Elektroautos vom Typ Tesla Modul S und Flugzeuge des Typs Dreamliner von Boeing haben eines gemeinsam. Sie haben hochleistungsfähige Lithium-Ionen-Akkus an Bord. Und die sind mitunter brandgefährlich. Das haben Batterieentflammungen sowohl beim Modul S als auch beim Dreamliner gezeigt. Die Boeing-Flugzeuge erhielten daraufhin sogar ein zeitweiliges Flugverbot. Boeing bannte die Gefahr mit einem stählernen Panzergehäuse, Tesla durch ein höher gestelltes Fahrwerk, um die Batterien am Fahrzeugboden besser gegen Unfälle zu schützen.
Lithium-Ionen-Batterien sind technisch bedingt riskanter als Bleibatterien. Sie können sich nicht nur durch Transportschäden entflammen. Nach den Boeing-Bränden ist auch das Lademanagementsystem in den Fokus der Experten geraten. Denn Überladung kann Lithium-Ionen-Akkus ebenfalls entflammen. Das gilt auch für die Speichersysteme von Solarstromsystemen. Der unabhängige Prüfdienstleister TÜV Rheinland hat daher ein Prüfprogramm für Photovoltaikanlagen mit Speichern entwickelt, wie sie beispielsweise in Einfamilienhäusern eingesetzt werden. „Wir wenden uns damit direkt an die Hersteller von Batteriespeichern und an Importeure, die Batteriespeicher in den Verkehr bringen“, erklärt Ralf Martin Müller, Geschäftsfeldleiter Solarenergie beim TÜV Rheinland. Die Tests beziehen sich auf einzelne Komponenten des gesamten Systems und auf das sichere und verlässliche Zusammenspiel aller Komponenten. Dazu gehören die Wechselrichter, das Ladegerät, das Batteriemanagementsystem und die Batterie selbst. „In den neuen Standard haben wir alle aktuellen Ansätze für Sicherheits- und Prüfnormen, die es weltweit gibt, einfließen lassen. Auch Aspekte der Leistungsfähigkeit von Speichern berücksichtigen wir.“ So ist das Prüfsystem beispielsweise auch für Integratoren wie Wechselrichterhersteller interessant, die Komponenten des Ladesystems zusammenführen.
Vom Hersteller bis zum Eigenheim
Bisher hat ein solches Prüfprogramm gerade im Heimbereich gefehlt. In der Industrie gibt es Fachexperten, die sich um die Einhaltung der einschlägigen Normen für die Errichtung und den Betrieb der Speichersysteme kümmern. Die neuen Prüfnormen dagegen sollen die Sicherheit vom Hersteller bis zum Eigenheim gewährleisten. Dabei haben die Experten alle relevanten Bereiche berücksichtigt. Dazu gehören die Anforderungen für den sicheren Transport von Batterien (UN 38.3). „Der Installateur fährt mit den Batterien vielleicht über Wald und Wiesen“, erklärt Stephan Scheuer, Experte für Batteriespeicher beim TÜV Rheinland. „Dabei ist er sich der Gefahren oft nicht bewusst.“
Relevant sind ebenso die Sicherheitsvorgaben nach EN 50272-2 für Batteriespeicher, die EN 62040 und die EN 60950-1 für die Sicherheit von Photovoltaik-Speichersystemen und die Prüfvorgaben der Battery Safety Organisation (Batso). Hierbei geht es insbesondere um Schutz vor Feuer, Feuchtigkeit und anderen schädlichen Umwelteinflüssen. Zu den Tests zählen eine Überladungsprüfung ebenso wie Vibrations- und Schock-Prüfungen, Klimatests mit extremen Temperaturwechseln und als Leistungsprüfungen insbesondere die Aspekte Selbstentladung und Zyklenfestigkeit. Wechselrichter werden im Hinblick auf Sicherheit und Netzkonformität getestet unter anderem nach EN 62109-1/2, nach VDE-AR N 4105 und VDE 0124-100 als auch nach der Anwendungsregel FNN Speicher. „Die technische Entwicklung im Bereich der Photovoltaik- und Speichersysteme für Einfamilienhäuser ist in vollem Gange“, erklärt Müller und ergänzt: „Entsprechend werden sich auch die Prüfungen künftig weiter verändern und anpassen.“ Mit der aktuellen Prüf- und Zertifizierungsgrundlage bilde der TÜV Rheinland den Stand der Technik jedoch umfassend ab.
