Es gibt vereinzelt Fälle, bei denen Fehler an der Photovoltaikanlage einen Brand verursacht haben. Hier soll ein konkreter Fall und unsere systematische Suche beschrieben werden, bei der wir zunächst völlig im Dunkeln tappten. Durch den Geistesblitz eines Kollegen konnte der Fall am Ende dann doch noch geklärt werden.
Keine Panikmache
Zunächst sei klargestellt, dass dieser Artikel nicht dazu dienen soll, eine mögliche Gefährdung durch Photovoltaikanlagen künstlich aufzubauschen. Ich halte die Photovoltaik nach wie vor nicht für gefährlicher als jede Erdgasheizung.
Es ist jedoch aus meiner Sicht notwendig, die Mechanismen, die bisher zu Bränden geführt haben, genau aufzuklären und darüber zu informieren. Nur so können Installateure dafür sensibilisiert und zukünftige Schäden vermieden werden.
Die Ausgangslage
Ein Kollege aus Österreich hatte uns um Unterstützung gebeten. Eine Flachdachanlage auf einem Firmendach mit 100 Kilowatt Leistung hatte gebrannt. Nur durch Zufall war Passanten das Feuer aufgefallen. Als die betroffene Firma alarmiert wurde, standen bereits einige Solarmodule in Flammen. Unter den Solarmodulen hatte sich in der nicht brennbaren Dachfolie ein Loch gebildet, welches die darunterliegende Dämmung freigelegt hatte.
Die Dämmung war brennbar und hatte bereits angefangen zu brennen. Zum Glück wurde der Brand rechtzeitig entdeckt, sodass Schlimmeres verhindert wurde. Es waren insgesamt 29 Module betroffen, die abgebaut werden mussten. Nachdem das Dach wieder repariert war, galt es, die Brandursache aufzuklären. Konnte man die verbliebenen Solarmodule wieder in Betrieb nehmen oder musste die komplette Anlage abgebaut und entsorgt werden?
Messungen zur Ursachensuche
Wir wollten eine Dunkelkennlinienmessung, eine Rückstromthermografie sowie eine Elektrolumineszenzuntersuchung an allen Modulsträngen durchführen. Aus anderen Fällen wussten wir ja bereits, wie die Dunkelkennlinien von Modulsträngen aussehen, bei denen zum Beispiel durch abgetrennte Zellverbinder Lichtbögen entstehen.
In einem anderen Fall hatten wir zeigen können, wie durch einen Lichtbogen die Rückseitenfolie des Solarmoduls entzündet wurde. Auch schlechte Steckerverbindungen zwischen den Solarmodulen, die ja ebenfalls schon als Ursache für Brände identifiziert werden konnten, sollten auf der Dunkelkennlinie erkennbar sein.
Erste Überraschung
Die Anlage hatte insgesamt 18 Modulstränge. 15 Stränge mit 22 polykristallinen 250-Watt-Modulen in Serie und drei Stränge mit 23 Modulen in Reihe. Drei der 22er-Stränge waren von dem Brand betroffen. Die DC-Leitungen wurden im Keller des Gebäudes mit MC-Steckverbindern auf drei DC-Sammler geführt, die einen DC-Freischalter enthielten.
Darüber waren dann die drei 30-Kilowatt-Wechselrichter installiert. Als wir begannen, unsere Vorabprüfungen bei Tageslicht zu machen und zu diesem Zweck die einzelnen DC-Stränge von den Gleichstromanschlusskästen (GAKs) trennen wollten, teilte man uns mit, dass es auf dem Dach noch sogenannte Feuerwehrschalter gäbe. Diese seien in Österreich mittlerweile Pflicht und man habe sie daher nachträglich auf dem Dach montieren lassen.
Die Messungen an den einzelnen Modulsträngen mussten also oben auf dem Flachdach an den Feuerwehrschaltern stattfinden.
Einschub Feuerwehrschalter
Für alle, die noch nicht wissen, was ein Feuerwehrschalter ist, sei dies hier kurz erklärt. Im Zusammenhang mit den ersten Brandfällen an Photovoltaikanlagen kam die Diskussion darüber auf, dass man eine Anlage im Brandfall niemals vollständig abschalten könnte.
Wenn die Wechselrichter ausgeschaltet werden, stehen ja immer noch die Gleichstromleitungen unter Spannung, und zwar so lange, bis die Sonne untergeht. Um die Einsatzkräfte der Feuerwehr bei einem Löscheinsatz an einer Photovoltaikanlage zu schützen, wurde daher vorgeschlagen, sogenannte Feuerwehrschalter einzubauen.
