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Zusammen wird es rentabel

Ein Baustein der kompletten Versorgung mit Ökostrom sind Speicher. Wien setzt hier unter anderem auf gemeinschaftlich genutzte Systeme. Sie haben mehrere Vorteile. Die Netzbetreiber können auf sie einfacher zugreifen, um Systemdienstleistungen abzufordern. Zudem wird es für jeden Speicherkunden preiswerter, wenn sich viele die Kosten teilen.

Um herauszufinden, worauf die Teilnehmer an einem Gemeinschaftsspeicherprojekt Wert legen, hat eine Forschergruppe der FH Technikum in Wien eine Umfrage durchgeführt. „Das Ergebnis ist, dass sich die Mehrheit sowohl der Hauseigentümer als auch der Mieter eine Beteiligung an einem solchen Gemeinschaftsspeicher vorstellen kann“, erklärt Kurt Leonhartsberger vom Kompetenzfeld Erneuerbare Energien im Department Industrial Engineering der FH Technikum. Er entwickelt Beteiligungs- und Kooperationsmodelle für die Errichtung eines Gemeinschaftsspeichers in Großschönau, einer Marktgemeinde im westlichen Waldviertel in Niederösterreich.

Insgesamt können sich 80 Prozent der Befragten eine Beteiligung an einem Gemeinschaftsspeicher vorstellen. Unter den Betreibern einer Photovoltaikanlage ist die Bereitschaft mit 87 Prozent sogar noch höher als bei den Stromkunden ohne Solaranlage.

Transparenz ist entscheidend

Auch Letztere kommen potenziell als Nutzer des Gemeinschaftsspeichers infrage, indem sie den Solarstrom eines Anlagenbetreibers dann nutzen, wenn er vorhanden ist, und dieser nur virtuell über den Speicher fließt. „Damit wäre es möglich, ein größeres Speichervolumen bereitzustellen, das aber nur teilweise physisch vorhanden ist, weil der Strom zum Teil bilanziell direkt gehandelt wird“, sagt Leonhartsberger.

Die zentrale Frage ist aber, wie die Nutzer – seien sie Betreiber einer Photovoltaikanlage oder nur Stromkunden – am besten an einem solchen Gemeinschaftsspeicherprojekt beteiligt werden. Welches Beteiligungsmodell ist nicht nur vorteilhaft für die Speichergemeinschaft, sondern wirkt so, dass die Teilnehmer Vertrauen in das Projekt haben? „Denn man muss berücksichtigen, dass nicht nur die Aufteilung der Kapazität des Speichers wichtig ist, sondern auch die Abrechnung“, sagt Kurt Leonhartsberger. „Diese muss klar geregelt, fair und transparent sein. Denn sonst kommen Zweifel über mögliche Trittbrettfahrer auf, die unverhältnismäßig stark von dieser gemeinschaftlichen Lösung profitieren. Das heißt, Transparenz und Vertrauen sind hier ganz wichtige Faktoren.“

Nutzer wollen Teilhaber sein

Die meisten der potenziell Mitwirkenden können sich eine Rolle als Nutzer des Speichers gut vorstellen. Die Rolle eines passiven Mitglieds, das den Speicher zwar zur Verfügung hat, ihn aber nicht nutzt, wollen nur die wenigsten einnehmen. Die positiv gestimmten Befragten können sich schon eher vorstellen, als direkter Teilhaber aufzutreten und in den Gemeinschaftsspeicher zu investieren und ihn nicht nur zu nutzen. Als Betreiber wollen sie sich aber lieber im Hintergrund halten und das beispielsweise einem Dienstleister überlassen.

Dabei ist es ambivalent, wer den Speicherbetrieb übernehmen sollte. „So wäre der Bürgermeister oder die Gemeindeverwaltung ein Betreiber, dem die Teilnehmer großes Vertrauen entgegenbringen“, beschreibt Leonhartsberger das Ergebnis. „Ihm werden aber nur geringe technische Kompetenzen zugebilligt, den Betrieb des Speichers auch zu übernehmen. Diese Kompetenzen werden dem Energieversorger zugebilligt. Ihn sehen die Beteiligten aber als weniger vertrauenswürdig.“ Das meiste Vertrauen haben die Beteiligten natürlich zu sich selbst und sie sehen sich auch als kompetent genug an, den Betrieb des Speichers zu übernehmen.

Beteiligungsmodelle entwickelt

Aus diesen Ergebnissen hat die Gruppe um Kurt Leonhartsberger zwei Kooperationsmodelle entwickelt. Die stellen sie den potenziell Beteiligten in Großschönau in einem Workshop vor.

