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Massiv unter Druck

Satte 30 Prozent haben die Installationen von Gewerbespeichern in den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugelegt. Die Strompuffer werden dabei meist in Verbindung mit einer Solaranlage betrieben, um mehr eigenen Strom zu verbrauchen. „Bis Ende Juni dieses Jahres wurden rund 1.800 neue Speicher zwischen 30 Kilowattstunden und einer Megawattstunde laut Meldungen bei der Bundesnetzagentur installiert“, sagt Jan Figgener. Er betreibt die Webseite Battery Charts und arbeitet als Gastwissenschaftler am Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen.

Gewerbemarkt noch eine Nische

In Summe sind das rund 110 Megawattstunden. Das entspricht jedoch nur einem Bruchteil des Heimspeichermarkts, resümiert Figgener. Die meisten Speichersysteme befinden sich demnach in der Kategorie bis 100 Kilowattstunden und sind damit eher bei kleineren Gewerbefirmen installiert.

Viele Gewerbespeicher werden in Verbindung mit einer Solaranlage für den Eigenverbrauch betrieben, weiß Figgener. Zudem bieten die Systeme die Möglichkeit, Lastspitzen zu kappen und damit Netzanschlussleistungen und Netzentgelte zu reduzieren. Tritt eine Lastspitze beispielsweise durch Produktionsprozesse oder die gleichzeitige Ladung von mehreren Elektrofahrzeugen an einem Standort auf, kann diese durch den Batteriespeicher abgedeckt werden. Zudem werden auch sogenannte Pufferspeicher an manchen Schnellladesäulen für genau diesen Zweck errichtet.

Auch dynamische Stromtarife können durch Batteriespeicher dazu genutzt werden, den Strom möglichst günstig einzukaufen. Zudem werden einige Speicher auch für eine unterbrechungsfreie Stromversorgung installiert. Dabei sind auch Kombinationen dieser Einsatzzwecke mit dem richtigen Energiemanagementsystem möglich – und das ist besonders interessant.

ADS-Tec Energy baut keine Heimspeicher

Thomas Speidel, Gründer und Geschäftsführer von ADS-Tec Energy, hat gerade erst Ende Oktober 2024 den Deutschen Umweltpreis für das entwickelte Schnellladesystem der Firma erhalten. Der Hersteller aus Nürtingen in Baden-Württemberg baut bewusst keine Heimspeicher. „Wir bieten keine Einzelkomponenten wie Wallboxen, Solar- oder Batteriemodule oder Wechselrichter an, weil diese immer billiger aus Asien kommen“, erklärt er. „Wir glauben stattdessen an eine Plattformstrategie.“ Am Beispiel des iPhones könne man das gut nachvollziehen. „Warum zahlen wir 1.500 Euro für die Hardware, die eigentlich nur 300 Euro kostet? Ganz einfach: Man kann damit mehr als nur telefonieren.“

Übertragen auf das Thema von Thomas Speidel: Ladestationen mit integrierten Batteriespeichern können mehr als nur Autos laden. Vielmehr sind sie ein Multitool, das den Gegebenheiten vor Ort für individuelle Energiesysteme folgt. Am Ende funktioniert die Energiewende nur, wenn Komplexität dezentral gemanagt wird. Denn was ein einzelnes Elektron kostet, ist je nach Ort und Zeitpunkt unterschiedlich. „Die Zeiten mit negativen Strompreisen werden zunehmen – dieser Trend wird sich noch verstärken“, prognostiziert er.

Ladestrom muss viel günstiger sein

Flexibilität wird in Zukunft eine neue Komponente im Energiemarkt sein, da die Produktion von grünem Strom und der Verbrauch zeitlich nicht übereinstimmen. Der Verbrauch vor Ort, ohne das Stromnetz zu nutzen, hilft allen und spart zudem Kosten bei den Netzentgelten. „Sektorkopplung muss deshalb so einfach wie möglich funktionieren“, betont Speidel. Wenn alle Kosten nur auf den Ladestrom umgelegt werden, wird dieser unnötig teuer. 79 Cent pro Kilowattstunde und mehr seien keine Seltenheit. „Das muss aus unserer Sicht nicht sein“, sagt er.

Umso wichtiger sei es, mehrere Einnahmequellen zu haben. „Wenn also kein Elektroauto auf dem Parkplatz lädt, macht unser Speicher Arbitragehandel an der Strombörse – und verdient so zusätzlich Geld.“ Hinzu kommt, dass die Ladestationen aufgrund des Leistungspuffers aus der Batterie keinen Netzausbau benötigen und auch dauerhaft erhöhte Netzgebühren vermieden werden.

Die eigene Hard- und Software ermöglicht es, alle relevanten Daten aus der Batterie zu erhalten. Von einer Batterie, die von einem Drittanbieter geliefert wird, sieht man hingegen nur aggregierte Werte – und die helfen nicht weiter. „Wir können über viele Jahre unsere Kunden begleiten und sind handlungsfähig bei regulatorischen Änderungen oder können beispielsweise Ersatzteile für unser System liefern“, sagt Speidel. „Das gibt Investoren, die langfristig investieren und das Risiko reduzieren wollen, die nötige Sicherheit. Die Geräte auf der Plattform können wir selbst aus der Ferne warten. Das spart Zeit und Geld. Der technische Betrieb und die Verfügbarkeit sind dabei entscheidende Servicevorteile für unsere Kunden.“

5.000 Datenwerte pro Sekunde

Ein weiterer Pluspunkt: ADS-Tec sammelt nicht nur Daten über die Batterie wie Alterungseffekte, „sondern wir ziehen mit Tausenden von Sensoren bis zu 5.000 Datenwerte pro Sekunde und damit Informationen über das Netz. In dieser hohen Auflösung sehen wir die physikalischen Effekte im Netz“, erklärt Speidel. Personenbezogene Daten sammelt das Unternehmen nicht. Die Software schreibt ADS-Tec selbst.

