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Markttrends

EES Europe: neue Speicher

Gewerbespeicher mit einer Kapazität bis zu einer Megawattstunde sind in Deutschland stark auf dem Vormarsch. Sie legten laut der RWTH Aachen von 2021 auf 2022 um satte 24 Prozent zu. Diese größeren Strompuffer liegen nach einer Branchendefinition zwischen 30 und 1.000 Kilowattstunden Kapazität. „Ausgehend von einem niedrigen Niveau und heterogenen Anwendungen ist das Marktsegment geradezu in den Absatzzahlen explodiert“, berichtet Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer von Fenecon. Und in diesem Segment gibt es derzeit nur wenige etablierte Anbieter, die nicht nur das Produkt, sondern auch die hier besonders wichtigen Energiemanagement- und Serviceaufstellungen mitbringen.

Zeitvariable Tarife kommen ab 2025

Durch das höhere Strompreisniveau sind viele der Systeme in diesem Segment nun erst mal nur in der solaren Eigenverbrauchsoptimierung im Einsatz, berichtet Feilmeier. „Wobei dann häufig bereits nach kurzen Einsatzzeiten die Anfragen nach Erweiterung um Lastspitzenkappung, Multi-Ladepunkt-Management oder anderen Funktionen eines übergeordneten Energiemanagements oder der Einbindung von zeitvariablen Tarifen kommt.“ Der Prozess sieht meist so aus: Die Systeme gehen zunächst standardisiert und mit einheitlicher Anwendung ins Feld und werden dann kundenspezifisch über das Energiemanagement individualisiert. Für Hersteller sei es wichtig, das mitzudenken und zu ermöglichen, betont Feilmeier.

„Immer mehr Gewerbebetriebe werden nun auf das Thema aufmerksam, auch um ihre Energiekosten zu optimieren“, berichtet auch Martin Peters, Produktmanager beim Hersteller Intilion. Besonders gefragt seien Ersatzstromlösungen, denn für Industrie- und Gewerbeunternehmen können bereits kurze Stromausfälle zu hohen wirtschaftlichen Einbußen führen. Neben klassischen Handwerksbetrieben kommen die Kunden aus der Landwirtschaft, fragen Supermärkte, Kommunen, Industrieunternehmen sowie Ladeparks, Quartiersmanager und Energieversorgungsunternehmen nach Strompuffern.

Lastspitzen vermeiden spart viel Geld

Peters berichtet: „Die Kunden fragen heute nicht mehr, was das ersatzstromfähige Batteriespeichersystem kostet, sondern: ‚Was kostet mich ein länger anhaltender Stromausfall?‘ Mit einer Netzersatzanlage in Kombination mit einem Batteriespeicher lassen sich kritische Verbraucher bei einem Stromausfall, je nach Auslegung, auch über einen längeren Zeitraum weiterbetreiben. Unser Speichersystem baut dann eigenständig das Netz auf, stellt die Leistung bereit und gibt die Spannung und Frequenz des Inselnetzes vor.“

Dadurch lassen sich auch nach einem Stromausfall Solaranlagen weiterbetreiben, die dann neben der Eigenverbrauchsoptimierung auch den Speicher laden können. Ein weiterer wichtiger Anwendungsfall ist das Kappen der Lastspitzen: Diese Spitzen machen den Strom für Unternehmen besonders teuer. „Speicher können die Lastspitzen abpuffern und so zu Einsparungen von teils mehreren 10.000 Euro führen“, berechnet Peters. Darüber hinaus können die Lösungen auch den Netzanschluss erweitern, wenn dieser für die Zielleistung nicht ausreichend sei. Die Zielleistung ist unter anderem beim Aufbau einer E-Ladeinfrastruktur besonders interessant, da Batteriespeicher in der Regel die effizientere und kostengünstigere Lösung im Vergleich zur Erweiterung des Netzanschlusses sind.