Eines dieser Modelle ist, dass die Bürger das Speicherprojekt selbst im Rahmen beispielsweise einer Genossenschaft entwickeln und betreiben. Hier erfolgt keine detaillierte Abrechnung der Speichernutzung, sondern diese läuft über Mitgliedsbeiträge. Dabei geht Kurt Leonhartsberger davon aus, dass die Unterschiede bei der tatsächlichen Speichernutzung akzeptiert werden, weil jeder seinen Vorteil aus dem Speicher zieht.

Rentabilität wird bezweifelt

Im zweiten Modell initiiert ein Energieversorgungsunternehmen das Speicherprojekt, setzt es um und betreibt das System. Die Teilnehmer bekommen ein festes Speichervolumen zugewiesen. Denkbar wäre aber auch eine dynamische Aufteilung, bei der jeder den Speicherplatz belegt, den er braucht. Die Abrechnung erfolgt über die normale Stromrechnung.

Die Umfrage hat ergeben, dass nur die wenigsten einen solchen Gemeinschaftsspeicher ablehnen. Das Hauptargument dagegen bezieht sich vor allem auf dessen Rentabilität. Tatsächlich sind in Österreich Speicher aufgrund der geringen Strompreise in der Alpenrepublik aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch nicht rentabel, wie die Ergebnisse eines Feldversuchs mit Gemeinschaftsspeichern in Wien zeigen. Doch es gibt auch Lösungen.

Speicherplatz aufgeteilt

Im neuen Wiener Wohnquartier Seestadt Aspern wurden nicht nur Solaranlagen auf den Dächern der Gebäude errichtet, sondern auch fünf Speichersysteme mit einer Kapazität von jeweils 100 Kilowattstunden. Diese sind in das Versorgungsnetz eingebunden.

Das Energieinstitut der Johannes-Kepler-Universität (JKU) in Linz hat zusammen mit dem Institut Forschung Burgenland in Eisenstadt ausgerechnet, wie ein Gemeinschaftspeicher rentabel wird. „Wir haben dazu verschiedene Bewirtschaftungsmethoden getestet“, sagt Markus Schwarz von der JKU. „Dabei geht es darum, wie der Speicherplatz aufgeteilt ist“, ergänzt Markus Puchegger von Forschung Burgenland.

Jeder speichert sofort ein

Beim ersten Bewirtschaftungsmodell speichert jeder angeschlossene Teilnehmer am Gemeinschaftsspeicher dann seinen Strom ein, wenn er ihn übrig hat. Das wird viertelstündlich aufgelöst gemessen und der genutzte Speicherplatz entsprechend abgerechnet. Ist der Speicher voll, geht der restliche Solarstrom aus allen Solaranlagen ins Netz. Abends wird der eingespeicherte Strom nach dem gleichen Prinzip von allen Teilnehmern genutzt.

Im zweiten Modell wird der Speicherplatz statisch aufgeteilt. Jeder Teilnehmer bekommt ein festgelegtes Volumen und kann auch nur diesen Speicherplatz nutzen. Hat er Überschüsse, muss er sie ins Netz einspeisen, auch wenn andere Teilnehmer noch Platz in ihrem Speicherteil haben.

Mit Versorger wird es rentabler

Beim dritten Modell wird vorher berechnet, wie viel jede einzelne angeschlossene Solaranlage produzieren wird. „Wir haben dazu ein Prognosetool entwickelt, das den Überschuss der einzelnen Beteiligten am Speicher ausrechnet“, sagt Puchegger. „Der Teilnehmer hat weiterhin sein vertraglich festgelegtes Speichervolumen. Er weiß aber aus der Prognose, dass er das teilweise nicht vollständig braucht. Dann stellt er den nicht genutzten Speicheranteil einem anderen Teilnehmer zur Verfügung, der zum gleichen Zeitpunkt zu viele Überschüsse hat, sodass dessen Speichervolumen nicht ausreicht.“

Diese dynamische Aufteilung ist vor allem dann sinnvoll, wenn Solaranlagen mit unterschiedlicher Ausrichtung den Speicher nutzen. Es ist auch die mit Abstand rentabelste Variante.

Versorger nutzt den Speicher mit

Noch besser fällt die betriebswirtschaftliche Analyse aus, wenn ein Energieversorger den Speicher in der Nacht, wenn der Börsenstrompreis niedrig ist und die Akkus leer sind, als Zwischenlager für Strom nutzt. Auf diese Wese kann der Versorger Gewinne erzielen. Er beteiligt sich dafür auch an den Kosten für den Speicher.

