Seit Jahrzehnten wird davon gemunkelt, nun kommt endlich Bewegung in die Technik der Brennstoffzellen. Sie entwachsen den Kinderschuhen, verschiedene Anbieter treten damit auf den Markt. Sunfire in Neubrandenburg beispielsweise hat die Brennstoffzelle von Vaillant beerbt. Im Herbst 2019 konnte das Unternehmen eine Partnerschaft mit Ensol Systems melden.
Ensol ist ein wichtiger kanadischer Anbieter von netzfernen Energielösungen. Sunfire und die Kanadier wollen die Systemintegration der deutschen Brennstoffzellen, den Vertrieb und den Service in Nordamerika gemeinsam angehen.
Ensol Systems verfügt über langjährige Expertise für autarke und netzferne Systeme unter extremer Witterung. Die Technologie, die den Härtetest des kanadischen Blizzards bis minus 40 Grad Celsius übersteht, ist definitiv reif für den Weltmarkt.
Minus 40 Grad Celsius als Messlatte
Sunfire Remote 400 ist ein Generator mit Brennstoffzelle, der bis zu 400 Watt elektrischer Leistung anbietet. Diese Leistung lässt sich zuverlässig und dauerhaft über Monate zur autarken, sauberen und leisen Stromversorgung abrufen.
Die Remote-Technologie findet vor allem Einsatz in der Öl und Gas-, der Sicherheits- und Telekommunikationsbranche. „Wir haben unser Brennstoffzellengerät so entwickelt, dass es für alle Umweltbedingungen und weltweit einsetzbar ist“, erläutert Matthias Boltze, technischer Geschäftsführer Sunfire Fuel Cells (SFC). „Es ist der ideale und saubere Ersatz für Dieselgeneratoren.“
Daneben bietet Sunfire auch Brennstoffzellen für Einfamilienhäuser, für den ganzjährigen Betrieb oder als Winterstrom in Tandem mit der Photovoltaik. Auch diese Aggregate können über spezielle Reformer mit Erdgas oder Flüssiggas betrieben werden.
Strom- oder wärmegeführt?
Ende Januar stellten die Neubrandenburger in Berlin das neue Sunfire-Home-System speziell zur Hausversorgung vor. Es ist für LPG/Propan und Erdgas ausgelegt.
Elektrisch leistet es 375 bis 750 Watt, thermisch zwischen 650 und 1.250 Watt. Maximal kann es im Jahr 6.570 Kilowattstunden elektrischen Strom und 10.950 Kilowatt Wärme erzeugen. Das bodenstehende Kompaktgerät wiegt 150 Kilogramm.
Die Allianz mit den Kanadiern zeigt, dass die Brennstoffzellen neue Märkte erschließen. Technisch gesehen werden sie in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben. Einige Geräte wie das oben beschriebene Sunfire-Home haben gewisse Abwärme, die sich für Heizzwecke nutzen lässt.
Panasonic kündigt Wasserstoff an
Anbieter wie Viessmann kombinieren den Generator mit einer Gastherme, um höhere Heizlasten abdecken zu können. Solche Geräte werden in der Regel wärmegeführt, brauchen also eine stabile Wärmesenke, um wirtschaftlich zu laufen.
Die Brennstoffzellen in den Viessmann-Geräten (750 Watt elektrische Leistung) stammen aus Japan, von Panasonic. Panasonic, den Stückzahlen nach der weltweit größte und erfahrenste Anbieter solcher Geräte, drängt zunehmend mit eigenen Produkten auf die Märkte. Bis 2021 wollen die Japaner ihr erstes Brennstoffzellensystem für Wasserstoff vorstellen.
BG-15 seit Sommer 2019 im Handel
Die Brennstoffzelle Bluegen BG-15 (1,5 Kilowatt elektrische Leistung) von Solidpower beispielsweise läuft nahezu kalt, sie lässt sich auch stromgeführt einbinden.
Zusammen mit der Photovoltaik entsteht ein Hybridsystem, das auch Dunkelflauten und eisige Tage mit Schnee problemlos bewältigt. BG-15 wird mit Erdgas betrieben, wie auch die Geräte von Viessmann.
Seit Sommer 2019 ist das Bluegen BG-15 erhältlich. Hersteller ist die Firma Solidpower, die in Heinsberg in Nordwestdeutschland eine Endmontage aufgebaut hat.
BG-15 ist der Nachfolger der ersten Bluegen-Generation, die bereits mit hunderten Geräten im Markt läuft und insgesamt mehr als eine Million Betriebsstunden absolviert hat. „Wir haben lange und intensiv an einem verbesserten Design des Brennstoffzellen-Stacks gearbeitet, sodass dieser nochmals ein Stück robuster geworden ist“, erklärt Zacharie Wuillemin, Entwickler bei Solidpower.