Kein klarer gesetzlicher Rahmen

Getrieben wird der Ausbau von Strompuffern insbesondere durch den politischen Willen, mehr in erneuerbare Energien zu investieren. Energiespeicher sind dabei wichtig, um die unstetige Erzeugung aus Ökoenergien auszugleichen. „Allerdings muss ein klarer gesetzlicher Rahmen und ein Anreizsystem für Speichersysteme geschaffen werden“, fordert der Intilion-Manager. Denn das zukünftige Energieversorgungsnetz besteht aus vier Säulen: Erzeugung, Speicherung, Verbrauch und Vernetzung. Bei Speichern fehle es noch an Regularien und finanziellen Anreizen für Unternehmen, um noch mehr in erneuerbare Erzeugungsanlagen und Energiespeicher zu investieren.

Es gebe derzeit auch immer noch Engpässe in verschiedenen Bereichen – je nach Warengruppe kommt es hier regelmäßig zu Verschiebungen, sagt Peters. „Um die Lieferkette zu stabilisieren, haben wir bereits vor rund zwei Jahren damit begonnen, Alternativen aufzutun, so können wir besser auf Ausfälle reagieren und planen etwaige Verzögerungen in den Projekten mit ein.“ Insbesondere eine regulatorische Unterstützung von Mehrfachanwendungen sei wünschenswert und überfällig, da die Kombination von unterschiedlichen Anwendungen zur Aufhebung von Fördermechanismen führen könne, erklärt er.

Lieferketten haben sich entspannt

Erfreulicherweise habe sich die Situation bei den Lieferketten merklich entspannt, meint Christian Löffler. Er arbeitet als Produktmanager bei Tesvolt in Wittenberg. Bei ihnen habe die Anpassung der logistischen Prozesse bei Zulieferern aber ohnehin nur eine untergeordnete Rolle gespielt, so Löffler, da die engen Partnerschaften zu Bestandslieferanten erhalten wurden. Für die Hauptproduktgruppen gebe es weiterhin nur kurze Lieferzeiten für die Kunden, verspricht er.

Die Digitalisierung durchzieht die Speicherbranche immer stärker. Das ist ein klarer Trend. „Unsere Kunden installieren immer weniger isolierte Speichersysteme“, sagt Löffler. Stattdessen werden Erzeuger und Verbraucher im stationären und mobilen Bereich engmaschiger miteinander vernetzt. „Damit geht auch eine Auflösung der vertikalen Energieerzeugungs- und Verteilungsstruktur einher.“

Die Produktion von Gewerbespeichern wird weiter ausgebaut.

Foto: Tesvolt

Die Produktion von Gewerbespeichern wird weiter ausgebaut.

Industriespeicher mit und ohne Solarstrom

Spannend sei, sagt Feilmeier, dass speziell im Gewerbe und in der Industrie in den Wirrungen Ende 2022 viele Unternehmen keinen Stromliefervertrag mit einheitlichen Fixpreisen für 2023 mehr bekommen haben und sich daher häufig seit Anfang dieses Jahres bereits in einer Spotmarktbelieferung mit dynamischen Stundenstrompreisen wiederfinden. „Da ist natürlich die Motivation groß, diese täglich real erlebten Strompreisunterschiede mit einer smarten Kombination aus Energiemanagement und Speicher auch wirklich zu nutzen“, meint der Fenecon-Chef. Gerade deshalb werden immer mehr Industriespeicher mittlerweile auch ohne jegliche Kombination mit Solar installiert – und nutzen dennoch die solarstrombasierten Börsenstrompreiseffekte.

Zum Ausgleich der Erzeugungsschwankungen wetterabhängiger erneuerbarer Energien und zur Stromnetzstabilisierung sollte die in Deutschland installierte Speicherkapazität von derzeit geschätzten 6,7 Gigawattstunden bis zum Jahr 2030 auf 55 Gigawattstunden verachtfacht werden, empfiehlt auch der Solar- und Speicherverband BSW. Für eine effiziente Energiewende sind Heim-, Gewerbe- und Industriespeicher wichtige Bausteine.

Bis 2030 braucht es 55 Gigawattstunden Puffer

„Die Errichtung eines Speichers wird zunehmend zum Standard bei der Errichtung neuer Solarstromanlagen. Dies nützt nicht nur den Anlagenbetreibern, sondern zahlt auch auf die Flexibilität und Versorgungssicherheit des gesamten Stromsystems ein“, betont Carsten Körnig, Chef des Branchenverbandes BSW-Solar. Die Gründe: Nach den Erhebungen des Verbandes gaben 53 Prozent der befragten Unternehmer an, so Stromkosten sparen zu wollen, 29 Prozent nutzten demnach den Puffer für die E-Mobilität und 20 Prozent wollten die Leistungsspitzen glätten, um Netzentgelte zu reduzieren.

Energiewende braucht virtuelle Kraftwerke

„Künftig werden Strompuffer den Großteil ihres Speicherlebens mit dynamischen Stromtarifen konfrontiert sein“, erklärt Fenecon-Chef Feilmeier. Denn ab 2025 muss jeder Energieversorger einen solchen Tarif anbieten. Das bedeutet, dass auch das Energiemanagement des Speichers dazu in der Lage sein muss. Hier gibt es noch großen Entwicklungsbedarf, da die meisten Energiemanagementsysteme aktuell nur den jeweiligen Zeitpunkt betrachten, aber keine Vorhersagen für Erzeugung und Verbrauch berücksichtigen, geschweige denn Energiefahrpläne für die Sektorkopplung erstellen. Um diese Entwicklung zu forcieren, sollte die Branche sich auf einheitliche Standards beim Energiemanagement und Plattformen verständigen.

Die Energiewende braucht Speicher, die über virtuelle Kraftwerke auch zwingend dem Ausgleich am Energiemarkt dienen. „Das Schöne daran ist, dass das für Anwendungskombinationen hohe Zusatzeinnahmen generiert, jedoch schon als einfache Anwendung sehr einfach und lukrativ funktioniert“, freut sich Pionier Feilmeier. „Wir liefern derzeit zehn Stück unseres knapp 1,3 Megawattstunden großen Industriespeichers pro Monat aus – und könnten noch viel mehr verkaufen, wenn wir unsere Produktion schneller skalieren würden“, sagt Feilmeier. Über Open EMS an ein virtuelles Kraftwerk angeschlossen und in der Intraday-Vermarktung an der Börse amortisieren sich diese Systeme schon in vier bis fünf Jahren.

In unter fünf Jahren amortisiert

Daher sind Großspeicher mit entsprechender Vermarktbarkeit zu einem regelrechten Selbstläufer geworden, weiß Feilmeier. Aktuell werden sie auch häufig an bestehenden Solarparks gebaut. Hier arbeiten sie jedoch nicht mit dem Solarpark zusammen, sondern nutzen mit eigenständiger Vermarktung nur den bestehenden Netzanschluss im Rahmen der Freiheitsgrade des Solarparks – beispielsweise nachts und bei nicht voller Leistung. Es sind gerade diese vielfältigen Anwendungen eines Strompuffers, die den Absatz in der Branche gerade mächtig ankurbeln.

Mehrfachanwendungen machen Strompuffer immer attraktiver.

Foto: Tesvolt

Mehrfachanwendungen machen Strompuffer immer attraktiver.
Franz-Fosef Feilmeier auf der Messe im vergangenen Jahr.

Foto: Niels H. Petersen

Franz-Fosef Feilmeier auf der Messe im vergangenen Jahr.

Enerparc

Projektierer baut erste Solarkombi mit Stromspeicher

Der Entwickler Enerparc aus Hamburg hat sein erstes Hybridprojekt mit einer Photovoltaikanlage und einem Batteriespeicher ans Netz gebracht. Der Solarpark mit 35 Megawatt Leistung wird zusammen mit einer Batterie aufgebaut, die eine Kapazität von acht Megawattstunden besitzt. Laut Enerparc kann sie mit zwölf Megawatt be- und entladen werden. Das Batteriesystem selbst ist in sechs 40-Fuß-Containern untergebracht. „Auch für institutionelle Investoren sind solche Speicherprojekte die effektivste Art, CO2-neutral zu werden“, betont Christoph Koeppen, Vorstandsvorsitzender bei Enerparc. Das Projekt in Büttel, Schleswig-Holstein, hatte im September 2020 einen Zuschlag in der Innovations-Ausschreibungsrunde erhalten.

