Die Elektromobilität ist ein Treiber für Speicher, die schnell hohe Leistungen bereitstellen können. Wie entwickelt sich der Markt?
Dietmar Geckeler: Durch die Modelloffensive der deutschen Autobauer bei Elektroautos und durch den im letzten Jahr erhöhten Umweltbonus sehen wir auch eine verstärkte Nachfrage nach Ladelösungen – und zunehmend auch nach Stromspeichern. Durch Förderprogramme flankiert, werden die zum Standard gehörenden 11- und
22-Kilowatt-Ladepunkte vermehrt im Verbund mit Schnellladepunkten errichtet, die mit 50 Kilowatt oder mehr Leistung laden. Der Netzanschluss ist bei den Ladelösungen oft der Flaschenhals. Hier kommen vermehrt reaktionsschnelle Speicher zum Einsatz, um im Bedarfsfalle die benötigte Ladeleistung bereitzustellen und Stromkosten in Form von Netzentgelten und eventuell Netzbezug einzusparen.
Wie viele Batteriehersteller denken die Ladelösungen bereits mit?
Der Preis für Batteriespeicher ist in den letzten fünf Jahren um mehr als 60 Prozent gesunken. Deshalb ziehen Gewerbe und die Wohnungswirtschaft sie nun vermehrt in ihre Überlegungen ein. Gerade in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage sind diese oft die Versicherung, nicht nur bilanziell, sondern auch physikalisch die Fahrzeuge mit Solarstrom zu laden.
Ist das wirklich schon Allgemeingut in den Köpfen der Anbieter?
Das haben inzwischen viele Hersteller erkannt und bieten vermehrt Batteriespeicher, die in Bezug auf die Lade- und Entladeleistung sowie Kapazität auf die Unterstützung des solaren Ladens zielen und die im Zusammenspiel mit Ladestationen auch für die Lösung dieses Kundenbedarfs sorgen. Speicherhersteller bieten vermehrt integrierte Lösungen an, die auf diese Anwendung abzielen. Diese Nachfrage beschleunigt die Entwicklung insgesamt. Für unseren neuen Praxisleitfaden haben wir mehr als 30 Hersteller identifiziert, die meist als Systemintegratoren Stromspeicher im gewerblichen Umfeld entwickeln und anbieten. Bereits die Hälfte davon bietet inzwischen Stromspeicher, die das Anwendungsfeld für E-Mobilität und Ladeinfrastruktur direkt adressieren.
Sind Förderprogramme für Elektromobilität und Batteriespeicher gut kombinierbar?
Prinzipiell ist das meist gut möglich. Bei der Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur geht es oft um bundesweite Förderungen. Bei Stromspeichern sehen wir viele länderspezifische Förderprogramme, die dann mit diesen kombinierbar sind, da sie ja unterschiedliche Dinge fördern. Oftmals sind durch die Länderprogramme für Batteriespeicher auch explizit Zuschüsse für Ladepunkte oder ein intelligentes Energiemanagement in Verbindung mit E-Mobilität möglich. Wenn man diese in Anspruch nehmen möchte, dann gilt es, etwas genauer hinzusehen. Grundregel ist: Sobald ich dasselbe über zwei Förderprogramme unterstützen möchte, wird das schwierig. Dann greift möglicherweise das Kumulierungsverbot.
Worauf sollte ein Kunde oder sein Installateur achten, wenn er sich für seinen elektrischen Fuhrpark einen Gewerbespeicher zulegt?
Der Gewerbespeicher ist kein Selbstzweck, sondern folgt meist einer klaren Nutzenlogik. Das heißt, eine fundierte Analyse des aktuellen und des künftig erwarteten Strombedarfs und auch des entsprechenden Lastprofils sind essenziell. Als Nächstes ist zu nennen, dass der passgenauen Auslegung und Dimensionierung des Speichers, vor allem hinsichtlich seines späteren Nutzens und der Wirtschaftlichkeit, eine entscheidende Rolle zukommt. Zu guter Letzt muss man die passende Lösung auswählen.
Worauf sollten die Installateure bei der Speicherauswahl achten?