Aber es gebe Schnittstellen, etwa für den Stromhandel, die andere Anbieter nutzen könnten, denn der bidirektionale Speicher ist die Grundlage für viele Geschäftsmodelle. Mithilfe von KI ließen sich so die bestmöglichen Strategien für den Speicher- oder Netzbetrieb ableiten. „Hier wird in Zukunft ein immer größerer Markt entstehen“, weiß er. Ein weiteres wichtiges Thema bei dieser kritischen Infrastruktur sei die IT-Sicherheit.

Branche in der Konsolidierungsphase

Aus Sicht von Simon Schandert, Co-Gründer und CTO bei Tesvolt, wird 2024 eher als ein durchmischtes Jahr für die Branche in Erinnerung bleiben. „Auf der einen Seite sehen wir bei Großspeichern eine erfreuliche Verdopplung des Marktes. Bei Gewerbespeichern gehen wir dagegen von einem Wachstum im nur noch niedrigen zweistelligen Prozentbereich aus“, sagt Schandert. Das klinge erst mal nicht problematisch. Aber: In Kombination mit der aktuellen Rezession sowie der enormen Konkurrenzzunahme aus China seien die Auswirkungen aber beispielsweise an den zahlreichen Insolvenzen in der Branche in diesem Jahr, etwa bei Baywa r.e. oder Commeo, zu erkennen.

Die Speicherbranche befindet sich derzeit in einer Konsolidierungsphase. Das wirtschaftliche Umfeld ist insgesamt herausfordernder geworden. „Das merken wir bei Tesvolt auch, die Nachfrage im Markt hat sich verändert. Deshalb passen wir unsere Strategie und Produkte entsprechend an“, sagt er. Im neuen Jahr werden wir einige spannende Neuheiten vorstellen. „Positiv sind allerdings die Anpassung der VDE-Normen AR-N 4110 und 4105 zu erwähnen“, betont Schandert. Durch das Anheben der Leistungsgrenze von 135 auf 270 Kilowatt werden bürokratische Aufwände zum Anlagenzertifikat und technische Hürden für Installateure deutlich reduziert. „Hier erhoffen wir uns für 2025 eine neue Dynamik für Gewerbespeicher bis 270 Kilowatt.“

Multi-Use-Anwendungen besonders gefragt

„In den letzten Monaten wurden insbesondere Multi-Use-Anwendungen vermehrt nachgefragt“, resümiert Technikchef Schandert. „Der Klassiker“, wie er es nennt, ist und bleibt die Lastspitzenkappung mit Eigenverbrauchsoptimierung – sowie die Ergänzung um dynamische Stromtarife und das Vermarkten von Batteriekapazitäten. Hierbei gibt es sowohl Interesse beim Handeln nur mit Speichern als auch bei der Kombi von Speichern mit Solaranlagen. „Daneben nehmen wir ein gestiegenes Interesse an ganzheitlichen Energiemanagementsystemen zur einfacheren und effizienteren Steuerung von Erzeugern und Verbrauchern wahr“, berichtet er.

Stromspeicherhersteller hierzulande stehen gerade massiv unter Druck. „Ähnlich wie bei den Solarmodulen wird der heimische Markt mit Zellen, Modulen und Systemen aus China überschwemmt, die aufgrund der aufgebauten Überkapazitäten einen enormen Preisverfall erzeugen“, beschreibt Schandert. Europäische Anbieter können sich dagegen nur schwer ­behaupten. Immer mehr Insolvenzen im Markt sind die Folge. Die Politik auf europäischer sowie nationaler Ebene schaut dieser Entwicklung bislang größtenteils tatenlos zu. „Unsere Appelle, Schutzmaßnahmen zu ergreifen – wir fordern dabei explizit keine Handelsbeschränkungen oder Subventionen – sind bisher verhallt“, sagt er. Erschwerend hinzu kommt, dass viele Großhändler infolge der sinkenden Einkaufspreise ihre Lager übermäßig ­gefüllt haben, diese Ware nun aber nicht mehr verkauft bekommen. Dies führt zu ­einem Abverkauf mit hohen Rabatten, was wiederum das Preisgefüge im Markt durcheinanderbringt.

Nur wenig Verlass auf die Politik

Die grassierende Rezession führt zudem zu einer generellen Investitionszurückhaltung im deutschen Gewerbe und in der Industrie. Hier helfe auch die Diskussion um einen Industriestrompreis nicht, meint Schandert. Zudem ­bestehen große Unsicherheiten mit Blick auf Regularien bei Speicheranwendungen, insbesondere beim Trading – und dem künftigen Strommarktdesign. Aus Sicht des Tesvolt-Gründers vermittelt hier das ­Bundeswirtschaftsministerium noch zu wenig Verlässlichkeit: Viele Regelungen seien noch in der Erarbeitung und könnten jederzeit geändert werden.

Noch jung, aber schon lange dabei: Tesvolt-Mitgründer Simon Schandert auf der EES-Fachmesse in München.

Foto: Niels H. Petersen

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