Eine bessere Förderung des Eigenverbrauchs hört sich erst einmal gut an. Immerhin könnte der psychologische Effekt der Eigenverbrauchsförderung – den eigenen Haushalt nun auch mit selbst erzeugtem Strom zu versorgen – dazu führen, dass deutlich mehr Solaranlagen gebaut werden.
Doch das Bundesumweltministerium verkündet nicht nur, dass mit der geplanten Ausweitung der Eigenverbrauchsförderung ein innovatives Produkt zur weiteren Markteinführung der Photovoltaik angeboten wird. Gleichzeitig plant es, die Netzeinspeisevergütung um 16 Prozent zu senken, und bagatellisiert die Folgen. Der Solarenergie-Förderverein warnt davor und fordert weiterhin, die Vergütungen für netzeingespeisten Strom keineswegs in der beabsichtigten Höhe zu kürzen. Nur so kann sichergestellt werden, dass es planbar bleibt, eine Solaranlage wirtschaftlich zu betreiben.
Leider haben sich sogar einige Vertreter der Solarbranche der Sichtweise des Ministeriums angeschlossen. Wer so argumentiert, überschätzt die positiven Auswirkungen des Eigenverbrauchs und übersieht, dass er sich mit dessen Förderung auch Nachteile einhandelt.
Vorsicht vor falscher Planung
Zu beachten ist, dass in den meisten Fallen nicht mehr als vielleicht 30 Prozent des erzeugten Solarstroms im Haus tatsächlich genutzt werden können, denn das zeitgleiche Zuschalten von Stromverbrauchern bei entsprechendem Solarstromangebot hat seine Grenzen. Immer mehr Anlageninvestoren werden trotzdem abschätzen, wie groß ihr Tages-Stromverbrauch bei einem auf die Solarstromerzeugung optimierten Verbrauch sein könnte. Sie planen ihre Anlage dann in Anlehnung an diese Schätzung und errechnen auf dieser Basis, ob die Anlage im Eigenverbrauch wirtschaftlich laufen könnte. Doch nach Inbetriebnahme könnte schnell das bittere Erwachen kommen.
Deshalb wird die neue Regelung die Planung neuer Anlagen beeinflussen. Vor Einführung der Eigenverbrauchsförderung war es gängig, die Leistung der Solaranlage nach der Größe des Daches und den finanziellen Möglichkeiten des Investors zu bestimmen. Jetzt besteht die Gefahr, dass Investoren zukünftig die Anlagengröße nach dem Strombedarf der Hausbewohner bemessen. Diese Überlegung ist leider schädlich für den weiteren Ausbau der Solarenergie, weil sie dazu führt, die vorhandene Dachfläche nicht voll auszunutzen.
Außerdem ist die Förderung des Eigenverbrauchs nicht so gut, wie landläufig behauptet wird. Zum einen stimmt es ja nicht, dass der Eigenverbrauch nach den Plänen des Umweltministeriums stärker gefördert werden soll. Die Förderung soll nur weniger stark gekürzt werden. Zusätzlich wird oft nicht bedacht, dass durch die steuerliche Behandlung der Vorteil des Eigenverbrauchs weiter dahinschmelzen kann. In den Erläuterungen des Bundesfinanzministeriums vom 1. April 2009 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen mit Direktverbrauch entwirft die Behörde ein Konstrukt aus Hin- und Rücklieferung des selbst verbrauchten Stroms.
Die sogenannte Rücklieferung führt dazu, dass auch der Strom, der privat verbraucht wird, mit 19 Prozent versteuert wird. Diese Steuer zahlt der Betreiber; er kann sie allerdings gegenüber dem Finanzamt nicht als Vorsteuer geltend machen. Ein weiterer Punkt: Auch der geldwerte Vorteil, der durch die Einsparung der Strombezugskosten eintritt, muss in die Steuererklärung einfließen.
