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Jubiläum

IBC Solar: Rückschau auf 40 Jahre

Herr Möhrstedt, vor 40 Jahren haben Sie IBC Solar in Bad Staffelstein gegründet. Welche Gründe haben Sie damals veranlasst, in diese neue Branche einzusteigen?

Udo Möhrstedt: Ich bin Jahrgang 1940. Von meinem 27. Lebensjahr bis Ende 1979 war ich bei der Batteriefirma Varta in Hannover tätig. Dort habe ich die Ölkrise 1973 erlebt. Das war die Zeit, als der erste Report von Dennis Meadows und des Club of Rome erschien: „Die Grenzen des Wachstums“. Das ist ja gerade wieder in aller Munde, weil es schon fünf Jahrzehnte zurückliegt. Damals erschien auch Herbert Gruhls „Ein Planet wird geplündert“. Das hat mich sehr beeindruckt. Das war für mich der Anlass, selber tätig zu werden.

Was haben Sie bei Varta seinerzeit gemacht?

Ich war verantwortlich für die entwicklungstechnische Zusammenarbeit mit der europäischen Automobilindustrie. Außerdem habe ich mich mit der Elektrifizierung von mobilen Geräten wie Rasenmähern, E-Mofas oder Golfcars befasst. Durch meine Heirat kam ich zu Moll Batterien nach Bad Staffelstein, in die Firma meines Schwiegervaters. Da wollte ich etwas Neues anfangen.

1982 gab es eigentlich noch keine Solarmodule, erst recht keine Solarbranche und sicher auch nur wenige Solarkunden. Wie fing das an?

Das erste Solarmodul hatte ich schon bei Varta eingesetzt, ein 36-Watt-Modul von Siemens. Es gab damals schon vom Wirtschaftsministerium geförderte Pilotlinien von Siemens und von der AEG zur Herstellung von Solarmodulen. Allerdings wurden die damals gefertigten Module nur für geförderte Pilotprojekte eingesetzt. Am Markt wurden die nicht angeboten. Über einen Kontakt bei Wacker bekam ich einen Tipp, dass Kyocera in Japan eine Fertigung für polykristalline Solarmodule aufgebaut hatte. Das habe ich mir 1983 angesehen, in Kyoto. So wurde aus der International Battery Consulting (IBC) die IBC Solar. Denn diese Module mit 36 Zellen konnte man kaufen, die Japaner haben geliefert.

Sie hatten die Batterien, sie hatten Solarmodule. Was fehlte noch?

Die Laderegler für die Bleibatterien. Es gab Regler aus Amerika, aber die waren Schrott. Deshalb habe ich einen Regler hier in Bad Staffelstein entwickeln lassen, von einem Elektroingenieur aus der Nachbarschaft. Insgesamt haben wir rund 3.500 Laderegler verkauft. Er war bis auf zwei Kilowatt erweiterbar, das war ein großer Vorteil. Später kam die Firma Steca mit eigenen Ladereglern, die Geräte waren billiger und wurden deshalb gekauft.

Wie ist IBC gestartet?

Als Ein-Mann-Betrieb. Es dauerte eine Weile, bis wir wuchsen und Leute einstellen konnten.

An welche Meilensteine erinnern Sie sich besonders gern?

Der erste Meilenstein war das erste PV-Symposium in Bad Staffelstein, das ich mit dem Ostbayerischen Technologie-Transfer-Institut (Otti) aus Regensburg und unter Mitwirkung von Professor Götzberger vom Fraunhofer ISE auf Kloster Banz hier in Bad Staffelstein veranstaltet habe. Das war im April 1986, daran erinnere ich mich genau. Denn wenige Tage später passierte der Unfall in Tschernobyl. Beim Symposium waren wir 72 Leute, davon 30 Referenten. Wir sprachen zum Beispiel über Solarzellen auf Autodächern, um den Innenraum zu klimatisieren. Deshalb waren auch Vertreter der Automobilbranche dabei. 1986 habe ich auch meine erste Mitarbeiterin eingestellt, die übrigens noch heute bei uns arbeitet. 1990 waren wir schon 15 Leute und machten 6,8 Millionen D-Mark Umsatz.

