Der Batteriehersteller Leclanché hat ein Speicherkonzept auf Lithium-Titanat-Basis entwickelt. Der Aufwand hat sich gelohnt: Das Ergebnis sind robustere Stromspeicher mit sehr langer Lebensdauer.
Der Mann war ein veritabler Pionier: Georges Leclanché. Vor rund 150 Jahren erfand er das Leclanché-Element, das als Vorläufer der heute üblichen Trockenbatterien gilt. Im Jahr 1909, etwa 27 Jahre nach seinem Tod, wurde im schweizerischen Yverdon-les-Bains das Unternehmen Leclanché gegründet, das sich die industrielle Fertigung von Batterien auf die Fahnen geschrieben hat.
Jetzt setzen Leclanchés Nachfahren im gleichnamigen Unternehmen zu einem Sprung an, der ebenfalls eine Pionierleistung ist. Ihr Ziel: die weltweite Etablierung von Stromspeichern auf der Basis von Lithiumtitanat.
Das scheint auf den ersten Blick sehr ambitioniert. Denn die Ladeschlussspannung einer Lithium-Titanat-Anode liegt bei minus 1,5 Volt. Dagegen liefert die Lithium-Graphit-Anode eine Spannung von minus drei Volt, also etwa doppelt so hoch. Die geringere elektrochemische Spannungsrate von Lithiumtitanat geht zu Lasten der Energiedichte. Kurz: Die Speicherzellen nehmen weniger Energie pro Volumen und Gewicht auf.
Ausgerechnet diese Technologie soll sich weltweit durchsetzen? Soll sie und „wird sie, davon sind wir überzeugt“, sagt Pierre Blanc, Chief Technology Officer bei Leclanché, selbstbewusst. „Allerdings“, schränkt er ein, „nicht in allen Einsatzbereichen. Wir zielen mit dieser Technologie nicht auf mobile Anwendungen wie Elektrofahrzeuge, denn dort kommt es auf hohe Energiedichte an, weil die Speicher möglichst klein und leicht sein und dennoch viel Energie liefern müssen.“
Stationäre Anwender im Blick
Vielmehr sieht er seine Zielgruppe dort, wo die Vorzüge der Leclanché-Technologie ins Gewicht fallen. Dies sei vor allem in stationären Anwendungen der Fall. „Die Betreiber der Stromnetze zum Beispiel brauchen in Zukunft leistungsfähige und sichere Speichersysteme, um Spitzen abzufedern und ihre Netze zu stabilisieren“, nennt Pierre Blanc einige Beispiele. „Dies gilt für hochentwickelte Industrienationen, noch mehr aber für Schwellenländer oder in der so genannten Dritten Welr. Für deren industrielle Entwicklung ist es von entscheidender Bedeutung, ihre Stromversorgung trotz instabiler Netze zu sichern. Größe und Gewicht der Speicher sind hier von nachrangiger Bedeutung. Da spielen Sicherheit, Langlebigkeit und Robustheit die entscheidende Rolle.“
Auch Großverbraucher ohne Netzanbindung wie Minenbetreiber gehören zur angepeilten Zielgruppe. Noch produzieren sie ihren Strom noch mit Dieselgeneratoren. Das ist unwirtschaftlich und schmutzig, verursacht Kosten, Ärger mit der Wartung, die Beschaffung von Ersatzteilen und der Transport des Brennstoffs erhöhen den Aufwand. Deshalb sind die Minenbetreiber zunehmend an Photovoltaik interessiert, die bei netzfernen Inselanlagen kaum ohne Speichersysteme auskommt. „Es gibt rund um den Globus immer mehr Minen, die ihre Energie vor Ort über Photovoltaikanlagen, Windräder oder Hackschnitzelanlagen gewinnen“, sagt Blanc. „Wenn sie zusätzlich über leistungsfähige Speicher verfügen, können sie ihre Eigenbedarfsdeckung deutlich nach oben schrauben.“
Weiteres Potenzial für sieht er in Krankenhäusern, Industriebetrieben oder größeren Wohnanlagen. „Der Trend zur Eigenversorgung ist nicht zu stoppen“, urteilt der CTO. „Dafür sorgen die steigenden Energiepreise und die vielen politischen Krisen, die sich bekanntlich sehr oft in Gebieten abspielen, deren Instabilität sich direkt auf unseren Energiemarkt auswirkt.“
Ein Thema in diesem Zusammenhang sei die hohe Volatilität der Energiepreise. „Viele Ansätze laufen heute darauf hinaus, Energie zu speichern, wenn sie am Markt billig zu haben ist, um sie in Spitzenzeiten abzurufen.“
Gutmütiges Temperaturverhalten
Selbst auf Schiffen, in Bussen oder Großmaschinen wie Ladekränen könnten die Lithium-Titanat-Batterien punkten. Denn auch dort komme es nicht so sehr darauf an, dass die Speicher klein und leicht sind, sondern auf die speziellen Leistungsmerkmale dieser Technologie. „Die dort verwendeten Aggregate brauchen hohe Stromimpulse beim Anfahren“, erläuert Pierre Blanc. „Etwa bei einem Kran oft viele hundert Mal am Tag. Wenn solche Maschinen unter extremen Bedingungen eingesetzt werden, lassen sich außerdem nur Batterien nutzen, die ein gutmütiges Temperaturverhalten an den Tag legen.“
Die Lithium-Titanat-Zellen arbeiten zwischen minus 20 und plus 50 Grad Celsius. Sie nehmen also auch bei klirrender Kälte noch Energie auf oder geben sie ab. Darüber hinaus sei die neue Technologie überall dort überlegen, wo die Speicher häufig beladen und entladen werden – oder es auf eine besonders lange Lebensdauer ankomme. „Lithium-Titanat-Zellen vertragen problemlos bis zu 15.000 Lade- und Entladezyklen“, rechnet Pierre Blanc vor. „Wenn die Kapazität genutzt wird, dann gibt es keine günstigere Art der Speicherung.“ (Herbert Grab)
Den vollständigen Report lesen Sie im Dezemberheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 4. Dezember 2014 erscheint.