Es handelt sich hierbei um DC-Trennschalter mit vollem Lastschaltvermögen, die auf dem Dach am Beginn der Gleichstromhauptleitung montiert werden. Die Schalter können von unten aus dem Technikraum heraus ferngeschaltet werden und ermöglichen es so, die ins Gebäude führenden Gleichstromleitungen spannungsfrei zu schalten.
Auch bei einem Stromausfall schalten diese Schalter die DC-Leitungen automatisch ab. Nach dem Abschalten verriegelt sich der Feuerwehrschalter und kann von unten nicht versehentlich wieder eingeschaltet werden. Zum Wiedereinschalten muss man auf das Dach klettern und den Schalter manuell wieder einschalten.
Da Feuerwehrschalter nicht die einzige Möglichkeit sind, der beschriebenen Gefahr zu begegnen, sollen die Alternativen hier auch kurz beschrieben werden:
Alternativ zum Feuerwehrschalter besteht die Möglichkeit, die DC-Leitungen berührungssicher zu verlegen, sodass ein Feuerwehrmann auch im Brandfall zu keiner Zeit durch einen Stromschlag gefährdet werden kann. Dies wird in aller Regel durch die Verlegung in einem geschlossenen, geerdeten metallischen Kabelkanal oder durch Unterputzverlegung realisiert. Noch besser ist aus meiner Sicht, wenn man die komplette Wechselrichterstation auf dem Dach montiert und grundsätzlich keine DC-Leitungen ins Gebäude führt. Über einen Fernschalter kann dann die AC-Seite geschaltet und die Anlage im Brandfall stillgelegt werden.
Diese Idee war nicht genial
Nachdem wir Kenntnis von den Feuerwehrschaltern hatten, sind wir aufs Dach geklettert, um die Schalter zu suchen. Fündig wurden wir in einem metallischen Kabelkanal, in den die Schalter einfach reingelegt waren. Jeder der Schalter hatte zwei Eingänge, die jeweils mit MC4-Einbausteckern zugänglich waren.
Um nicht neun dieser Schalter für die 18 Modulstränge verbauen zu müssen, hatte der Installateur die Idee, jeweils drei Modulstränge auf dem Dach parallel zu schalten. Dies geschah allerdings nicht in einem Gleichstromanschlusskasten, sondern mithilfe zweier MC-Y-Stecker, die zu diesem Zweck in Reihe geschaltet wurden. Nach dem Feuerwehrschalter wurden die Leitungen dann ebenfalls mit Y-Steckern wieder aufgesplittet, sodass die alten Kabel weiterverwendet werden konnten (siehe Schema).
Es ist nachvollziehbar, warum diese Art der Installation gewählt wurde. Man wollte mit möglichst geringem Aufwand den Feuerwehrschalter irgendwie einbauen. „Reinfuddeln“ wäre der bessere Begriff. Schon an dieser Stelle muss ich aus sachverständiger Sicht sagen: Das geht gar nicht.
Entweder man baut in der Tat neun Feuerwehrschalter für 18 Modulstränge ein oder man verlegt die ohnehin vorhandenen DC-Anschlusskästen auf das Dach und baut den Feuerwehrschalter in diese Kästen ein. Dann erfolgt die Parallelschaltung auf dem Dach und es werden sechs neue DC-Leitungen mit größerem Leitungsquerschnitt zu den drei Wechselrichtern im Keller verlegt. Dazu sei ergänzt, dass jeder Wechselrichter zwei MPP-Tracker hatte.
Messungen zeigten nichts Auffälliges
Zum Messen der einzelnen Stränge haben wir diese zunächst beschriftet, da die Kabel einfach auf dem Dach aufgetrennt wurden, um den Feuerwehrschalter einzubauen, ohne zu kennzeichnen, um welchen Modulstrang es sich jeweils handelte.
Dann wurden die MC-Steckverbinder an den Y-Steckern geöffnet, um die Spannung, den Kurzschlussstrom und den Isolationswiderstand mit einem Benning PV 1-1 zu messen. Am ersten Feuerwehrschalter waren alle Werte normal. Es fiel lediglich auf, dass man die Steckverbinder falsch aufgecrimpt hatte. Die Plusleitungen waren alle mit einem Minusstecker versehen und die Minusleitungen mit einem Plusstecker.
Nach der Verpolung am Messgerät ließen sich aber alle Stränge einwandfrei messen. Beim zweiten Feuerwehrschalter waren die Stecker dann plötzlich wieder korrekt gecrimpt. Bis auf einen – doch dazu später mehr.
Nachdem wir an den Modulsträngen keine Auffälligkeiten beobachtet hatten, warteten wir die Dunkelheit ab und begannen unsere Messungen: Dunkelkennlinien, Elektrolumineszenz, Rückstromthermografie.
Die Dunkelkennlinien zeigten keinerlei Auffälligkeiten und die Kurven der einzelnen Stränge lagen einwandfrei übereinander. Ein Strang wie der andere. Auch die Elektrolumineszenz brachte als Ergebnis nur einige hochohmige Frontkontakte, also Zellen, bei denen die Stromverteilung nicht mehr gleichmäßig war und bei denen ein Frontkontakt einen höheren Strom führte als der andere. Es handelte sich noch um Zellen mit nur zwei Busbars. Die Thermografieuntersuchung zeigte allerdings keine großen Temperaturunterschiede.
Kreuzverbindung von Steckern
Durch diesen Fehler an den Zellen konnte nie und nimmer ein Brand verursacht worden sein. Ich hatte mittlerweile an einigen Stellen Steckverbinder gefunden, die einfach auf dem Dach lagen. Wie so oft waren an einigen Stellen die Verschraubungen an den Steckverbindern nicht korrekt zugedreht und an den Gleichstromhauptleitungen, also am Ende des jeweiligen Modulstranges, wurden sogenannte Kreuzverbindungen gemacht.
Kreuzverbindungen sind Steckverbindungen von Steckern verschiedener Hersteller, die zueinander kompatibel sein sollen. Beim Versagen einer solchen Verbindung verweigern allerdings in aller Regel beide Steckerhersteller jeweils die Gewährleistung, da jeder Hersteller immer nur Verbindungen seiner Stecker prüft. Es sei an dieser Stelle daher allen Installateuren dringend empfohlen, solche Verbindungen nicht zu stecken. Das Gewährleistungsrisiko verbleibt am Ende immer beim Installateur. Ich hatte also die Steckverbinder im Verdacht. Eindeutig sicher war ich mir nicht.
Da das Wetter am nächsten Tag sehr gut werden sollte, beschlossen wir, zusätzlich zu den Nachtuntersuchungen am nächsten Tag noch einmal die Hellkennlinien aller Modulstränge zu messen. Vielleicht ließ sich ja hierdurch noch mal eine zusätzliche Erkenntnis gewinnen.
Auf den Hellkennlinien, die am nächsten Tag gemessen wurden, waren zwar starke Spuren von Verschmutzung der Module zu erkennen, aber es gab keinen Hinweis darauf, wie der Brand hätte verursacht werden können.
Wir hatten lediglich wieder mit diesen blöden Steckern zu kämpfen, die an einigen Strängen falsch herum aufgecrimpt waren. Plusstecker auf den Minusleitungen und umgekehrt. Wir mussten dauernd unser Kennlinienmessgerät umpolen. Ich hatte am Vortag noch den Kollegen darauf aufmerksam gemacht, dass man diese Stecker auswechseln müsse, damit man nicht mal aus Versehen zwei Stränge in Reihe schalten würde.
Der entscheidende Geistesblitz
Der entscheidende Geistesblitz kam aber erst, als der Kollege fragte, ob nicht durch die falschen Stecker schon jetzt an der Y-Verbindung ein Strom von einem Strang in den anderen rückgespeist werden könne?
Da fiel es uns allen plötzlich wie Schuppen von den Augen. Das Desaster war bereits eingetreten. An allen Y-Steckern waren entweder alle Plusleitungen mit Plussteckern oder alle Plusleitungen mit Minussteckern versehen. Bis auf eine Y-Verbindung. Dort gab es zwei von der einen und einen von der anderen Sorte. Und das waren genau die drei Stränge, die vom Brand betroffen waren.
Ich muss noch ergänzen, dass die drei Reststränge (29 Module waren ja bereits verbrannt vom Dach entfernt worden) mit einer DC-Verlängerung wieder geschlossen wurden, sodass wir die verbliebenen Module noch vermessen konnten. Es war dort also nicht eine Parallelschaltung von drei Modulsträngen erfolgt, so wie es geplant war.