Und was war der nächste Höhepunkt?

Bis 1990 hatten wir nur Offgrid-Anlagen gebaut, bis dahin durfte nicht ins Netz eingespeist werden. Erst durch das im Bundestag verabschiedete Einspeisegesetz war es möglich, Solarstrom ins Netz einzuspeisen. Darauf folgte das 1.000-Dächer-Programm, das durch die Wiedervereinigung auf insgesamt 2.250 Dächer erweitert wurde.

Wie entwickelte sich damals das Geschäft mit den ersten einspeisenden Solaranlagen?

Die ersten 85 Anlagen haben wir mit unseren eigenen Wechselrichtern gebaut, das waren Geräte, die mit Thyristoren gesteuert wurden und die wir selbst entwickelt hatten. Der Wirkungsgrad lag bei 98 Prozent. Ich erinnere mich gut an eine Dachanlage mit fünf Kilowatt im Saarland. RWE hatte sie zu Werbezwecken in einer Broschüre dargestellt. Die Anlage haben wir häufig besucht. Dann kam SMA mit dem ersten Sinuswechselrichter. Diese Geräte waren kompakter und preiswerter. Das war quasi ein Technologiesprung. Etwas Ähnliches gab es später auch bei den Batterien.

Wie meinen Sie das?

Wie ich erzählt habe, sind wir sehr früh mit Batterien gestartet. Das Solarmodul war für uns zunächst von Interesse, um Batterien aufzuladen. Wir haben Moll-Batterien angeboten und sehr gut verkauft. Ab Ende 2015 wollte aber plötzlich niemand mehr Bleibatterien haben. Alle verlangten nach den neuen Lithiumbatterien. Bis 2015 war es nur Blei, ab 2016 haben wir dann nur noch eine einzige Bleibatterie im Heimspeichermarkt verkauft.

Wann haben Sie die erste Freilandanlage gebaut?

Streng genommen bereits 1989. Da haben wir für die erste aufgeständerte Freiflächenanlage in Österreich auf rund 1.600 Meter Höhe zehn Kilowatt Module geliefert. Die ersten Anlagen unterm EEG waren um 2003 oder 2004. Seitdem ist dieses Geschäft stark gewachsen.

Woran erinnern Sie sich außerdem gern?

Irgendwann kam das japanische Fernsehen zu uns, um die Montage einer Ein-Kilowatt-Dachanlage in Freiburg zu filmen. Die haben die Installation tatsächlich Schritt für Schritt aufgenommen. Als ich zu einem Besuch in Kyoto bei Kyocera weilte, lief die Sendung zufällig über die Bildschirme. Sie war ganz wichtig, denn kurz darauf wurde in Japan ein 70.000-Dächer-Programm gestartet. Das wiederum war für Hans-Josef Fell und Hermann Scheer die Vorlage, später in Deutschland ein 100.000-Dächer-Programm zu initiieren.

Installation eines Gewerbespeichers von IBC Solar in Stuttgart im Jahr 2017.

Foto: Heiko Schwarzburger

Installation eines Gewerbespeichers von IBC Solar in Stuttgart im Jahr 2017.

In 40 Jahren Firmengeschichte gab es sicher auch schlaflose Nächte, oder nicht?

Ja, natürlich. Nach dem 1.000-Dächer-Programm brach der Markt schlagartig um 30 Prozent ein. Damals gab es zumindest in einigen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Saarland oder Baden-Württemberg weiterhin Zuschüsse für Solaranlagen in Höhe von bis zu 25 Prozent der Investitionskosten, das half uns sehr. Im Jahr 2000 trat schließlich das EEG in Kraft.

… das Ihnen aber nicht nur Höhenflüge bereitete, Stichwort Solarkrise ab dem Jahr 2012.