Bis zu 13.000 Kilowattstunden
Mittels Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) wandelt das BG-15 konventionelles Erdgas in Strom und Wärme um, sowohl für Wohn- als auch Gewerbegebäude. Der Strom wird direkt vor Ort selbst genutzt oder gegen KWK-Vergütung ins Stromnetz eingespeist.
Jährlich erzeugt ein Bluegen BG-15 mit einer elektrischen Leistung von bis zu 1,5 Kilowatt bis zu 13.000 Kilowattstunden Strom. Die anfallende Abwärme kann zudem täglich bis zu 250 Liter Warmwasser erzeugen oder die Heizung unterstützen.
Mit App aus der Ferne steuern
Das Bluegen BG-15 lässt sich mithilfe einer App aus der Ferne steuern, um die Leistung jederzeit flexibel dem Bedarf anzupassen. „Ist ein Anwender längere Zeit nicht daheim und verbraucht weniger Energie, wird per Knopfdruck die Leistung modifiziert“, sagt Produktmanager Peter Dahlmanns.
Neuer Dachs angekündigt
Senertec aus Schweinfurt ist seit vielen Jahren mit den effizienten Blockheizkraftwerken (BHKW) der Bauserie Dachs bekannt. In den Geräten läuft ein Gasmotor, der mit Erdgas betrieben wird. Im Herbst 2019 kündigte Senertec den neuen Dachs 0.8 an, eine Brennstoffzelle mit 750 Watt elektrischer Leistung.
Die PEM-Brennstoffzelle gibt 1,1 Kilowatt thermischer Leistung ab. Sie kann gekoppelt werden mit einer zusätzlichen Gastherme von 5,2 Kilowatt bis 21,8 Kilowatt, um höhere Wärmeabforderungen abzudecken.
Der Verkauf zieht an
Im Vergleich zu einer alten Gasheizung senkt die Brennstoffzelle als effiziente Form der Kraft-Wärme-Kopplung den Energiebedarf um bis zu einem Drittel. So reduzieren sich die Energiekosten durch den vermiedenen Strombezug um bis zu 66 Prozent. Mit Photovoltaik wird diese Bilanz noch besser, bis hin zu null Stromkauf aus dem Netz.
Langsam sprechen sich die Vorzüge der Brennstoffzellen herum und der Verkauf zieht an. 2018 belief sich der Umsatz der deutschen Anbieter von Brennstoffzellensystemen auf rund 60 Millionen Euro.
Versorgung auch der E-Autos
2019 waren es geschätzt bereits doppelt so viel. Bis 2024 wird dieser Markt weltweit auf mindestens 700 Millionen Euro anwachsen. Das ergab eine Umfrage des VDMA.
Der Grund: Immer mehr Installateure und ihre Kunden erkennen, dass durch die Kombination von Photovoltaik und Brennstoffzellen echte Autarkie in der Hausversorgung möglich ist – inklusive E-Autos.
Für Schnelle Leser
Hier erfahren Sie:
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- Volle Elektrifizierung: Viessmann setzt eine sehr ambitionierte Strategie um.
- Solhub für Kommunen: Fronius rollt Tankstelle für Wasserstoff aus.
- Der Speicher als Herz: Größere Solarbatterien sind für die Sektorkopplung unverzichtbar.
KfW-Programm 433Bis zu 28.000 Euro Zuschuss für stationäre Brennstoffzellen
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) fördert Brennstoffzellensysteme für Wohngebäude und Nichtwohngebäude mit Zuschüssen von bis zu 28.000 Euro, in Neubauten oder Bestandsgebäuden. Gefördert werden Geräte mit 0,25 Kilowatt bis fünf Kilowatt elektrischer Leistung. Sie umfasst die Kosten für das Brennstoffzellensystem, dessen Einbau, den Vollwartungsvertrag über zehn Jahre und die Leistungen eines Energieberaters.
Je nach Gebäudetyp kann man weitere Förderprogramme der KfW kombinieren:
- KfW 151 (Wohngebäude): Energieeffizient Sanieren – Kredit,
- KfW 153 (Wohngebäude): Energieeffizient Bauen,
- KfW 220: (Öffentliche Gebäude): IKU – Energieeffizient Bauen und Sanieren,
- KfW 276 (Betriebsgebäude): Energieeffizient Bauen und Sanieren im Unternehmen.
Eine Übersicht der Förderbedingungen und steuerrechtliche Hinweise: