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Schaut hin: Da wächst was!

Weniger saurer Regen, weniger Flechten? Mitnichten. Flechten gelten als Indikator für Luftverschmutzung. Zwar gibt es weniger Schwefeldioxidemissionen als noch vor 20 Jahren, aber dafür mehr Feinstaub und Stickoxide. Deshalb sind Moose und Flechten auf dem Dach allerorten zu finden, und das sogar vermehrt. Gerade Flechten sind wahre Überlebenskünstler. Organische Feinstäube und kleinste mineralische Partikel sind Kraftnahrung für diese Pflanzen. Unter den verschiedensten klimatischen Bedingungen gedeihen die diversen Arten prächtig. Sind Solarmodule davon betroffen, ist das nicht nur ertragsmindernd, sondern kann auch zu Modulschäden führen.

Feine Wurzeln bis in die Abdichtung

Die winzigen Sporen setzen sich anfangs im Schlitz zwischen Glas und Modulrahmen ab. Dort sind sie geschützt, wachsen und verankern sich tief im Rahmenschlitz. Ihre feinen Wurzeln dringen bis in die Eindichtung vor. Der Anlagenbetreiber bemerkt die Flechte erst dann, wenn sie bereits fortgeschritten entwickelt ist.

Besonders Anlagen in der Nähe von landwirtschaftlichen Betrieben sind betroffen. „Die Flechte ist ein Indikator für die Luftverschmutzung. In der Nähe von Schweine- und Geflügelställen sind die Anlagen besonders stark betroffen“, das weiß Michael Mattstedt aus seiner Erfahrung als Solarreiniger. Das hängt mit den Futtermittelstäuben zusammen: Undichte Futtermittelsilos, Emissionen aus Lüftungskaminen, Ammoniak aus Exkrementen verschmutzen die Module mit klebrigen Stäuben und bilden den Nährboden für pflanzliches Wachstum. Werden die Verschmutzungen über Lüftungskamine am First aufs Dach geblasen, verschmutzen die Module besonders schnell. In der warmen Jahreszeit laufen die Ventilatoren auf Hochtouren und verteilen die verschmutzte Stallluft über weite Bereiche der Photovoltaikanlage.

Regionale Besonderheiten

Aber das Thema ist noch komplexer. Mattstedt berichtet von einem Kunden, der auf einer drei Jahre alten Anlage in nahezu unberührter Natur ein bemerkenswert schnelles Flechtenwachstum beobachtete. Der Grund: die Hanglage unter einem Waldstück. Feuchte, kalte Waldluft streifte fast ganzjährig über die Anlage nach unten ins Tal. „Das ist toll für die Flechte, weil sie auch durch die Luftfeuchtigkeit begünstigt wird“, erklärt er. Es gibt kaum eine Faustregel, zu verschieden sind die Einflussgrößen, die das Wachstum begünstigen. Allgemeine Luftverschmutzung, regionale Verschmutzung, Klima, Neigung und mechanischer Aufbau der Module gehören dazu.

Was also tun, wenn plötzlich das Photovoltaikdach gräulich-grün leuchtet? Reinigen natürlich. „Aber nicht einfach nur auf Sicht mit der Rotationsbürste abraspeln“, appelliert Mattstedt von der Ökologischen Solarreinigung. Da braucht es schon etwas mehr Mühe und Sorgfalt. „Das Entscheidende ist, was im Rahmenschlitz los ist.“

Er vergleicht das mit einem Löwenzahn im Garten. Wenn man nur die Blätter abreißt, wachsen bald noch mehr und kräftigere Pflanzen nach. Die Pflanze schnappt förmlich nach Luft, um weiterzuleben. Und genau das passiert mit Flechten, wenn deren Ausläufer auf dem Modul beseitigt werden, ein Teil der Pflanze aber im Rahmenschlitz verbleibt.

Rahmenschlitze freischwemmen

Mattstedt bezeichnet das Freischwemmen der Rahmenschlitze als Königsklasse einer fachmännischen Reinigung. Freischwemmen bedeutet, die Rahmenschlitze mit einem drucklosen Wasserstrom von maximal 0,5 Bar bis an die Eindichtung von pflanzlichem Bewuchs zu befreien. Nur so kann man das schleichende Risiko von Modulschäden durch Moose und Flechten dauerhaft, nachhaltig und ohne Bearbeitungsschäden beseitigen.

Doch so einfach wie es sich anhört, ist es nicht. Freischwemmen – mit einer Teleskopstange aus mehreren Metern Entfernung –, dazu braucht es Erfahrung und Übung. Schwer zu erklären sei das, meint Mattstedt. Nicht weil er ein Betriebsgeheimnis daraus machen will, sondern weil es tatsächlich im Geschick des Reinigers liegt.

Geschick und Übung sind gefragt

„Es hat etwas mit dem Winkel zu tun, in dem ich das Wasser einlaufen lasse und die durch das Schwemmen gelöste Pflanze wieder rauszwinge.“ Wieder hilft der Vergleich mit dem Löwenzahn: Will man ihn samt Wurzel entfernen, geht das bei einem harten, trockenen Boden fast gar nicht. Deshalb ist Wasser das A und O.

Wenn die Erde komplett durchfeuchtet ist, kann man durch ein zartes Hin- und Herrütteln die Pflanze lockern, aus ihrer Verankerung lösen und in pendelnden Bewegungen aus der Erde ziehen. „Auf dem Dach muss ich das mit Sprüher und Bürstenbewegung hinkriegen. Das muss man üben und immer wieder optimieren, auf die Unterschiede im Bewuchs und der Module reagieren.“

Der Faktor Zeit ist dabei ebenfalls eine Größe. „Ich muss das bei einer Menge von Modulen in annehmbarer Zeit hinkriegen, sonst ist die Reinigung für den Kunden nicht wirtschaftlich.“

Die Rahmenschlitze der Module sind zudem sehr unterschiedlich. Es gibt größere und kleinere. Mitunter haben die Installateure die Klemmen sehr fest angezogen. Dann ist sogar innerhalb des Moduls das Spaltmaß verschieden.

Ein weiter Schlitz sammelt natürlich leichter Schmutz und gibt dem pflanzlichen Bewuchs mehr Raum. Wenn sich aber in engen Schlitzen erst einmal die Flechten festgesetzt haben, ist ihnen bei der Reinigung viel schwerer beizukommen. Wer also Module mit engen Schlitzen hat, sollte noch mehr auf das pflanzliche Wachstum achten. Mit der Zeit füllt die Pflanze den Schlitz vollständig aus. Dann kann kaum Wasser eindringen und das Freischwemmen ist noch schwieriger.

Mattstedts Tipp: „Die Flechte lässt sich am einfachsten im Frühjahr und Herbst entfernen. Dann sind die Zellmembranen geöffnet und nehmen das Wasser gut auf. Sie schließen sich, wenn es trocken und heiß ist, denn sie wollen möglichst die Feuchtigkeit bewahren.“

Frontgläser mehrfach einweichen

Die Temperatur des Wassers ist leider keine effektive Stellschraube. Sie soll prinzipiell nicht extrem höher oder niedriger sein als die Arbeitstemperatur des Moduls. „Eine gut ausgeführte Kaltwasserreinigung ist auch bei Pflanzenbewuchs das Mittel der Wahl“, sagt Mattstedt.

Bei abnormer Besiedlung der Modulgläser sollte keine Rotationsbürste eingesetzt werden, denn die Hyphen können mikrofein ins Solarglas eindringen. Werden Flechten mit der rotierenden Bürste von der Moduloberfläche abgeraspelt, kommt es zu weiteren Mikroverletzungen des Glases. Aufrauung und Mikroverletzungen führen zu einer immer stärkeren Nachverschmutzung und Entwertung der Modulgläser.

Vielmehr sollen die Pflanzen durch mehrfaches Einweichen abgelöst werden. Bei Extrembefall dürfen Überbleibsel der braunen, napfartigen Fußsockel auf dem Modulglas verbleiben. Diese lösen sich innerhalb weniger Monate von alleine auf. Allerletzte abgestorbene Reste lassen sich auch bei einer späteren Folgereinigung einfach und schadensfrei entfernen.

Strukturierte Gläser noch schwieriger

Sind Module mit sogenanntem Pyramidenglas als Frontscheibe verbaut, hat der Reiniger kaum eine Chance, den Flechtenbewuchs restlos zu entfernen. Die Pflanzen aus den winzig kleinen Pyramidenspitzen herauszulösen, ist nahezu unmöglich. Hier empfiehlt Mattstedt: „Abbauen, auf Böcke legen, gut einweichen, händisch rausmassieren und das Ergebnis mit der Lupe prüfen.“

Flechtenampel als besonderer Service

Photovoltaikbetreiber und Solarreiniger sollten auch die Dacheindeckung im Visier haben. Breiten sich auf den Ziegeln Algen, Flechten, Moos oder Pilze aus, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie früher oder später auch auf die Solarmodule überspringen. Mattstedt präsentiert deshalb seinen Kunden mit der Rechnung auch eine Information zum unerwünschten Bewuchs auf Dach und Anlage. In Form einer farbigen Flechtenampel erfährt der Betreiber, ob Handlungsbedarf besteht.

https://solarreinigung.com

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