Die Beteiligung des Versorgers wirkt sich beim ersten Bewirtschaftsungsmodell am stärksten auf die Rentabilität des Speichers aus. Die geringsten Vorteile bringt diese Beteiligung bei der statischen Speicheraufteilung.

Ohne Netzbetreiber geht’s nicht

Die betriebswirtschaftliche Analyse hat außerdem ergeben, dass auch die Beteiligung eines Versorgers nicht ausreicht, um einen solchen Speicher rentabel zu betreiben. Ohne Beteiligung eines Netzbetreibers wird sich ein Gemeinschaftsspeicher nicht rechnen – trotz seiner im Vergleich zu vielen kleinen Heimspeichern niedrigeren Investitionskosten.

So liegt der monetäre Nutzen eines Gemeinschaftsspeichers mit 100 Kilowattstunden Kapazität bei jährlich gut 2.200 Euro. Die Investitionskosten liegen bei einem Preis pro Kilowattstunde von 750 Euro bei 75.000 Euro. Das ist eine Amortisationszeit weit jenseits der Lebensdauer des Speichers. Ohne zusätzliche Einnahmequelle lohnt sich das nicht.

Instabilitäten ausgleichen

Diese kann der Betreiber des Gemeinschaftsspeichers über Netzdienstleistungen erschließen. Denn mit dem im Vergleich zum Heimspeicherschwarm großen Speichervolumen und der üppigen Speicherleistung an einem Punkt im Netz kann er Instabilitäten gut ausgleichen. Diese Netzdienstleistungen sind wiederum bares Geld wert, weil er auf diese Weise den Ausbau des Netzes oder der Netzbetriebsmittel einspart.

Laut Berechnungen ist ein jährlicher Ertrag mit den Netzdienstleistungen in Höhe von etwa 5.700 Euro notwendig, um die Amortisationszeit des Speichers auf 15 Jahre zu drücken. Dass das durchaus realistisch ist, zeigt der Versuch mit einem Gemeinschaftsspeicher in Heimschuh, einem kleinen Ort in der Steiermark.

Netzausbau oder Speicher

Dort hat Energienetze Steiermark einen Gemeinschaftsspeicher am Ende einer Niederspannungsleitung errichtet. Der Netzbetreiber will damit herausfinden, wie eine Kombination aus Systemdienstleistung und privater Speichernutzung durch die angeschlossenen Betreiber von Solaranlagen funktioniert und wie sich so etwas rechnet.

Denn der Netzbetreiber hat zwei Möglichkeiten, auf die Herausforderungen der Energiewende zu reagieren: Er kann das Netz üppig ausbauen oder mehr Intelligenz und große, zentrale Speicher ins Netz integrieren.

Kosten senken

Eine Verbindung mit privater Nutzung durch Solaranlagen bietet sich hier an, um die Rentabilität zu für beide Seiten zu erhöhen. „Denn eine Analyse des AIT, des Austrian Institute of Technology, hat ergeben, dass Heimspeicher durchschnittlich etwa die Hälfte der Zeit ungenutzt im Keller stehen“, sagt Greger Taljan. Er ist bei Energienetze Steiermark für die Entwicklung intelligenter Netze zuständig.

Auf der anderen Seite brauchen die Netzbetreiber für Servicedienstleistungen nicht permanent den gesamten Speicher. „Unsere Auswertung hat ergeben, dass der Speicher nur etwa zehn Stunden pro Jahr zur Wirkleistungsregelung vom Netzbetreiber verwendet wird“, sagt Taljan. „Mit der Blindleistungsregelung können wir schon die meisten Netzprobleme beseitigen.“

Auch Alternativen kosten Geld

Speicher kosten viel Geld. Energienetze Steiermark sucht mit dem Projekt einen Weg, die Kosten durch die Beteiligung privater Haushalte am Speicher zu senken. „Wir haben uns in Heimschuh angeschaut, wie viel die Alternativen kosten würden“, sagt Taljan. „Ein Netzregler für die Spannungsregelung würde etwa 30.000 Euro kosten. Eine komplette Leitung kostet zwischen 50.000 und 70.000 Euro. Das ist die Obergrenze, die wir als Netzbetreiber für Speicher bereit sind zu bezahlen. Der Rest muss vom Kunden oder vom Markt kommen.“

www.technikum-wien.at

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