Es wurden stattdessen zwei Stränge parallel geschaltet und diese Parallelschaltung wurde anschließend mit dem dritten Strang in Reihe verschaltet. Um besser verstehen zu können, was genau passiert, wenn man zwei parallel geschaltete Stränge mit einem dritten Modulstrang antiparallel verschaltet, habe ich mal ein Schema gezeichnet, bei dem zwei parallel geschaltete Solarmodule mit einem dritten Modul antiparallel verschaltet wurden. Das ist vom Prinzip her vergleichbar. Lediglich die umgesetzte Verlustleistung in den Zellen ist geringer und es fängt nicht gleich an zu brennen.
Die Verschaltung war’s
Wie man im Bild erkennen kann, fließt der Strom quasi in einem Kurzschlusskreis. Die beiden parallelen Stränge können allerdings doppelt so viel Strom treiben wie der eine verpolte Strang. Das ist wie ein kurzgeschlossener Modulstrang, bei dem einige Zellen zur Hälfte verschattet sind. An diesen Modulen würden sofort die Bypassdioden leitend werden, weil die verschatteten Zellen nicht dazu in der Lage sind, den vollen Kurzschlussstrom zu tragen. In unserem Fall ist der verpolte Strang nicht in der Lage, den doppelten Kurzschlussstrom zu tragen, also werden dessen Bypassdioden aktiv.
Diese Dioden sind allerdings nur dafür ausgelegt, den einfachen Kurzschlussstrom für einige Zeit zu führen. Versucht man, einen höheren Strom für längere Zeit hindurchzutreiben, werden irgendwann die ersten Dioden kaputt gehen und der Strom kann nur noch durch die Solarzellen fließen.
Dioden brechen durch
Nun ist eine Solarzelle oberhalb des Kurzschlussstromes nichts anderes als eine Diode in Sperrichtung. Diese Diode kann maximal 14 bis 15 Volt Sperrspannung aufnehmen, bevor sie elektrisch durchbricht. Man kennt in der Elektronik dieses Phänomen von Zener-Dioden, die speziell dafür ausgelegt sind, im Durchbruch betrieben zu werden.
Solarzellen sind dafür nicht ausgelegt und werden sehr schnell extrem heiß. Nun überbrückt eine Bypassdiode immer 20 Solarzellen in einem 60-Zellen-Modul, sodass eine Spannung von 280 bis 300 Volt notwendig ist, um alle 20 Zellen in den Durchbruch zu bringen. Die Spannung der beiden parallel geschalteten Modulstränge in unserem Beispiel reicht dazu locker aus.
Bei voller Sonne fließen, getrieben von den zwei parallelen Strängen, rund 18 Ampere. Bei einer Spannung von 300 Volt ergibt sich daraus eine in den 20 Zellen umgesetzte Verlustleistung von bis zu 5,4 Kilowatt. Offenbar ist die dabei entstehende Hitze so groß, dass sich irgendwann die Rückseitenfolie entzünden kann und schließlich das ganze Modul in Flammen steht.
Was daraus zu lernen ist
Welche Auswirkungen das Ganze dann hatte, sieht man auf den Fotos. Wenn es schlecht ausgeht und unter der Dachbahn eine brennbare Dämmung liegt, so kann sich im ungünstigsten Fall auf diese Weise das ganze Dach entzünden.
Man kann an diesem Beispiel erkennen, wie wichtig es ist, die Gleichstromleitungen einer Anlage sorgfältig zu verlegen. Zur sorgfältigen Verlegung gehört es auch, einen hochwertigen Gleichstromanschlusskasten (Combinerbox) zu montieren, in dem alle Modulstränge sowohl auf der Plus- als auch auf der Minusseite abgesichert werden, und zwar mit speziellen DC-Sicherungen, von denen alle Sicherungen dazu in der Lage sein müssen, die vollständige Leerlaufspannung aufzunehmen.
Außerdem ist es unverantwortlich, größere Photovoltaikanlagen ohne jegliches Monitoring auf Strangebene zu betreiben.
Der Autor
Matthias Diehl
studierte Elektrotechnik und spezialisierte sich auf Leistungselektronik für solare Energiesysteme. Seit 2013 ist er vereidigter Sachverständiger für Photovoltaik und photovoltaische Anlagentechnik, bestellt von der IHK Darmstadt. Gemeinsam mit Tina Ternus beitreibt er seit 2008 das Photovoltaikbuero in Rüsselsheim.