Eine Batterie aus Kohlenstoff, Manganoxid und Salzwasser sorgt für Wirbel. Besonders wegen angekündigter Speicherkosten von unter 200 US-Dollar pro Kilowattstunde. Die neue Technologie lässt sich zudem gut mit Lithiumakkus kombinieren und erhielt den EES-Award auf der Intersolar.
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Fast unverwüstlich und nicht brennbar ist sie. Wartung und Monitoring braucht die AHI nicht. Das Kürzel steht für Aqueous Hybrid Ion. Dabei handelt es sich um eine neuartige Technologie des US-amerikanischen Herstellers Aquion Energy. Die Batterie verwendet einen Elektrolyten aus Salzwasser und kommt ohne Schwermetalle sowie ohne giftige Chemikalien aus. Als Pflanze wäre sie wohl ein Kaktus.
Die Kathode besteht aus Manganoxid, die Anode aus Kohlenstoff, und als Separator wird einfacher Baumwollvlies verbaut. Alles kein Hexenwerk. Aber die Idee einer vollkommen umweltfreundlichen Batterie, die aus sehr günstigen Materialien besteht, überzeugt auch die Jury der EES Awards auf der Intersolar. Die Batterie weist einen überraschend hohen Entwicklungsstand auf. Die Technologie hat Potenzial. Immerhin kann auf eine Temperaturüberwachung und auch eine Klimaanlage verzichtet werden. Das spart Geld.
Günstige Rohstoffe eingebaut
Wirklich spannend wird es dann bei der prognostizierten Entwicklung der Batteriekosten. Diese liegen laut Unternehmen derzeit bei 450 US-Dollar pro Kilowattstunde. In zwei Jahren werden bereits zwischen 200 und 300 US-Dollar angepeilt und bis Ende 2019 dann zwischen 100 und 200 US-Dollar.
„Innovativ ist auf alle Fälle die Materialwahl“, sagt Professor Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen. Dort hat er den Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik inne. Es werde mit sehr günstigen Rohmaterialkosten gearbeitet, auch die angegebene zyklische Lebensdauer im Datenblatt überzeugt erst mal. Ob die Werte unter realen Betriebsbedingungen erreicht werden, sei ungewiss. Immerhin gibt die Firma aber eine Garantie von vier Jahren.
Laut Daten des Herstellers liegt die volumetrische Energiedichte zwischen zwölf und 24 Wattstunden pro Liter – das ist gering. Zum Vergleich: Bleibatterien erreichen so um die 100 Wattstunden pro Liter, Lithium-Ionen-Batterien mehr als 500 Wattstunden pro Liter. „Die AHI ist also keine Batterie für mobile Anwendungen“, sagt Sauer. Im stationären Bereich sei das Volumen dann nicht so kritisch. Die Stromstärken, die für die Batterien angeboten werden, sind im Prinzip nur für eine Anwendung mit langer Nutzungsdauer von mehr als fünf Stunden interessant. „Für alle Anwendungen, für die Batteriespeicher heute im Netz diskutiert werden, ist die Stromtragfähigkeit zu klein“, weiß Sauer.
Kapazität sinkt bei höheren Strömen
Chancen hat die neue Technologie auch dort, wo im Mittel und in der Spitze relativ kleine Ströme gebraucht werden. Beispielsweise für netzferne Photovoltaikanlagen oder Notstromanwendungen mit sehr langen Überbrückungszeiten. „Dort wäre keine so hohe Zyklenlebensdauer nötig und es käme vor allem auf die kalendarische Lebensdauer an, über die noch wenig bekannt ist“, erklärt Sauer. In Städten und Ländern, in denen täglich für mehrere Stunden der Strom ausfällt, ist die Batterie unter Umständen eine interessante Alternative zu einer Bleibatterie.
„Der Wirkungsgrad liegt bei relevanten Stromstärken, wie sie beispielsweise in Photovoltaik-Haussspeichersystemen benötigt werden, unter 80 Prozent. Zudem fällt die nutzbare Kapazität mit höheren Strömen erheblich ab“, erklärt Sauer. Konkret sinkt die nutzbare Energiemenge unter 50 Prozent bei einer Ladung oder Entladung über vier Stunden im Vergleich zu einer über 20 Stunden.
Volle Entladung möglich
Die Batterie kann aber vollständig entladen werden, die Entladungstiefe liegt also bei 100 Prozent. Bleibatterien können auf keinen Fall so gefahren werden, und auch Lithiumakkus würden irreversibel beschädigt. Ein System mit einer AHI-Batterie muss also nicht überdimensioniert geplant werden. Brutto- und Nettokapazität entsprechen sich. Das ist ein Vorteil, der sich auf die Lebensdauer der Batterie auswirkt. Auf die nutzbare Kilowattstunde gerechnet sieht Aquion deutlich niedrigere Kosten gegenüber Bleiakkus.
Vier Module im Betrieb
Eine Salzwasserbatterie des US-amerikanischen Herstellers Aquion Energy steht in Berlin-Oberschöneweide, fast direkt neben der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Vier Module vom Typ M100 sind parallel geschaltet und verfügen über insgesamt 80 Kilowattstunden. Sie sind an einen Umrichter mit 30 Kilowatt Leistung angeschlossen und in einem Zehn-Fuß-Container des Start-ups Qinous untergebracht.
Der Clou: Ein industrielles Frequenzumrichtermodul, das millionenfach produziert wird, wird zum inselnetzfähigen Batterieumrichter aufgerüstet. So kann die junge Firma einen deutlichen Kosteneinspareffekt erreichen und gleichzeitig ein robustes System mit belastbarer Felderfahrung darstellen. (Niels Hendrik Petersen)
Den vollständigen Bericht lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Fachzeitschrift photovoltaik, die am 3. September erscheint.