Die Eigenverbrauchsregelung scheint außerdem direkt weitere Nachteile für die Netzeinspeisung zur Folge zu haben. In einigen Bundesländern (zum Beispiel in Schleswig-Holstein, Berlin und Sachsen) wird die Baugenehmigungsfreiheit von Solarstromanlagen an den Begriff der „technischen Gebäudeausrüstung“ geknüpft. Seit Inkrafttreten der EEG-Solarstrom-Eigenverbrauchsförderung schlussfolgert man nun in den Landesbaubehörden, dass Solaranlagen nur dann genehmigungsfrei zu errichten seien, wenn der Anlagenbetreiber den Strom zum überwiegenden Teil auch selbst verbrauche. Nur auf diese Weise – so die Ansicht der Landesbaubehörden – könne die Zuordnung zur „technischen Gebäudeausrüstung“ im Einzelfall sichergestellt sein.
Irrweg der Baubehörden
Ein folgenschwerer Irrweg. Da nur in den allerwenigsten Fällen der „überwiegende Teil“ des erzeugten Solarstroms selbst genutzt werden kann, führen die neuen Genehmigungsvorschriften der Baubehörden dazu, dass nun fast alle Solarstromanlagen als genehmigungspflichtig eingestuft werden könnten. Uns erreichen immer wieder Meldungen von Betreibern, dass örtliche Bauämter in dieser Weise verfahren. Das Bauamt müsste nun – bei sorgsamem Umgang mit dieser neuen Bestimmung – immer wiederkehrende Kontrollen durchführen, um sicherzustellen, dass eine einmal erteilte Baugenehmigungsfreiheit bei aufgezeigter überwiegender Eigenbedarfsdeckung über die Jahre weiterhin zutrifft. Eine fast unlösbare Aufgabe.
Allerdings haben wir Kenntnis darüber, dass im Rahmen einer Tagung der Bundes-Bauministerkonferenz diskutiert wurde, die Musterbauordnung in diesem Punkt zu ändern und Solaranlagen künftig nicht mehr der „technischen Gebäudeausrüstung“ zuzuordnen. In Mecklenburg-Vorpommern hat man – den geplanten Änderungen vorauseilend – bereits eine Umformulierung in den Handlungsanweisungen zur Landesbauordnung eingefügt. Es bleibt zu hoffen, dass auch in den anderen betroffenen Bundesländern Änderungen auf den Weg gebracht werden. Bis dahin sollte jeder Anlagenbetreiber beim örtlichen Bauamt nachfragen, ob eine Baugenehmigung für die geplante Solarstromanlage notwendig ist.
Viel Solarstrom für Lastverschiebung nötig
Das Bestreben, möglichst viel Solarstrom selbst zu nutzen, führt dazu, den Stromverbrauch absichtlich in die sonnigen Mittagsstunden zu verschieben. Solange jedoch immer noch konventionelle Spitzenlastkraftwerke zur Abdeckung der mittäglichen Lastspitze zugeschaltet werden müssen, ist es gesamtwirtschaftlich ein Fehler, einen weiteren Stromverbrauch in die Mittagsstunden zu verschieben. Dadurch steigt nämlich der Spitzenlast-Strombedarf – Preistreiber der allgemeinen Strombezugskosten. Die bisher allen Stromverbrauchern zugute kommende preissenkende Wirkung des Solarstroms zu Spitzenlastzeiten wird durch den Anreiz zum Eigenverbrauch von Solarstrom somit – zumindest teilweise – konterkariert. Nur dann, wenn die tendenzielle Zunahme des Stromverbrauchs in den Mittagsstunden durch die Lieferung von mehr Solarstrom aus mehr Anlagen abgefedert wird, würde sich der Spitzenlastbedarf in Deutschland nicht weiter erhöhen.
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland empfiehlt auch aus diesem Grund, den Schwerpunkt der EEG-Förderung auf einer gewinnbringenden Vergütung für netzeingespeisten Strom zu setzen.