2013 und 2014 war es dramatisch, das stimmt. Da war ich manchmal wirklich geplättet, wie paralysiert, wenn ich abends nach Hause ging. Allerdings haben sich damals unsere Mitarbeiter mächtig ins Zeug gelegt, um die neuen Strukturen zu finden und zu etablieren. Leider mussten wir 2014 dennoch 85 Leute entlassen. Wir haben sie mit Kursen und anderen Angeboten unterstützt, sodass alle innerhalb von einem halben Jahr einen neuen Arbeitsplatz hatten.

Und heute? Suchen Sie wieder Personal?

Ja, wir haben allein zum Beginn des Monats März 2022 zehn neue Leute eingestellt. Insgesamt hat die IBC Solar Gruppe heute weltweit rund 380 Mitarbeiter.

Wann sind Sie zum ersten Mal mit Installationen von IBC Solar ins Ausland gegangen?

Auch damit haben wir frühzeitig begonnen. Schon Mitte der 1990er-Jahre nutzte ich Kontakte aus meiner Tätigkeit bei Varta, um in Ägypten eine Solaranlage zu verkaufen. Das war ein riesiges, zehn mal 15 Meter großes Werbeschild an der berühmten Desert Road von Kairo nach Alexandria, das solar beleuchtet wurde. Leider blieb es bei einer Anlage, der erhoffte Folgeauftrag für viele Werbeschilder blieb aus. Die wurden dann doch mit Kabeln ans Netz angeschlossen.

Und der nächste Versuch?

Ich erinnere mich an einen Auftrag, der über Siemens in Erlangen zustande kam. Dabei ging es um 20 Systeme, um die Strommasten am Flughafen von Abu-Dhabi nachts zu befeuern, für die Flugsicherung. Die Batterien wurden in einem Edelstahlgehäuse oben in den Masten installiert und mit jeweils zwei Solarmodulen versorgt. Das war ein Riesenaufwand, bis hin zur korrekten Verzinkungsdicke der von uns eingesetzten Gestellsysteme.

Haben Sie selber mit Hand angelegt?

Bei der Installation dieser Anlagen leider nicht. Das war schon sehr speziell.

Konnten Sie damals schon absehen, wie sich die Solarbranche bis heute entwickeln würde?

Nein, natürlich nicht. Die ersten acht bis zehn Jahre waren sehr schwierig, von vielen Unsicherheiten geprägt. Das änderte sich erst, als die Netzeinspeisung kam. Da wurde ich optimistischer.

Sie haben erzählt, dass Sie mit elektrischen Mobilen angefangen haben, erst bei Varta, später auch bei IBC Solar. Wie sehen Sie dieses Thema heute?

1991 und 1992 haben wir fünf Polos auf batterieelektrische Antriebe umgestellt, einen bringen wir mit im Mai nach München zur Messe – und er läuft heute noch. Die E-Mobilität erlebt gerade einen schönen Boom und jeder, der sich ein E-Auto kauft oder anschaffen will, denkt auch darüber nach, woher er grünen Strom zum Auftanken bekommt. Das erkennen wir am Absatz unserer Wallboxen. Denn nur dann ist E-Mobilität wirklich sauber.

Das Handelsgeschäft von IBC Solar wächst stetig. Rund 1.000 Fachpartner weltweit werden beliefert.

Foto: IBC Solar

Das Handelsgeschäft von IBC Solar wächst stetig. Rund 1.000 Fachpartner weltweit werden beliefert.

Wie entwickelt sich das Geschäft bei den Speicherbatterien?

Bei den Speichern steigt die Kapazität der verkauften Systeme im Durchschnitt an, langsam aber stetig. Wir haben bei den privaten Kunden mit fünf bis sechs Kilowattstunden angefangen, jetzt sind wir bei knapp neun Kilowattstunden im Durchschnitt. Auch das scheint mit der wachsenden Bedeutung der E-Mobilität zusammenzuhängen. Schon mit acht oder zehn Kilowatt Solarleistung und einem etwas größeren Speicher lässt sich ein E-Auto gut versorgen.

Wie bewerten Sie die Entwicklung bei kommerziellen Solaranlagen und ­Gewerbespeichern?

