also Zellen mit mehreren pn-Übergängen. Wir machen das mit einer optimierten Standardtechnologie. Damit können wir auch die Kosten im Zaum halten und das sollte unsere Stärke sein. In Zukunft soll unser Standard bei 300 Watt Modulleistung liegen. Ich sehe gute Chancen, dass uns das gelingt.
An welchen Stellschrauben haben Sie gedreht, um noch mehr Leistung aus dem Modul herauszuholen?
Zunächst einmal nehmen wir Antireflexionsglas und eine UV-durchlässige EVA-Folie. Aber wir haben auch die Zellverbindungen verbessert, so dass durch Reflexion die Verschattungen durch die Zellverbinder möglichst aufgehoben werden.
Wann wird das 300-Watt-Modul auf den Markt kommen?
Wir haben das Modul jetzt in die Zertifizierung gegeben. Wir rechnen damit, dass wir das Zertifikat bis Ende Dezember bekommen.
Wie große ist der Preisunterschied des Hochleistungsmoduls zum normalen Modul im Verhältnis zur Leistung?
Bei der Preisgestaltung orientieren wir uns am Durchschnittspreis eines Moduls mit monokristallinen Zellen. Im Vergleich dazu sollten unsere Module etwa zehn Prozent darüber liegen. Wenn man das wieder auf die Gesamtleistung herunter rechnet ist das ein sehr attraktiver Preis.
Sie konzentrieren sich auf den Häuslebauer als Kunden. Größere Eigenverbrauchsanlagen sind nicht ihr Thema?
Wir würden das Segment der gewerblichen Dachanlagen zum Eigenverbrauch auch gern bedienen. Aber wir sehen, dass durch die neue Gesetzgebung das Projektgeschäft in diesem Segment derzeit zurück geht. Wir merken, dass die gewerblichen Kunden erst einmal überlegen und sich mit der neuen Situation auseinandersetzen. Das ist meiner Meinung nach noch nicht vollständig passiert. Der Privatkunde denkt da anders, zumal er nicht von der Eigenverbrauchsumlage betroffen ist. Er will unabhängig werden. Durch die Unsicherheiten im Zuge der Krise in der Ukraine wird das noch beflügelt. Aber wenn es um größere Anlagen geht – auch Eigenverbrauchsanlagen – da ist man eher noch in der Phase zu sagen: ich muss mich erst einmal mit der Situation auseinandersetzen. Deshalb denke ich, dass wir da das richtige Marktsegment besetzen. Unsere Module sind aber auch für den gewerblichen Markt geeignet, der hoffentlich bald wieder in Gang kommt.
Deutschland ist derzeit ein schrumpfender Markt. Die Hoffnungen liegen in Fernost und in den USA, wo die Nachfrage noch da ist. Sind Sie auf diesen Märkten vertreten?
Wir sind im Moment nicht auf dem amerikanischen Markt vertreten. Wir konzentrieren uns erst einmal auf Europa als Ganzes, bedienen aber auch die Randgebiete wie Türkei und Nordafrika mit. Wir versuchen, auch wieder am englischen Markt teilzunehmen, der als europäischer Markt noch ganz ordentlich läuft. Auch die Märkte in Osteuropa sind vielversprechend. Diese laufen aber eher zäh an. Aber wir möchten da nichts liegen lassen, sondern vorn mit dabei sein. Große Hoffnungen setzen wir auf den japanischen Markt. Dort haben wir seit Juni dieses Jahres erste Kontakte aufgebaut. Das läuft jetzt langsam an. Amerika dauert sicherlich noch ein paar Monate, bevor wir das wieder mit ins Portfolio aufnehmen können. Dort haben wir ein ganz anderes Problem. Nachdem die USA Antidumpingzölle eingeführt hat, sind Unternehmen aus Taiwan mit hineingeraten. Das betrifft auch unsere Zelle von Sunrise. Im Moment haben wir kein USA-Geschäft. Aber wir arbeiten daran, es wieder aufzubauen. Dann müssen wir uns nach Lösungen umschauen. Die Zelle muss außerhalb von Taiwan hergestellt werden. Mit den Zöllen werden die freien Kräfte des Marktes behindert. Ich fühle mich erst wohl, wenn es Subventionen und Schutzzölle nicht mehr gibt. Denn dann findet das normale Geschäft statt, dann zählt Leistung. Dieser Leistung wollen wir uns stellen.
Beim Kunden kommt die Wahrnehmung an, dass die alte Aleo Solar insolvent ist und abgewickelt wird. Ist es problematisch, unter diesem Namen wieder neu anzufangen?