Es gibt eine große Bandbreite bei Speichersystemen am Markt, sowohl was Preise, Leistungen als auch was Funktionalität angeht. Sie unterscheiden sich zudem oft stark bei der Leistungselektronik, beim Energiemanagement und in Bezug auf den bereitgestellten Service und die Garantien. Es ist mitunter nicht einfach, den Überblick zu behalten. Wir raten, auf hohe Qualität zu achten, sowohl bei den verwendeten Akkus als auch bei den sonstigen Bauteilen. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass Batteriemodule bei einem potenziellen Defekt getauscht werden können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Erweiterbarkeit des Systems, damit der Speicher mit den Anforderungen des Kunden mitwachsen kann. Diese Erweiterbarkeit sollte auch zeitlich möglichst uneingeschränkt möglich sein, was nicht bei jedem Hersteller der Fall ist.
Gibt es bestimmte Netzgebiete, in denen sich ein Speicher besonders schnell amortisiert?
Für lastganggemessenen Betrieb kann man sagen, dass hohe Netzentgelte eine Speicheramortisation sicherlich beschleunigen können. Oder um es anders auszudrücken: Wenn ich einen Speicher primär zur Kappung von Lastspitzen einsetze, dann ist diese umso wirkungsvoller, je höher die Leistungsentgelte für die Netznutzung liegen. Aktuell haben wir die höchsten Netzentgelte im Nordosten der Republik mit einem Gefälle nach Südwesten. Das folgt der etwas seltsamen Verteilungslogik, dass die Netzkosten auf alle Verbraucher umgelegt werden, und damit im verbrauchsstarken Süden die spezifischen Netzkosten geringer sind als im eher dünn besiedelten Nordosten. Der Gesetzgeber hat aber eine stufenweise Anpassung und Vereinheitlichung der Netzentgelte in den nächsten Jahren beschlossen. Wir werden also im Süden tendenziell steigende Netzentgelte sehen, im Nordosten eher stagnierende Netzentgelte.
Was ist wichtig für die optimale Auslegung?
Die Kosten für einen Batteriespeicher entstehen vor allem durch die nutzbare Speicherkapazität. Ab einem bestimmten Punkt entsteht, je nach Anwendung, durch mehr Speicherkapazität kein weiterer Mehrwert. Es gilt also, bei einer wirtschaftlich optimalen Auslegung genau den Kipp-Punkt für die jeweilige Anwendung zu finden. Eine passgenaue Auslegung erreicht man durch eine möglichst umfassende und detaillierte Bedarfs- und Lastganganalyse. Und durch die nachfolgende technoökonomische Optimierung im Zusammenspiel mit dem Gesamtsystem, also Photovoltaikanlage, Netzanschluss und Anwendung. Die Faustregel lautet: Je höher die C-Rate, also das Verhältnis von maximaler Entladeleistung zu nutzbarer Speicherkapazität, desto wirtschaftlicher lässt sich ein Speicher im Normalfall betreiben.
Unter welchen Umständen könnte es sinnvoll sein, von einer 1C-Rate abzuweichen?
Die C-Rate ist nur ein Indikator von vielen. Bei der Lastspitzenkappung kann es in Einzelfällen sein, dass der Speicher nur wenige Male im Jahr gebraucht wird, um die sogenannte 7.000-Stunden-Regel einzuhalten, weil dann individuelle Netzentgelte mit dem Netzbetreiber vereinbart werden können. Hier kann auch eine niedrigere oder auch höhere C-Rate zu wirtschaftlichen Einsatzfällen mit Amortisationszeiten von unter zwei Jahren führen. Ähnlich verhält es sich bei atypischer Netznutzung.
Welche Rolle spielt der Eigenverbrauch bei der Auslegung der Speicher?
Soll die solare Eigenversorgung mit dem Speicher optimiert werden, sind geringere C-Raten von 0,5 oder gar 0,3 keine Seltenheit. In diesem Fall ist es nicht zwingend nötig, den Speicher in kürzester Zeit zu laden oder zu entladen. Generell gilt: Je höher die Strombedarfe, desto geringer der Strompreis und desto mehr verschiebt sich hier die C-Rate in Richtung 1, um einen wirtschaftlichen Speicherbetrieb sicherzustellen und trotzdem Lastspitzen zuverlässig zu kappen.
Das Interview führte Niels H. Petersen.