Wir haben aktuell mehr als 1.000 Fachpartner weltweit. Besonders in Deutschland ist eine große Anzahl von ihnen vor allem im Residential-Bereich unterwegs und plant und baut vornehmlich private Anlagen. Jedoch beschäftigen sich viele unserer Fachpartner auch mit Anlagen für das Gewerbe und die Industrie.

Um welche Anlagengrößen geht es dabei?

Die haben Größen ab 30 Kilowatt bis 300 Kilowatt oder sogar bis 750 Kilowatt, wobei Letztere auch als Freilandanlagen errichtet werden. So erkennen wir deutlich, dass die Nachfrage dort steigt. Auch komplexe gewerbliche Anlagen mit EMS und Speicher werden immer wichtiger, sodass wir bereits vor einiger Zeit eine eigene Abteilung gegründet haben, die sich mit dem Thema beschäftigt und unsere Fachpartner in der Planung und Ausführung solcher Anlagen berät und unterstützt.

Wie hoch ist die Nachfrage?

Aktuell ist die Anzahl der Anfragen überdurchschnittlich hoch, Tendenz weiter steigend. Diese kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, beispielsweise von Autohäusern, die auch ihre Ladesäulen mit Photovoltaik betreiben und regeln lassen möchten. Oder auch von der Industrie, die über große Lagerhallen für die Photovoltaik verfügt. Unsere derzeit größte, in Planung befindliche Anlage hat 180 Kilowattstunden Speicherkapazität.

Wie wird sich das Geschäft entwickeln?

Es gibt noch etliche bürokratische Hürden, aber die Stromspeicher werden in Gewerbe und Industrie wachsen, dessen bin ich mir sicher. Der Netzausbau kommt gar nicht so schnell nach, denn Kupfer ist teuer und „dumm“. Dickere Leitungen lösen das Problem der fluktuierenden Energien von Sonne und Wind nicht. Das ist mit einem größeren Speicher viel einfacher zu lösen. Ein Beispiel ist ein von uns errichteter Quartiersspeicher mit 250 Kilowattstunden, der ein ganzes Quartier mit vielen Photovoltaikanlagen auf den Dächern ausregelt.

Dem Rückblick folgt der persönliche Ausblick: Wie sind Sie derzeit bei IBC Solar eingebunden?

Wir treffen uns regelmäßig zur Vorstandsrunde. Ich achte darauf, dass sich IBC Solar in meinem Sinne weiterentwickelt. Da gibt es einige Projekte, die wir in den kommenden Monaten umsetzen wollen. Denn die Firma soll auch in den kommenden Jahren wichtige Weichen für die Energiewende stellen. Daneben darf ich einige meiner Hobbys pflegen, zum Beispiel IBC Solar als Stromlieferant zu entwickeln. Das ist vor allem auch möglich, weil mein Sohn seit einigen Jahren aktiv im Unternehmen tätig ist.

Was ist anlässlich des Firmenjubiläums geplant?

Ende Mai wollen wir unser Haus in Bad Staffelstein für Besucher und Gäste öffnen und mehrere Tage mit unseren Mitarbeitern und Gästen feiern. Es wird auch spezielle Aktionen für unsere Fachpartner geben. Und natürlich wird das Jubiläum auf der Intersolar im Mai in München eine wichtige Rolle spielen.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Lesen Sie auch die interessanten Ergebnisse einer Umfrage unter den Fachpartnern von IBC Solar, zu finden auf Seite 58.

Udo Möhrstedt (Zweiter von links) beim PV-Symposium im Kloster Banz Mitte der 1990er-Jahre. Ganz links: Dr. Günther vom Otti, rechts: Professor Schmid und Professor Luther vom Fraunhofer ISE. Rechtes Foto: Präsentation von IBC Solar 1998 beim Branchentreff in Bad Staffelstein.

Foto links: Otti; Foto rechts: IBC Solar

Udo Möhrstedt (Zweiter von links) beim PV-Symposium im Kloster Banz Mitte der 1990er-Jahre. Ganz links: Dr. Günther vom Otti, rechts: Professor Schmid und Professor Luther vom Fraunhofer ISE. Rechtes Foto: Präsentation von IBC Solar 1998 beim Branchentreff in Bad Staffelstein.