Es gibt heute noch Kunden, zu denen die Verkäufer hinfahren, die sich wundern, dass es Aleo Solar noch gibt. Es ist natürlich nicht ganz einfach, dass wir mit einem Teil ein neues Unternehmen aufbauen, das aber die Marke Aleo weiterführen kann und darf. Viele lesen, Aleo ist in Liquidation. Das ist nur die halbe Geschichte. Es ist uns ganz wichtig, dass wir am Markt wieder wahrgenommen werden. Die Aleo Solar existiert jetzt als GmbH und ist auch so aufgestellt worden, dass sie nicht so schnell untergehen kann. Es wurde ein Geschäftsmodell entwickelt, das uns für mindestens drei bis vier Jahre sicher stellt, dass nichts passieren kann. Da müssen wir schon Fehler machen. Das gibt dem Kunden die Sicherheit und uns selbst die Möglichkeit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Aber ich bin da ganz sicher, dass das funktioniert.
Wie sieht dieses Geschäftsmodell konkret aus?
Zum einen ist die Mitgift von Bosch so gestaltet, dass wir mindestens drei Jahre finanziert sind. Bis dahin müssen wir auf sicheren Beinen stehen. Wir haben Simulationen gefahren und uns von unabhängigen Wirtschaftsberatern bestätigen lassen, dass wir ein solides Konzept haben. Wir haben den Stresstest der Wirtschaftsberater bestanden. Deshalb bin ich sicher, dass unser Konzept Bestand hat. Ich bin zwar noch längst nicht zufrieden mit den Verkaufszahlen, die wir bis jetzt erreichen konnten. Aber es ist schon so, dass wir sowohl als Marke aber auch mit unseren Produkten von den Kunden geschätzt werden und damit habe ich noch mehr Vertrauen dazu gewonnen, dass das, was wir uns ausgerechnet haben, auf jeden Fall sicher erfüllen können.
Welche Bedeutung hat der taiwanische Mutterkonzern bei der Finanzierung?
SCP war ja eigentlich nur eine GmbH, die gegründet wurde, um kaufen zu können. Diese GmbH hat die Gebäude und Maschinen der Aleo Solar AG in Prenzlau gekauft. Am 16. Mai dieses Jahres haben wir umfirmiert in die Aleo Solar GmbH. Damit wurde auch SCP aufgelöst. Wir sind jetzt hundertprozentige Tochter der Sunrise Global Energy, einem Zellhersteller in Taiwan. Das ist für uns vorteilhaft, weil wir mit unserem Mutterunternehmen auch gemeinsame Entwicklung betreiben können, sowohl um die Kosten zu senken als auch die Effizienz zu steigern.
Sie haben keine eigene Forschungsabteilung?
Wir haben immer noch 13 Mitarbeiter, die für Forschung, Entwicklung und Test zuständig sind. Wir konzentrieren uns auf das Modul und Sunrise Global Energy auf die Zelle. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass wir Modul und Zelle gemeinsam entwickeln. Das ist für Aleo Solar ein echter Fortschritt. Dass wir mit einem Zellhersteller ganz konkret auf unser Modul hin entwickeln können, das hatten wir vorher nicht. Ich verstehe Unternehmen, die auf vertikale Integration hinarbeiten, die nicht nur eine Fertigungsstufe haben. Je mehr Fertigungsstufen in einem Unternehmen vereint sind, desto mehr kann man die einzelnen Stufen aufeinander abstimmen. Die Zelle und das Modul müssen aufeinander abgestimmt sein, wenn sie wirklich hohe Effizienzen erreichen wollen.
Hat diese Zusammenarbeit auch Vorteile für den Marktzugang in Asien?
Wir haben immerhin schon einmal den Einstieg in Japan geschafft. Wir verkaufen schon am japanischen Markt und das nach nur drei Monaten Existenz. Das ist nicht schlecht.
Die Produktion in Prenzlau ist gerettet, Oldenburg wird abgewickelt. Wie hoch ist die Produktionskapazität und deren Auslastung?
Die gesamte Produktionskapazität, die in Prenzlau noch steht, liegt bei 280 Megawatt pro Jahr. Im Moment betreiben wir 120 Megawatt. Den Rest haben wir erst einmal still gelegt. Die Kapazitäten lassen sich aber jederzeit wieder in Gang bringen. Doch wir mussten erst einmal mit einer Größenordnung anfangen, die wir auch verkaufen können.
Das Gespräch führte Sven Ullrich