Der Vorteil eines Batteriegroßspeichers ist, dass er Ertragsspitzen in der Mittagszeit aufnehmen und sie an späten Abend- oder in frühen Morgenstunden abgeben kann. Somit wird eine gleichmäßigere Einspeisung über den Tag ermöglicht und die Netze entlastet. Doch nicht nur für die Netzbetreiber, sondern auch für Großindustrien und andere Stromabnehmer mit PPA-Vertrag ist dies ein interessanter Aspekt. Für die Hybridanlage in Büttel wurde ein PPA-Vertrag mit dem Schweizer Versorger Axpo abgeschlossen. Die Abwicklung der volatilen Einspeisung übernimmt die Energparc-Handelstochter Sunnic Lighthouse.

Foto: Enerparc

Varta

KI soll Lebensdauer der Speicher verlängern

In dem Forschungsprojekt Longer entwickeln mehrere Unternehmen und Forscher ein Batteriemanagement mithilfe von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz (KI). Es soll die Betriebsweisen von Heimspeichern und deren Wirkung auf die Batterie präziser abbilden als heutige Software. Denn die Alterung von Batteriespeichern hängt stark von der Zahl und Tiefe der Ladezyklen ab, aber auch von vielen anderen Faktoren wie Lade- und Entladeleistung und Umgebungstemperatur. Weil sowohl die Vorgänge in der Batterie als auch das Nutzerverhalten sehr komplex sind, ist die Alterung mit herkömmlichen Methoden schwierig abzuschätzen und muss individuell betrachtet werden.

Im Rahmen von Longer nutzt der Konzern Varta nun KI, um im Zusammenspiel mit maschinellem Lernen Modelle des Nutzerverhaltens und der Batteriealterung zu entwickeln. Die Programme werden dazu auf Feldtestgeräten des Heimspeichers Vartawall implementiert. „Heute absolvieren Heimspeicher in der Regel 200 bis 300 Vollladezyklen pro Jahr und werden fast ausschließlich zur Speicherung von Solarstrom genutzt. In Zukunft wird der Heimspeicher zusätzlich quasi als Stromhändler agieren und ­damit Energiekosten weiter senken sowie das Stromnetz aktiv entlasten“, erklärt Benjamin Achzet von Varta Storage. Dafür seien aber Speichersysteme mit höherer Zyklenstabilität nötig.

Das Forschungsprojekt Longer, das noch bis ­Ende 2025 läuft, soll dabei helfen, Speicher für die neuen Aufgaben fit zu machen. Neben Varta Storage als Koordinator sind daran auch das Fraunhofer ISE, Novum Engineering und TWT GmbH Science & Innovation beteiligt. Die KI soll nach dem Projekt in Speichern von Varta eingesetzt werden.

Foto: Varta

CM Blu Energy

Flow-Batterie vom TÜV Süd gut bewertet

Die Firma CM Blu Energy mit Sitz in Alzenau entwickelt einen Energiespeicher mit organischen Elektrolyten und Feststoffen. Der TÜV Süd hat nun den Reifegrad der Technologie, den Businessplan sowie den geplanten Produktionsausbau bewertet. Die sogenannte technische Due Diligence, kurz TDD, schafft eine belastungsfähige Grundlage für Investitionsentscheidungen. Das ist gerade für neue Technologien und junge Unternehmen von großer Bedeutung. CM Blu hat TÜV Süd aus diesem Grund mit einer umfassenden TDD beauftragt. Mit der organische Solidflow-Batterie hat das Unternehmen einen Energiespeicher entwickelt, der umweltfreundlich, nachhaltig und vergleichsweise günstig ist. In den kommenden Jahren will das Unternehmen die Produktion in Europa und vor allem in den USA massiv erweitern. Darüber hinaus haben die TÜV-Experten auch die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Opex und Capex geprüft.

Die TDD sollte eine Bewertung der technischen Machbarkeit, der Patentsituation, des Businessplans und des geplanten Produktionsausbaus liefern. „Dafür haben wir nicht nur die wichtigsten Batteriekomponenten, sondern auch die Beschaffungssituation bei den benötigten Materialien und die Produktionskapazitäten der geplanten Batteriefabriken bewertet“, erklärt Gerhard Klein, Leiter der TDD-Abteilung bei TÜV Süd. Die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der innovativen Technologie wurde demnach durch Tests nachgewiesen.

Foto: CMBlu