Speicherbrand in Filderstadt
Batterien abgefackelt, Haus gerettet
Es brennt auf dem Dachboden eines zweistöckigen Hauses. Als der Notruf Ende August 2013 bei der Freiwilligen Feuerwehr Filderstadt eingeht, wird schnell klar: Hier handelt es sich um eine neue Situation. In Flammen steht nicht der Dachboden selbst, sondern der Speicher einer Photovoltaikanlage. Die Feuerwehr in Filderstadt hat vorher noch nie solch einen Speicherbrand bei einer Photovoltaikanlage bekämpft. Sie rückt mit fünf Fahrzeugen an, das ist eine Mannschaft von insgesamt 25 Feuerwehrleuten. Sie erkennen sofort: Der Lithium-Ionen-Speicher ist zu nah an der Bodentreppe aufgestellt. Die Löscharbeiten gestalten sich schwierig, denn das Löschmittel kann aufgrund der Einbausituation nicht an den Brandherd gelangen, um die Batterien direkt zu löschen. Für weitere Informationen telefonieren die Feuerwehrleute mit dem Installationsbetrieb, der die Anlage errichtet hat. Dieser kann aber keine wesentlichen Erkenntnisse beisteuern. Parallel öffnet die Feuerwehr die Dachfenster, um einen Rauchabzug für den giftigen Qualm zu gewährleisten.
Die Einsatzkräfte versuchen es mit verschiedenen Löschmitteln, mit Pulver und Schaum. Da die brennenden Akkus sich so aber nicht löschen lassen, beschließen sie, den Schrank kontrolliert abbrennen zu lassen, und konzentrieren sich darauf, die Umgebung zu schützen, sodass am Ende nicht das gesamte Haus Feuer fängt. So brennt der Speicher etwa zwei Stunden lang aus, aber die Flammen greifen nicht auf den Dachboden über. Am Ende hält sich der Schaden damit in Grenzen.
Die Ursache für den Brand lässt sich nicht mehr klären. Dazu ist der Speicher zu weit zerstört, und eventuelle Hinweise auf den Schadensauslöser sind vernichtet. So kann man über die Brandursache im Nachhinein nur spekulieren.
Schon vor Jahren kamen brennende Photovoltaikanlagen in die Schlagzeilen. Die Medienberichte waren zum Teil unsachlich und auf Sensationsmache ausgerichtet, erinnert sich Jochen Thorns, Stadtbrandmeister und Feuerwehrkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Filderstadt. Ähnliches könnte jetzt auch bei den Speichern geschehen. Für Thorns jedoch sind Photovoltaikanlagen und Speicher nichts anderes als elektrische Anlagen, und mit denen haben seine Feuerwehrleute praktisch fast immer zu tun, wenn sie zu Bränden in Häusern gerufen werden. Deshalb greifen auch die ganz normalen Vorsichtsmaßnahmen, wie sie beim Löschen von elektrischen Anlagen angewendet werden müssen. „Das Löschen von Speichern ist beherrschbar, genau wie das Löschen einer Photovoltaikanlage“, betont Thorns. „Das ist keine neue Zeitbombe, die uns da erwartet.“ Thorns will nicht schwarzmalen, aber auch nicht bagatellisieren. So weiß er, dass bei einem Brand von Lithium-Ionen-Batterien schon besondere Dinge zu beachten sind. Beispielsweise die Rückzündungsgefahr. Dieser Typ von Batterien kann sich auch nach dem gelöschten Brand noch einmal entzünden.
Deshalb haben die Feuerwehrleute beim Fall des Speicherbrandes in Filderstadt auch noch einmal zwei Stunden gewartet und die verkohlten Reste beobachtet. Erst als nach dieser Zeitspanne alles unauffällig geblieben ist, wussten sie: Die Gefahr ist endgültig eingedämmt.