Eine Stunde später als früher beginnt für 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Burkholz in Burgbernheim die Schicht. Früher, das galt bis zum vorigen Jahr. Denn seit Januar gelten neue Schichtpläne für die insgesamt 60 Mitarbeiter des fränkischen Metallbetriebs, der jährlich um rund 15 Prozent wächst.
Der Grund: Der Blechverarbeiter produziert rund 550.000 Kilowattstunden sauberen Strom im Jahr. Die Solaranlage befindet sich auf der 2016 errichteten Werkshalle. Verbraucht werden bislang nur 60 Prozent. Um diese Quote zu erhöhen, passt sich der Automobilzulieferer dem Stand der Sonne an. Und die Mitarbeiter ziehen mit. „Wir sind noch in der Erprobungsphase. Aber was wir erleben, stimmt mich positiv“, berichtet Geschäftsführer Thomas Reisgies. Beeindruckt ist der Chef von der Flexibilität seiner Mitarbeiter, die vor allem dann zur Arbeit kommen und bleiben, wenn die Sonne scheint: „Wo das im Einzelfall wegen Kinderbetreuung oder Pflege betagter Eltern nicht möglich ist, schließen wir die Lücke mit Springern.“
Abwärme der Maschinen senkt Gasbedarf
Der Gasverbrauch zum Heizen der Büros und der 5.500 Quadratmeter großen Halle liegt bei 100.000 Kilowattstunden pro Jahr. Das Unternehmen nutzt die Abwärme der automatisierten Maschinen, die Bleche in den Stärken von 0,5 bis 30 Millimetern lasern, stanzen, tiefziehen, abkanten, sägen und schweißen. Das spart zusätzlich Geld – und Emissionen.
Bis 2015 arbeitete Burkholz in einem kleineren Altbau mit nur 25 Mitarbeitern. Dort reifte die Vision des 54-jährigen Chefs, den Betrieb zu vergrößern, ökologisch auszurichten und neue Bearbeitungskompetenzen zu erwerben. Das Ziel war es, den 1946 gegründeten Familienbetrieb für die Zukunft zu transformieren. Diese Rechnung ging auf.
Belegschaft hat sich verdoppelt
Aktuell arbeitet der Blechverarbeiter zu 50 Prozent für die Automobilindustrie, für die er Ladungsträger produziert, aber auch Komponenten liefert, für elektrische Antriebe und Wasserstoffautos. Weitere Branchen sind die Logistik vom Gefahrguttransport bis zum Industrieregal, Bauteile für Arbeitsplatzeinrichtungen oder das Baugewerbe, Medizintechnik sowie Unterkonstruktionen für die Photovoltaik.
Seit dem Umzug in den Neubau hat sich die Belegschaft mehr als verdoppelt und soll bald auf 80 Mitarbeiter wachsen. Und: Ende 2022 lief der Vertrag mit dem Stromanbieter aus.
Kauft Reststrom im Spotmarkt
Das Folgeangebot bedeutete eine Steigerung um fast 400 Prozent. Andere Angebote erreichten bis ein Euro je Kilowatt. „Hätten wir diese Preise an unsere Kunden weitergegeben, hätten wir sicherlich einen Auftragsrückgang verzeichnet“, sagt Reisgies.
Seit Beginn des Jahres deckt er seinen Zusatzstrombedarf auf dem Spotmarkt zu tagesaktuellen Preisen. Burkholz nutzt diesen Spotmarkt und das Stromnetz als seinen Solarspeicher.
Die Überproduktion der solaren Kilowattstunden im Sommer wird eingespeist. In Zeiten von sonnenarmen Lastspitzen im Winter und Frühjahr wird sie dem Netz wiederum entnommen.
Den Eigenverbrauch erhöht eine Wallbox mit zwei Ladepunkten, die je nach Bedarf erweiterbar ist. „Bislang steht die Stromtankstelle vor allem unseren Kunden als Service zur Verfügung“, sagt Reisgies, der bislang einen elektrischen Pkw in der Firmenflotte hat. Weitere E-Fahrzeuge sind geplant. Hinzu kommen die E-Autos der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei der Firma Sonnenstrom tanken.
Parkplatz solar überdachen
Zudem plant der Unternehmer, einen Teil des Parkplatzes mit Solarmodulen zu überdachen. Denn eines ist ihm klar: „Künftig wird unsere Firma oder die Kommune kaum genug Strom haben, um alle Bedarfe zu decken.“
Hinzu komme die Kostensicherheit durch die Eigenproduktion des Sonnenstroms. Würde er den zusätzlich benötigten Strom beispielsweise zum Festpreis kaufen, kostete die Kilowattstunde aktuell 50 Cent – ein Vielfaches dessen, was er jetzt zahlt.